Direkt zum Hauptbereich

Leben in einer Bergeinsiedelei

Durch diese strohgedeckte Einsiedelei von achtzehn Fuß Durchmesser
fährt ein kühler Herbstwind.
Ich rieche den Duft von Herbstchrysanthemen mit meiner Nase.
Selbst wenn ihr mit Augäpfeln aus Eisen und Kupfer* versehen seid,
werdet ihr nicht wissen, dass ich das Chrysanthemenfest neun Mal gesehen habe.

Auf diesem Berg stehen erhabene Tempel klar in einer Reihe.
Auf seinem Gipfel gibt es eine sechs- oder siebenstöckige Pagode.
In dieser Jahreszeit ist es tagsüber kalt und der Wind bläst stark.
Ich möchte meine Robe Mönchen vermachen, die bis spät in die Nacht Zazen üben.

Wenn die Abendglocke geschlagen
und eine Gartenlaterne gegenüber dem Mond aufgehängt wird,
üben die Schüler Zazen in der Meditationshalle und meditieren ruhig über die Leere.
Glücklicherweise habe ich drei Arten von Schülern** hier,
die nun den Buddha-Samen säen.
Wie angenehm, dass sein Reifen und Ernten in meinem Geist sind!

Höre ich einen Grashüpfer oder eine Zikade zirpen, halte ich das für erlesen.
Eine kühle Brise und ein trüber Mond sind gleichermaßen angenehm.
Wolken über Kiefern und Eichen;
ein erhabenes Haus an einem Teich wirkt alt.
Regentropfen auf einem Paulownia-Blatt; ein Herbsttempel ist einsam.

Ich möchte die Kleider ablegen, hänge eine Laterne auf
und ergreife den Schreibpinsel.
Ich sehne mich nach der Geschichte, in der Kâshyapa
im weit entfernten Indien die Robe übergeben wurde.
Ursprünglich geschieht es im Buddha-Land, dass unser Buddha seine Robe übergibt.
Das Buddha-Land beschränkt sich also nicht
auf den Shaolin-Tempel auf dem Berg Sung im Winter.

In einer strohbedeckten Klause in dieser Bergeinsiedelei,
gibt es kein Ende für eure Konzepte und euer Zazen.


(* dem unbeweglichen Geist; ** Shrâvakas, Pratyeka-Buddhas und Bodhisattvas)

[Dôgen: Eihei Koroku, Verse]

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Falscher "Shaolin-Mönch" aufgeflogen

Den aktuellen Artikel zu Shi Heng Yi (Tien Sy Vuong) findet Ihr hier.    Am Samstag, den 19.03.2011, ist in der Süddeutschen Zeitung ein größerer Artikel über den Fake-Abt (Shi Heng Zong alias Monroe Coulombe) des "Shaolin Temple Europe" erschienen - Seite 11: "Der Shaolin-Schwindel". Wir hatten bereits im Januar 2010 das Thema aufgegriffen. (Dank an Heino für den Tipp.)

The poser Shi Heng Yi alias Tien Sy Vuong / Der Blender Shi Heng Yi vom Shaolin Tempel Europe

(English version first, translated with DeepL - zunächst auf Englisch, unten auf Deutsch) Since last year, I have been improvising a series of YouTube posts that deal with a certain "Shi Heng Yi". You can find the playlist here . Back in 2011, I took a critical look at the "Shaolin Temple Europe" (later the newspaper SZ reported on it). The "Shaolin Temple Europe GmbH " of the same name is now headed by Shi Heng Yi, who is said to have a business degree (MBA), among other things. This man, whose real name is Tien Sy Vuong and whom I have so far described as German-Vietnamese, is trying hard to market himself in social and other media as a " Shaolin master of the 35th generation " and also offers online courses. In the meantime, two people have reported "threats" and warnings to me via Messenger and in a forum. In one case, a critical video was deleted and only uploaded again in abridged form, in which a former student of Shi Heng Yi (S

Die Kommerzialisierung der Shaolin

Am Samstag Abend lief unter "Spiegel TV" (d.h.: besserer Boulevardjournalismus) ein mehrstündiges Porträt über einen engagierten jungen Mann, der sich dem "Shaolin-Tempel" in Kaiserslautern angeschlossen hat. Sein Werdegang wurde über einen längeren Zeitraum verfolgt, Ausschnitte dieser Sendung hatte ich schon mal gesehen. Keine Frage, der junge Mann meinte es ernst und war sympathisch. Wie ein freundlicher, harmloser Herbergsvater kam dann sogar der Abt rüber, Shi Heng Zong genannt, oder auch: der Sitaigung. Da macht einen ja schon mal stutzig, dass ein bärtiger Deutscher nur noch mit chinesischen Namen tituliert wird. Dabei hat er die buddhistischen Essensgebete durchaus eingedeutscht, und auch die Aufnahmezeremonie des jungen Mannes als Mönch lief ganz verständlich und routiniert auf Deutsch ab. Man muss den Leuten hinter dem Tempel auch ihre Ehrlichkeit (oder Naivität?) lassen, mit der sie den Werdegang des Abtes beschreiben, den wir natürlich - bei seiner Le