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Posts

Es werden Posts vom 2016 angezeigt.

Die Zen-Peitsche

„Ihr wollt Chan auf praktische Weise erkunden? Dann müsst ihr loslassen.“* Heute morgen beschloss ich, zu sitzen und mich dabei aufzunehmen, auch wenn meine chronischen Erkrankungen (Asthma und Reflux z.B.) meist keine Stille in der Frühe ermöglichen - die Verschleimung ist einfach zu groß ... Damit habe ich auch ein altes Versprechen eingelöst, dass ich mal in einem Forum gab (es ging darum, dass ich ohne Kissen im vollen Lotus ausdauernd sitzen kann). Ich bevorzuge eigentlich, vielleicht wegen meiner leichten Skoliose, eine andere Handhaltung als im japanischen Zen, und - wie man nach knapp einer halben Stunde sieht, abwechselnd eine "offene" mit nach vorn weisenden Händen (die Sitzung bricht mangels Smartphone-Leistung nach 32 Minuten ab und das Video ist zu groß für diesen Blog, weshalb ich nur diesen Link auf eine eigens dafür eingerichtete Facebook-Seite geben kann), habe mich aber der Einfachheit halber mal "angepasst".   (Es gibt nichts Langweiligeres a

Saikontan (100 kg)

Ich musste in den letzten Wochen einen Stalker abwehren. Oder vielmehr in meine Vergangenheit verstricken, und meine Gegenwart (menschliche Kontakte) neu bewerten und ein paar Bindungen kappen. Traurig, aber auch erfrischend und befreiend. Zu viele Leute wurden mir zu aufdringlich. Darum heute nur ein bisschen Eigenwerbung, die letzten beiden starken Clips aus Japan, die ich gesehen habe, und ebenfalls - wenn auch verspätete - Weihnachtsgrüße an alle Leser, besonders an die Treuen, die immer wieder Kommentare hinterließen ("Anonym", Benkei - nun weißt Du auch, warum ich es nicht geschafft habe ... - und Funktor). Für das bereits vor Monaten in einem Kommentar angekündigte Ende dieses Blogs zum Jahresausklang will ich mir freilich noch was Besseres ausdenken. Meine letzte, gerade veröffentlichte Übersetzung bietet Auszüge aus dem Caigentan (Saikontan) von Hong Zicheng (auch Hung Ying-ming, 1572-1620), der ein chinesischer Philosoph war und in den vorliegenden poetischen

Daitô und Schlüsselwörter für Kôan

Auch Daitô Kokushi (1282-1337) hatte ich hier schon mal zitiert . Er hat einige meiner Zen-Lieblinge beeinflusst. Sein Credo: "Wenn du den plötzlichen Durchbruch erlangst und noch einen Schritt darüber hinaus machst, wirst du erleben, dass alles um dich herum und alles, was du tust - ob du aktiv bist oder ruhst -, zur Kulisse für den ursprünglichen Geist wird. Es wird kein Haarbreit Unterschied zwischen dir und anderen Dingen sein - ja, es wird keine anderen Dinge geben." Auf Daitô gehen zahlreiche Anmerkungen zu Zenwerken zurück, und etliche sind uns in Form von "Schlüsselworten" (engl. capping phrases ) überliefert, die das Verständnis eines Kôan unterstreichen. Im Biyän Lu (Hekiganroku) tauchen bereits fünf Arten dieser Schlüsselwörter auf: 1) Cho-yü (jakugo): angefügte Worte; bezeichneten zunächst die Kommentare von Hsüeh-tou. Jakugo steht heute allgemein für die Schlüsselworte im japanischen Zen, jaku wird zuweilen äquivalent zu chaku gebraucht: er

Natsume Sôseki (1867-1916) zum hundertsten Todestag: DAS TOR

Von Natsume Sôseki habe ich u. a. schon  Hinter der Glastür  und  Haiku   publiziert.  Im hundertsten Jahr nach seinem Tode las ich einige Werke, die ich noch nicht kannte. Im Folgenden ein paar seiner interessanten Erkenntnisse. "Ein träger Mensch ist jemand, der unfähig zu einer eigenen Antwort auf die Frage ist, wie wir leben sollten, und der den anderen kein Bewusstsein für die Existenz vermitteln kann." "Wenn wir Worte erzeugen, die nicht in unserer Persönlichkeit verwurzelt sind, als würden wir über eine glatte Oberfläche gleiten, und wenn wir die Worte nur verbinden, um Sätze zu bilden, dann sind wir bloß träge Menschen." "Wir müssen unsere eigene Interpretation des Lebensweges finden und so viel Vertrauen darin haben, dass wir die folgenden Behauptungen aufstellen können: 'Was auch immer die Leute sagen, ich werde nicht einen Zentimeter nachgeben, da mein Ideal höher als ihres ist, und ich werde von keiner Reaktion überrascht sein. Seid a

Dahui übers Zazen (101 kg)

In der Buddhismuswissenschaft ist man sich nicht einig, wie die zahlreichen, offenbar widersprüchlichen Aussagen mancher Meister zum Zazen zu verstehen sind. Keine Frage, dass sich Dôgen Zenji aufs Zazen fixiert hat, aber im frühen chinesischen Chan findet sich noch recht wenig, was die konkrete Zenpraxis beschreiben würde. In Huinengs Plattformsutra wird gar gegen das stille Sitzen gewettert, und wenn am Ende der sechste Patriarch seiner Mönchsgemeinde rät, sich weiterhin zum Zazen zu treffen, dann wirkt das eher wie ein nachträglicher Zusatz zur Ehrenrettung des Sitzens oder wie die einzig naheliegende Idee, die man den Zurückbleibenden beibringen konnte (was sonst sollte eine Ordiniertengemeinschaft schon künftig vereinen?). Manche Gelehrten sind der Meinung, hierbei ginge es um die üblichen zen-rhetorischen Tricks, mit denen alles in Frage gestellt werden soll. Andere hingegen glauben, dass Zazen nie die Rolle in der frühen Zen(Chan)-Geschichte spielte, die es heute insbesondere i

Über die Dummdreistheit mancher thailändischer Frauen ... und europäischer Männer (und Update zum "Thay")

Der Vollständigkeit halber vermelde ich zunächst, was zu erwarten war. Ich erfuhr es von Tenzin Peljors Blog: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt (!) gegen den als Thich Thien Son alias Thay bekannten Geschäftsmann in buddhistischen Klamotten sollen wegen unzureichender Indizien eingestellt worden sein.  Nun  zum heutigen, schon länger im Voraus verfassten Beitrag. *** "Weißt du nicht, dass die Religion der Frau in ihrer Ritze liegt?" * Etliche Deutsche, die längere Zeit in Thailand verbracht haben, fassten ihre Erfahrungen schon in bemüht witzig-sarkastischen oder in rachelüsternen Büchern und Kolumnen zusammen, deren Mittelpunkt natürlich die Thailänderin selbst bildet, vor allem jene Sorte, die käuflichen Sex anbietet. Ich möchte nun mal aus meiner Sicht ein paar Erlebnisse schildern, die womöglich dem ein oder anderen Reisenden oder Auswanderer zu denken geben könnten, der sich hierher gegoogelt hat.  Eine gute Bekannte, für deren eines (

Neue Koan-Sammlung: Tetteki tôsui (Eiserne Flöte)

Das Tetteki tôsui ( 鐵笛倒吹 ), eigentlich „Die Flöte auf dem Kopf stehend blasen“, wurde hierzulande in den 60er- und 70er-Jahren schon einmal als „Eiserne Flöte“ mit Kommentaren von Nyôgen Senzaki aufgelegt (momentan als günstige Kindle-Ebook-Version The Iron Flute , Tuttle 2011, erhältlich). Wir bieten eine neue Übersetzung dieser 1783 zusammengestellten Koan-Sammlung von Genrô Ôryû (1720–1813), einem Meister der Sôtô-Schule, ausschließlich mit Teilen seiner Anmerkungen und seiner Verse sowie denen seines Schülers Fûgai Honkô (1779–1847), die oft als jakugo (Schlüsselwörter) benutzt werden, aber unserer Ansicht nach gegenüber Genrôs Worten schwächeln. In den Fällen, zu denen bisher keine Kommentare auf Deutsch vorlagen, haben wir erstmals welche von Gidô ergänzt. Die vollständige Version findet sich im Band Juko der zehnbändigen Reihe Zoku Sôtôshu zensho   ( 續曹洞宗全書 Tôkyô 1974–1977). Die neue Koan-Sammlung mit dem Shûmon kattôshu, Tetteki tôsui ("Eiserne Flöte") un

Neue Koan-Sammlung: Shûmon kattôshu

Das Shûmon kattôshû ( 宗門葛藤集 , "Verwickelte Ranken" ) wurde zum ersten Mal 1689 – und vollständig 1858 – in Japan publiziert und ist Teil der Koan-Schulung des Takujû-Zweiges der Rinzai-Schule. Sein Herausgeber ist unbekannt. Es enthält 282 Koan (einschließlich der Variationen einzelner Koan), die zum Teil aus den verbreiteten – und bereits ins Deutsche übersetzten – Sammlungen Wumenguan (Mumonkan), Bi Yan Lu (Hekiganroku) und Conrong Lu (Shôyôroku) stammen. Alle nicht in diesen Sammlungen verzeichneten Koan sind in diesem gerade erschienen Titel vereint. Einige kennen wir aus dem Linji Yulu, Jôshûroku und dem Tetteki tôsui , das wir im Anschluss neu vorlegen, viele sind jedoch hierzulande noch unbekannt. Einführungen, Kommentare und Verse gibt es nicht.    Das Shûmon kattôshû enthält acht Koan japanischen Ursprungs (Fall 35, 61, 107, 144, 169, 213, 225, 253), wobei fast alle darin erwähnten Lehrer aus der Tradition von Xutang Zhiyu (1185–1269) und damit der Ôtôkan