Direkt zum Hauptbereich

Posts

Es werden Posts vom 2012 angezeigt.

Viele Haiku ... und ein Tanka

[Ich habe alle meine Haiku, die hier verstreut im Blog standen, in diesem Beitrag zusammengefasst. (August 2019)] Zikadenzirpen vibriert in meinen Ohren. Sanfter noch dein Ruf. * Quakende Enten jagen quakende Enten und lieben sich doch … * Schon wieder erholt – wie viele Leben hat die Eintagesfliege? * Auf der Veranda schau ich Mauerseglern nach und will auch flirten. * Am Grab des Freundes seine Mutter tief betrübt. Zu früh … Baby schreit. * Am Sra Srang im Gewitter kniend Flötentöne.  * Schnatternde Gänse rupfen hastig Sommergras – ist doch genug da … * Gelber Schmetterling schlägt den Flügel mir ans Ohr. Ich geh nicht k.o. * Fünfblätterblüten schrauben mir am Kopf vorbei. Das Vöglein lächelt. * Chrysanthemenduft. Zwei singende Zikaden. Es ist noch nicht kalt. * „Fahrkarten, bitte!“ Warte – Vögeln am Himmel möchte ich erst nachschaun! * Behender

ZEIT ... und RAUM

"Alles, was jetzt zaehlt, ist, dass ich der 'Zeit' neues Leben verliehen habe durch das Abschneiden des Siamesischen Raums und der falschen Zukunft. Mein Ziel war es, eine Art von Novelle in der Form einer Abhandlung ueber die 'Textur der Zeit' zu schreiben, eine Untersuchung ueber ihre schleierhafte Substanz, mit illustrierenden Metaphern, die allmaehlich zunehmen und ganz allmaehlich eine logische Liebesgeschichte aufbauen, vom Vergangenen zum Gegenwaertigen fuehrend, als eine konkrete Geschichte erbluehend und genauso allmaehlich Analogien umkehrend und wieder in reine Abstraktion zerfallend."    "Ich frage mich", sagte Ada, "ich frage mich, ob der Versuch, jene Dinge zu entdecken, das bunte Glas wert ist. Wir koennen die Zeit wissen, wir koennen eine Zeit wissen. Wir koennen niemals 'Zeit' wissen. Unsere Sinne sind einfach nicht so, dass sie sie wahrnehmen. Es ist wie -" (Vladimir Nabokov: Ada oder Das Verlangen. Reinbek

Nicht-Sein

"'Nicht-Sein' enthaelt die einzige 'neue' Art von (Schein-)Zeit: die Zukunft. Ich lehne sie ab. Leben, Liebe, Libri haben keine Zukunft.    'Zeit' ist alles andere als das beliebte Triptychon: eine nicht mehr existierende Vergangenheit, der dauerlose Punkt der Gegenwart und ein 'Noch-nicht', das vielleicht nie kommt. Nein. Es gibt nur zwei Tafeln. Die 'Vergangenheit' (immer existent in meinem Verstand) und die 'Gegenwart' (der mein Verstand Dauer und folglich Wirklichkeit verleiht). Richten wir eine dritte Abteilung ein der erfuellten Erwartung, des Vorhergesehenen, des Vorherbestimmten, der Faehigkeit zu Voraussicht, zu vollkommener Vorhersage, so wenden wir unseren Verstand immer noch auf die Gegenwart an." (Vladimir Nabokov: Ada oder Das Verlangen. Reinbek 1977)

Hsu Yun (III)

[Aus einem Gespräch mit Meister Lingyuan (1902-1988)] Hua bedeutet umherwandernde Gedanken, wie in einem Selbstgespräch, während man meditiert. Du musst also den Zustand erhellen, der vor den umherwandernden Gedanken existiert, und untersuchen, was dein ursprüngliches Gesicht ist. Dies wird das Beobachten des Huatou genannt. Wenn bereits umherwandernde Gedanken aufgetaucht sind, musst du immer noch den rechten Gedanken hervorbringen, wodurch die trügerischen Gedanken von selbst verschwinden werden. Wenn du den umherwandernden Gedanken folgst, wird die Sitzmeditation nutzlos sein. Erzeugst du den rechten Gedanken, bist aber nicht ernsthaft genug, wird das Huatou noch machtlos sein und umherwandernde Gedanken werden sicher wieder auftauchen. Beim Üben muss man einen tapferen und standhaften Geist haben, als wären die eigenen Eltern gerade verstorben. Ein Altehrwürdiger sagte: „Es ist wie den Kaiserpalast auf der Spitze der Palastmauer zu bewachen.“ Ein anderer meinte: „Wenn

Hsu Yun (II):
Schwierigkeiten von Fortgeschrittenen in der Übung

Welchen Schwierigkeiten begegnen fortgeschrittene Praktizierende? Auch wenn einige bis zum Auftauchen echten Zweifels geübt haben und sowohl Gewahrsein als auch Erhellen besitzen, sind sie noch von Geburt und Tod gebunden. Wer weder Gewahrsein noch Erhellen besitzt, fällt in falsche Leere. Manche Übende können sich selbst nicht befreien, sie stehen auf der Spitze eines tausend Fuß hohen Pfostens und können nicht voranschreiten. Andere, die bis zu diesem Stadium vorangeschritten und in der Übung erfahren sind, begegnen nichts, was sie nicht klären können, weshalb sie glauben, die grundlegende Unwissenheit bereits abgetrennt zu haben; sie denken, ihre Praxis sei vollendet. Tatsächlich leben solche Menschen in einer Welle der Ignoranz und bemerken es nicht einmal. Wenn sie einem unlösbaren Problem gegenüberstehen, wo sie ihr eigener Meister sein müssen, dann scheitern sie und geben auf. Das ist bedauerlich.    Andere machen die echte Zweifelserfahrung, gewinnen ein bisschen an Weishe

Hsu Yun (I):
Schwierigkeiten von Anfängern in der Übung

Die üblichen Symptome der Anfängerkrankheit sind die Unfähigkeit, umherwandernde Gedanken und Gewohnheiten ablegen zu können; die Tiefe ihrer Unwissenheit; das Hindernis von Arroganz und Eifersucht; die Neigung zu Gier, Wut, Dummheit; die Faulheit bei der Arbeit und das Verlangen nach Essen; die Vorliebe für das Schüren von Richtig und Falsch zwischen selbst und anderen. All dies füllt ihre großen Bäuche. Wie können Anfänger da in Einklang mit dem Weg kommen?    Es gibt andere Arten von Menschen, die in reiche und vornehme Familien geboren werden. Unfähig, ihre Gewohnheiten und weltlichen Makel zu vergessen, können sie nicht die kleinsten Schwierigkeiten und schon gar keine größere Mühsal aushalten. Wie können solche Menschen den Weg praktizieren? Sie haben den Zustand unseres ursprünglichen Lehrers Shakyamuni Buddha nicht bedacht, bevor er das Leben des Haushälters verließ.    Dann gibt es die Wohlbelesenen, die aber nicht verstehen, dass die Probleme in den Aufzeichnungen der

Meister Ippen (III)

Neuer japanischer Film über Ippen Kurz vor Ippens Geburt im Reinen Land wurde berichtet, lila Wolken hätten sich am Himmel zusammengeballt. Ippen sagte: "Also brauche ich meinen Tod heute oder morgen noch nicht zu erwarten. Denn am Ende sollte es keine Spuren solcher Zeichen geben."

Meister Ippen (II): Sterben, Selbsttötung, Tugend

Geburt ist der erste Gedankenmoment an die Zufluchtnahme (in den Namen). Der Ausdruck 'erster Gedankenmoment' beinhaltet jedoch noch die Perspektive des Übenden. Namu-amida-butsu ist von Beginn an selbst Geburt. Diese Geburt ist Nicht-Geburt. Der Punkt, an dem ein Mensch dieser Lehre des Namu-amida-butsu begegnet, wird behelfsweise ein Gedankenmoment genannt. Wenn ein Mensch zum Namen zurück- und in ihn eingekehrt ist, der jede Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abschneidet, dann ist Geburt ohne Anfang und ohne Ende.    Die Abgrenzung zwischen dem Augenblick des Sterbens und gewöhnlichem, fortdauerndem Leben wird wiederum im Hinblick auf Übende gelehrt, die in falscher Unterscheidung feststecken. Im Namu-amida-butsu gibt es weder einen Augenblick des Sterbens noch gewöhnliches Leben. Es ist stetiges Dharma in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Da ein ausgehauchter Atemzug keine Gewähr bietet, dass ein Einatmen folgt, kann es keinen anderen Zeitpunkt geben, dem Tod ins A

Meister Ippen (I)

Meister Ippen (1239-1289) war ein wandernder Hijiri -Mönch des Reine-Land-Buddhismus. In vielen seiner Texte und Gedichte des Ippen Shônin Goroku taucht daher das "Namu-amida-butsu" auf. Wenn man als Zen-Buddhist etwaige Berührungsängste mit dieser Schule überwunden hat, gibt es immer wieder Schönes zu entdecken. Wer Englisch kann, wird in Dennis Hirotas "No Abode. The Record of Ippen" (Berkeley, Kyoto 1986) auf seine Kosten kommen. Das zweite Zitat könnte auch als Motto hinter diesem Blog stehen ... *** "Ihr müsst sorgsam zwischen den beiden Toren des Dharma unterscheiden, dem Weg der Weisen und dem Weg des Reinen Landes. Der Weg der Weisen sagt: 'Blinde Leidenschaften sind selbst Erleuchtung', 'Geburt-und-Tod sind Nirwana'. Auch ich hätte zweifellos diese Lehre weitergeben können, doch liegt sie jenseits der Auffassungsgabe heutiger Menschen, die doch nur wieder zum grundlegenden Anhaften an die Wurzel blinder Leidenschaften zurückke

Frühes Chan zu Angst, Karma, Nicht-Denken und Nirwana

"Dieser Weg ist vollständig von falschen Gedanken geschaffen. Wie sieht die Schöpfung durch falsche Gedanken aus?"    "Der Dharma kennt kein groß oder klein, kein hoch oder niedrig, keine Formen und Charakteristika. Es ist, als gäbe es an deiner Wohnstätte einen großen Stein im Garten; würdest du auf diesem einschlafen oder sitzen, hättest du dabei doch keinerlei Angst. Plötzlich bekommst du die Idee, ein Bild zu erzeugen. Du heuerst jemanden an, ein Buddhabild auf den Stein zu malen. Nun hat dein Geist eine Deutung Buddhas erschaffen und du fürchtest, eine 'Sünde' zu begehen, und kannst nicht länger auf dem Stein sitzen. Da ist noch der ursprüngliche Stein, doch die Buddha-Deutung wurde von deinem Geist erschaffen. Wie ist dieser Geist? Es ist stets der Pinsel deines Geist-Bewusstseins, der solche Deutungen schafft. Du bringst selbst Furcht über dich. In Wirklichkeit gibt es im Stein weder 'Sünde' noch Verdienst." *** "Wie kann das K

Der Zen-Wald: Auszüge aus dem Zenrin Kushu

In diesem Buch finden sich aus dem Chinesischen überlieferte Redewendungen. Sie dienen Zen-Schülern als mögliche Antworten auf die von ihren Lehrern in Form von Koan gestellten Aufgaben, werden im Japanischen jakugo genannt und entstammen dem Zenrin Kushu . Zenrin Lewis hat sie ins Englische übersetzt und durch die literarische Übersetzung ins Japanische (bungo) sowie Kommentare von Zenkei Shibayama Roshi ergänzt. Wir haben hier seine zunächst als „The Book of the Zen Grove“ erschienene Auswahl zum größten Teil ins Deutsche übertragen. Erhältlich im Buchhandel, auch online und als eBook. Auszug: 路逢劒客須呈劒不是詩人 莫獻詩  585.  Michi-ni kenkaku-ni awaba subekaraku ken-o tei-subeshi, kore shijin-ni [arazumba] shi-o kenzuru-koto nakare. Wenn du auf dem Weg einen Schwertkämpfer triffst, musst du ihn dein Schwert schmecken lassen; solange es kein Dichter ist, darfst du ihm kein Gedicht anbieten. Wenn man jemanden trifft, der den Dharma darlegt, kann man sich frei mit ihm unterhalte

Warum frühes Chan den säkularen Buddhismus vorwegnimmt

"Ein Sutra sagt: 'Schneide alles Böse ab, kultiviere das Gute, dann wirst du zum Buddha.'  Das sind falsche Gedanken, die dein eigener Geist erzeugt." Ich möchte nun die versprochene Entgegnung auf einige neuere Blogs und Bewegungen formulieren, in der Hoffnung, dass diese auf ihrem Weg davon inspiriert sein mögen. Der Einfachheit halber fasse ich unter dem "Säkularem Buddhismus" der Überschrift hier mal all die Bestrebungen zusammen, abseits von etabliertem Buddhismus (ob er nun vornehmlich Religion oder Spiritualität ist) eine moderne, aufgeklärte, kritische Praxis der Buddha-Lehre zu etablieren. Ich werde natürlich den erheblichen Unterschieden in Blogs, die ich zeitweise hier verlinkt hatte, so nicht gerecht. Aktiv sind vor allem Stephen Batchelors "Secular Buddhism", in Deutschland etwa "Der Unbuddhist", dann international Glen Wallis "Speculative Non-Buddhism" und weitere, die sich - meist mit akademischem Hintergru

Der Chan-Meister Ching-hung (II)

Meister Ching-hung hat uns wirklich einige überraschende Sprüche hinterlassen. Im ersten Zitat stellt sich mal wieder die Frage, die für einige Leser derjenigen ähneln mag, was zuerst da war, die Henne oder das Ei. Ist moralisches Verhalten die Voraussetzung für Meditation und Weisheit, oder entsteht rechtes Verhalten erst aus der Weisheit? „Wie ist das, Tao zu kultivieren und Zen zu üben, wenn du noch nicht deinen Geist ergründet, deine Augen geöffnet, dich von deiner Leidenschaft befreit und dein Anhaften am Leben abgeschnitten hast? Es ist wie mit einem, der sehen kann und einen Raum betritt, der tausend Jahre lang dunkel war. Auch wenn alle Arten von Dingen vor ihm auftauchen, er hat keine Ahnung, ob sie blau oder gelb, rot oder weiß, lang oder kurz, eckig oder rund sind. Er ist sich dessen überhaupt nicht bewusst. Wenn so jemand eine Mönchsrobe trägt, verdient er die Unterstützung von Göttern und Menschen nicht.“ *** „Wer andere lobt, erntet ein gewisses Maß an Verd

Der Chan-Meister Ching-hung (I)

Ching-hung (1272-1352) wurde vor allem durch seine "Gedichte aus den Bergen" und Gathas bekannt. Red Pine alias Bill Porter hat diese in seinem Buch "The Zen Works of Stonehouse" (Berkeley 1999) ausgiebig gewürdigt. Ich möchte hier Auszüge aus den Reden des chinesischen Eremiten vorstellen. Im ersten Text kann man auch eine Spitze gegen Theravada-Mönche lesen, deren Ordensregeln (Vinaya) ihnen jeglichen Ackerbau untersagen. „Wenn ihr nur schlummernd und selbstvergessen sitzt und so eure Zeit verschwendet, seit ihr nicht einmal dem gewöhnlichsten Farmer im ärmsten Dorf gleich. Hackend und pflanzend versorgt er sich wenigstens selbst und macht nichts falsch. Doch ihr Mönche und Söhne Shakyamunis nutzt den Schutz des Tathagata aus. Ihr esst Nahrung, ohne den Acker zu bestellen, tragt Kleidung, ohne Seidenraupen zu züchten. Ihr lebt in großen Hallen und riesigen Tempeln, eure Finger berühren niemals Dreck, alltägliche Angelegenheiten kümmern euch nicht. Für alles i

Han Shan über Erleuchtung und Übung

Meister Hanshan (1546-1623) schrieb [1] :    „Es gibt Übende, die zuerst erleuchtet werden und dann mit der Kultivierung beginnen, und andere, die zunächst üben und dann Erleuchtung erfahren. Dabei gibt es zwei Arten von „Erleuchtung“: die eine durchs Verstehen, die andere durch Erfahrung. Wenn jemand den Geist erkennt, indem er den Lehren Buddhas und der Patriarchen folgt, wird dies Einsicht durch Verständnis genannt. Diese führt nur zu einem konzeptionellen Verständnis, der Übende wird machtlos sein, da sein Geist nicht mit der Umwelt eins wurde, und er wird vielen Hindernissen begegnen. Dies wird simulierte Weisheit  genannt und entstammt nicht echter Übung.    Andererseits halten diejenigen, die durch Übung erleuchtet werden, geradlinig an ihren Methoden fest, bis sie sich an einen Ort getrieben haben, wo „Berge und Flüsse vollständig erschöpft sind“. Plötzlich fällt ihr letzter Gedanke ab und sie erkennen gründlich den Geist. Es ist, wie wenn man seinen Vater an der Kreuzun

Der große Zweifel und die Nachfolge

Zu den wichtigen Eigenschaften eines guten Zen-Lehrers gehört, den "Großen Zweifel" zu wecken. Damit ist die allgemein unter Menschen verbreitete Frage gemeint, die uns nach dem Woher und Wohin unserer Existenz suchen lässt: Was war ich vor meiner Geburt, wie wird es nach meinem Tod sein? Dem Zweifel wird in einer Schule des Zen durch Kôan oder Huatou Rechnung getragen, Geschichten, Aussprüche oder Worte, die über ein rein logisches Antworten auf eine existentielle oder Sinn-Krise hinaushelfen sollen, hin zum Vorgedanklichen. Bleibt man jedoch dabei stehen, sich moralisch "einwandfrei"  zu verhalten, Gedankenaufruhr zu beherrschen und nicht mehr ständig unterscheidend zu werten, kann man doch noch wie "ein Toter auf Bodenhöhe" sein: Die Meditationsmethode hat sich nicht restlos der "Großen Angelegenheit von Leben und Tod" hingegeben, und im Dornengestrüpp des Daseins, wenn echte Prüfungen kommen, kann ein so Übender zu Fall kommen. Chanmeister

Weisheiten Suzuki Roshis (III)

Ein völlig aufgelöster, weinender Schüler fragte: "Warum gibt es so viel Leid?" Shunryu Suzuki erwiderte: "Kein Grund." *** Als sich ein Schüler in der Tempelhalle des Sokoji aufhielt, näherte sich Suzuki Roshi und sagte: "Nur am Leben zu sein ist genug." Dann drehte er sich um und ging weg. *** Ein Schüler fragte: "Ist die Erleuchtung ein umfassendes Heilmittel?" Suzuki Roshi sagte: "Nein." *** Ein Schüler gestand Suzuki Roshi, er würde während des Zazen ständig denken. Der Roshi fragte: "Ist Denken denn ein Problem?" *** "Die Hölle ist keine Strafe. Sie ist ein Übungsort." *** "Wenn es nicht paradox ist, ist es nicht wahr." *** Die Rechtmäßigung eines Mönches wurde angezweifelt, weil er nicht die üblichen Zeremonien und Bettelgänge mitgemacht und nicht sein Haar geschoren hatte noch Roben trug. "Bin ich nun ein Mönch oder nicht?", fragte er Suzu

Tang Hoi und
Thich Nhat Hanhs Entstellungen

Auf der Suche nach interessanten buddhistischen Fundstücken bin ich in meinem Regal auf "Master Tang Hoi" von Thich Nhat Hanh (Berkeley 2001) gestoßen. Hier lässt sich noch einmal im Detail aufzeigen, was von Neulingen auf dem Weg gern übersehen wird, wie nämlich TNH unnötige Dualismen schafft und sich alles für sein eigenes Sektenverständnis zurechtbiegt. In den Fußnoten finden sich außer Querverweisen auf den Palikanon praktisch nur Hinweise auf ca. ein Dutzend weiterer Bücher TNHs. So dreht sich da alles im Kreis. Zunächst versucht TNH aufzuzeigen, dass der Buddhismus in Vietnam ankam, bevor er in China Fuß fasste. Dann führt er Tang Hoi, der im 3. Jh. n. Chr. lebte, als Meditationsmeister ein und widmet sich dessen Schrift "Sammlung über die sechs Paramita" (T 152), die zunächst übersetzt wird. Bereits in dieser Vorlage zeigen sich einige Auffälligkeiten:     - Es wird von einer Meditation gesprochen, die sich damit beschäftigt, wie Menschen in die Welt d

Was ist Meditation im Chan?

Verehrte Zuhörer, Meditation (ding) und Weisheit (hui) sind die Grundlagen meiner Lehre. Zunächst denkt nicht, dass Meditation und Weisheit verschieden seien. Sie sind von gleicher Gestalt, d. h. Meditation ist der Körper der Weisheit und Weisheit ist die Anwendung der Meditation. Wenn Weisheit gegenwärtig ist, dann ist darin Meditation; wenn Meditation gegenwärtig ist, dann ist darin Weisheit. Der Kampfkunstlehrer Wong Kiew Kit schreibt in seinem "Complete Book of Zen" (Cosmospress 2010)  zu diesen Sätzen des sechsten Patriarchen Huineng etwas Interessantes: "Viele missverstehen dies, weil sie denken, ding müsse etwas anderes als Meditation sein, da es ja schon die Ausdrücke chan (dhyana) und jing-zuo (schweigendes Sitzen) dafür gäbe. Professor Wing-Tsit Chan hat das Wort beispielsweise mit "Seelenruhe" (calmness) übersetzt. Ding steht hier jedoch als Kurzform von chan ding (dhyana-samadhi). Die üblichen chinesischen Ausdrücke für die drei buddhisti

Der Zen-Meister Taego (III)

Wie man Zen studieren soll "Tage und Monate vergehen wie ein Blitz, beachtet die Vergänglichkeit. Wir gehen vom Leben in den Tod über in der Zeit, die es benötigt, ein- und auszuatmen. Es ist schwer, sich auch nur eines Morgens oder Abends sicher zu sein. Ob ihr geht, steht, sitzt oder liegt - verschwendet nicht eine Minute. Werdet immer mutiger und unerschrockener. Seid wie unser ursprünglicher Lehrer Shakyamuni, der energisch voranschritt.     Ist der Geistgrund gleichmütig, wach und still, werdet ihr tiefgründige Gewissheit über die Absicht der Buddhas und Patriarchen gewinnen. Ihr müsst dies auf die rechte Weise erreichen. Geist ist der natürliche Buddha, warum also woanders danach suchen? Legt eure zahllosen Angelegenheiten ab und erwacht. Am Ende des Weges ist es wie vor einer Eisenwand. Falsche Gedanken sind ausgelöscht, und sogar das Auslöschen ist fortgewischt. Körper und Geist scheinen in der Leere zu ruhen. In der Stille reicht das Strahlen eines Lichtes überal

Der Reichtum der Ole Nydahl-Sekte

Auf Seite 3 (ehemals Seite 4) der Satzung der "Stiftung Diamantweg" wird uns offenkundig die Alleinverfügungsgewalt Ole Nydahls erklärt. Ist ganz ähnlich gemacht wie bei der Sekte Phat Hue, wo auch in Sachen Geldausgeben gewisse große Freiheiten herrschen (heißt bei Ole "unverhältnismäßig hohe Vergütungen", was auch immer das sei - Aktualisierung vom 11.08.2014: Dieser Passus wurde in der Fassung der Satzung vom Dezember 2012 nicht mehr gefunden! ). ... amtiert auf Lebenszeit, allein weisungsbefugt, benennt/ernennt und entlässt Geschäftsführer und Beiratsmitglieder ... In den Vorstand hatte er zunächst nur noch seine zwei Lebensgefährtinnen aufgenommen. Eine solche Struktur stinkt natürlich zum Himmel. Auf Seite 18 eines Jahresberichtes ( Aktualisierung vom 11.8.2014: Seite 18 ist nicht [mehr] vorhanden, siehe also Seite 11 )  finden wir das Kapital, über das Nydahl verfügen kann (Stand 2009): 12,5 Millionen Euro!

Der Zen-Meister Taego (II)

Wieder und wieder schau dir an, welche Form es hat. Plötzlich wirst du die Schranke der Buddhas und alten Patriarchen überwinden: Sie ist nur ein Lachen wert. *** Der Augenblick, bevor ein Gedanke geboren wird, ist bereits falsch. Versuchen, mehr darüber zu sagen, ist verfänglich. *** Wenn du auf natürliche Weise eins mit dem Geistgrund geworden bist, erreichst du den Ort, an dem du nichts weißt, nichts verstehst. Versuch nicht darüber nachzudenken, was dies ist, sei einfach aufmerksam und klar und halte dies allzeit aufrecht, was immer du tust, ob du dich bewegst oder stillstehst, redest oder schweigst.  *** Dieses Reich hat mich geboren, so wie in einem Senfkorn zehn Milliarden Länder verborgen sind. Pah! Wie roh und derb dieser Dorfmönch ist! Dem Herrscherwillen folgend, enthülle ich überflüssigerweise die Hässlichkeit meiner Familie. Die Buddhas und Patriarchen tadelnd, schaffe ich karmisches Leiden. Ha ha ha!    Von nun an werde ich nicht mehr so hande

Geburtsfehler der Religion

Fundamentalisten gibt es auch im Buddhismus zuhauf. Nicht nur Theravadins, die am Wortlaut des Palikanon kleben, auch solche, die das Wort ihrer Lehrer und Überlieferungen - welcher Tradition auch immer - wie als gottgegeben ansehen. Stefan Weidner verglich das in seiner Islambetrachtung "Mohammedanische Versuchungen" (Frankfurt 2008) so: "Wie jede Religion die Mängel ihres Anfangs bis zu ihrem Verblühen mit sich herumschleppt und manche an diesen Mängeln verblüht ... Keine Religion ist frei davon, und die Aufgabe der Theologen besteht häufig nur darin, diese Mängel in Vorteile umzudeuten, sie wegzudiskutieren oder auf günstige Weise zu begründen und zu rechtfertigen. Sie gleichen damit den Chirurgen, die Geburtsfehler nachträglich operativ korrigieren, und wie ein Erwachsener nach einer solchen Operation von seinem ursprünglichen Gebrechen kaum etwas spürt und man es ihm nicht ansieht, erkennt der unbefangene Gläubige bei einer theologisch gut verarzteten Religion

Der Zen-Meister Taego (I)

Taego (1301-1382) verkörperte koreanisches Zen und wetterte gegen minderwertige Lehrer und die allgemeine Dummheit. Ich möchte hier ein paar seiner stärksten Sätze aus dem Taego Hwasang Orok vorstellen. *** Hier ist ein gutes Zimmer für den König der Leere. Früher nannte man es Glückswolkenhöhle. Heutzutage lebt hier nur ein verarmter Mann des Weges. Mögen auch Buddhas und Patriarchen vorbeikommen, er wird sie nicht empfangen. Klaräugige Berobte können sich ihm nicht nähern. Doch sag mir, wer kann ihn sofort abschneiden?  Die Lehre gemäß des Buddha verbreiten, Wesen gemäß ihrer Fähigkeiten empfangen: Pah! Was für ein eitles Geschwätz! *** Der ganze Kanon der schriftlichen Lehren, die auf Worte Buddhas zurückgehen, ist nur ein geschicktes Mittel, um die innewohnende erleuchtete Natur der Menschen aufzuzeigen.  *** Geist ist Buddha, Buddha ist Geist. Außerhalb des Geistes kein Buddha, außerhalb Buddhas kein Geist. *** Nun, wo du dein Zuhause verlasse

Daitô Kokushi: Reden ist Zen

Wie öde, untätig auf dem Boden zu hocken, nicht meditierend, ohne Durchbruch. Schau da die Pferde am Kamo-Fluss galoppieren! Das ist Zazen! Daitô alias Myôchô Shuhô (1282-1334) war in China ein Schüler Hsü-tangs (jap. Kidô) und in Japan ein Schüler vor allem Daiôs. Aus der Linie von Daitôs Nachfolger Tettô Gikô stammen prominente Meister wie Ikkyû und Takuan. Daitô ist vor allem als wichtiger Interpret der Kôan-Tradition bekannt. Einst stellte er klar: "Das Herz (heart) selbst ist wahrlich der Buddha. Was 'die eigene Natur sehen' genannt wird, bedeutet, den Herz-Buddha zu erkennen. Legt wieder und wieder eure Gedanken ab und entdeckt den Herz-Buddha. Man könnte annehmen, dass er nur in der Sitzmeditation erkannt würde. Dies ist jedoch ein Fehler. Yung-chia sagte: 'Gehen ist Zen, Sitzen ist Zen. Redend oder schweigend, den Körper bewegend oder nicht, ist er in Frieden.' Dies lehrt uns, dass Gehen, Sitzen und Reden allesamt Zen sind. Nicht nur Zazen und das Unterd

Der Alte im Turban

"Irgendwo in der Steppe saß mit untergeschlagenen Beinen ein Alter im Turban und meditierte. Als er aufsah, fragte ich ihn: Worauf zielt dein Gebet? Der Alte erwiderte: Auf das Nicht-Denken; wenn du verstehst, was ich meine. Und weiter fragte ich: Wie könnte einer ins Reich des Nicht-Denkens gelangen? Darauf der Alte: Halte die Zunge im Munde, auf dass du nichts berührst.    Unterwegs im fremden Land, auf dem Bettrand sitzend morgens im Hotel, machte ich einmal das Experiment. Bald schlossen mich flackernde Flammen ein, oder der Nordwind umwirbelte mich mit Geheul, ein eisiger Regen strich über mich hin. Jetzt war ich Fudo-myoo, jetzt Han-shan oder Shih-te. (...)    Indessen schwebte mir das Gesicht des Alten im Turban herauf. Ein einsames Gesicht. Gesicht eines Mannes, der fahnenflüchtig war seit Jahrzehnten." [Yasushi Inoue: Eroberungszüge. Berlin 1982. Fudo-myoo, der "Unbewegliche", ist der Vernichter allen Übels, Han-shan und Shih-te waren Dichtermönche im Chi

Wie das Selbst das Selbst abwirft

"Sieger bin ich über alles, das ich kannte, aber ungebunden bin ich an alles, das erobert und bekannt ist. Indem ich alles aufgebe, bin ich frei durch die Zerstörung des Begehrens. Nachdem ich so alles unmittelbar selbst verstanden habe, wen soll ich meinen Lehrer nennen?" Edie Meidav erzählt in ihrem Epos "Henry Goulds magische Reise" (München 2003) von einem, der auszog, um ausgerechnet auf Sri Lanka (Ceylon) in den 30er-Jahren eine ideale Gesellschaft zu errichten. Viele Kapitel werden durch buddhistische Ideale wie im obigen Zitat eingeleitet. An einer Stelle siegt jedoch die Sinnlichkeit über den religiösen Pfad ( fette Hervorhebung von mir): "Als sie und Henry sich lieben an diesem windigen Nachmittag (...) geschieht eine Preisgabe, wie Henry sie niemals zuvor erfahren hat. Nicht bei der Meditation und niemals beim Erfolg. (...)    Es ist vielleicht, weil er sich endlich gestattet, mit ihr zusammen zu sein - an dem Angelpunkt, an dem er nicht mehr sag

Warum Fremdgehen gut sein kann

Im Blog des Theravada-Mönchs Sujato findet sich ein Plädoyer für die Ehe von Partnern gleichen Geschlechts. Dabei wird auf die Regel/das Gebot gegen sexuelles Fehlverhalten eingegangen. Wie üblich, wird es so interpretiert, dass Ehebruch untersagt sei. Im Einzelnen wird dem Mädchen und der jungen Frau Schutz durch Familienmitglieder zugesagt, so lange sie also unter der Obhut anderer stünde, sei sie gewissermaßen tabu. Sujato meint, was explizit über die Frau bzw. das Mädchen im Palikanon gesagt wird, könne auch für den Mann gelten. Und dann: "Homosexuality is not an issue", der Buddha habe nicht die Person, sondern die Tat beurteilt, und er habe stets auch das Mitempfinden für die Ausgegrenzten gezeigt, was sich also auf sexuelle Minderheiten beziehen ließe. Seltsamerweise sagt Sujato jedoch auch: "Rape, paedophilia, adultery: these and many other problems are clearly mentioned in the early texts, and the Buddha made it clear that he didn’t approve of them." Er ne