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Es werden Posts vom 2015 angezeigt.

Samadhi im frühen Chan
(Essay von Bernard Faure)

Ich fasse zusammen den Essay „The Concept of One-Practice Samadhi in Early Ch’an“ von Bernard Faure (aus: Studies in East Asian Buddhism 4 , Honolulu 1986, S. 99-128). Wer sich für Feinheiten interessiert, kann wahrscheinlich auch Englisch und findet das Original über die Google-Suche. Ich habe das letzte Kapitel (III. „Über den Hintergrund der Sekten …“ zur Nord- und Südschule im achten Jhd. etc.) vernachlässigt. Als Motivation für die Vorstellung gerade dieses Essays könnte dieser Satz stehen: “ This ambiguity is most clearly evident in the Leng-ch'ieh shih-tzu chi and its use of the one-practice samadhi—understood sometimes as one simple practice, but more often, or more fundamentally, as the one absolute or "sudden" practice, that is, no practice whatsoever, or pure spontaneity.” „Diese Zweideutigkeit ist am offensichtlichsten im Leng-ch’ieh shih-tzu chi [Anm.: einem Werk, in dem Gunabadhra als der erste Chan-Patriarch gilt, nicht Bodhidharma] und se

Dôgen lehrte kein Shikantaza ...
und kritisierte heftig andere Lehrer

Shikantaza Hier wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass man Dôgen Zenji auch anders verstehen kann, ja verstehen sollte, als es die Sôtô-Schule gemeinhin tut und viele von ihren Mitgliedern in Deutschland. Im neuen Buch von Steven Heine ( Dogen and Soto Zen, Oxford 2015 ) findet sich der Aufsatz "Dogen’s Use of Rujing’s ‘Just Sit’ (shikan taza) and Other Koans” von T. Griffith Foulk, den der Herausgeber folgendermaßen zusammenfasst: "Eine zentrale These dieses Kapitels ist, dass Dogen tatsächlich nicht die Art von Zazen lehrte (oder sich auch nur ausdachte), die ihm von modernen Soto-Gelehrten und Zen-Lehrern gemeinhin als Shikantaza zugewiesen wird. Foulk analysiert im Detail, dass Dogens Anweisungen fürs Zazen diesen Ausdruck nicht verwenden und auch keine Methode empfehlen, die sich mit dem deckt, was heutige Forscher über Nur-Sitzen sagen." Foulk zeigt vielmehr auf, dass Dôgen "Nur-Sitzen" als Kôan verstand . Dôgen habe Sitzen auf mehr

Wie Dôgens Zen sich von Hui-nengs unterscheidet
(Auszüge von Carl Bielefeldt)

Carl Bielefeldt ist ein Dôgen-Experte, der einige der Ansichten vertritt, die ich hier schon äußerte. Zum Beispiel die, dass Dôgen ein "politcal manqué" gewesen sei, ein "verhinderter Politiker" (eigentlich ist manqué ja jemand, der eine bestimmte Erwartung oder Ambition nicht erfüllt). Er sagt das im Band "Dogen Studies" von William LaFleur (S. 41). In seinem Buch "Dogen's Manual of Zen Meditation" (Berkeley, London 1988) schreibt Bielefeldt über Hui-neng und die drei attributlosen Schulungen ("three attributeless disciplines", wu hsiang san hsüeh ): Der Unterschied, sagt Huineng, zwischen seiner eigenen Lehre von der spontanen Erleuchtung und der des graduellen Erwachens seines Rivalen aus der Nördlichen Schule, Shen-hsiu, sei der, dass Letzterer noch dem konventionellen Verständnis anhafte und Ethik, Meditation und Weisheit als etwas präsentiere, dass in die Praxis umzusetzen sei. Hui-neng sagt

Der koreanische Mönch Musang (680-756)

Die Geschichte, wie man im 8. Jhd. den Kopf des mumifizierten sechsten Patriarchen Hui-neng nach Korea (Silla) schaffen wollte, unterstreicht, dass dieses Land einen gebührenden Platz in der Überlieferung des Chan (Zen) einzunehmen gedachte. Musang (Wu-hsiang oder "Meister Kim", wörtlich: "formlos") war in einer Zeit in der chinesischen Provinz Szechuan und ihrer damaligen Hauptstadt Ch'eng-tu aktiv, in der die Buddhisten der ostasiatischen Länder sich zwar im Dialog befanden und gegenseitig willkommen hießen, aber durch politische Interessen und Spannungen zunehmend vereinnahmt wurden. Musang soll der dritte Sohn eines Silla-Königs gewesen sein und 728 durch den dortigen Regenten Hsüan-tsung in Chang-an empfangen worden sein. Er begab sich dann nach Szechuan, wo er auf Ch'u-chi (T'ang ho-shang, 669-736) stieß, der die Robe Hui-nengs durch eine Herrscherin empfangen hatte und ihm die Dharma-Übertragung verlieh (wobei Musang sich vorher noch einen Finger

Wie Dôgen zum Vinaya stand (und ein Schmankerl zu Buddhas Vielweiberei und Konkubinen)

D o gens nach dem Vinaya ordinierter Meiste r Ju-ching, der zudem den Satz der 48 B odhisattva-Gelübde pflegte, dürfte kaum einem Mann wie D o gen das Dharma-Erbe übertragen h aben, wenn dieser nicht in China seine Ordination im Vinaya nachgeholt hätte. Tatsächlich hat auch schon Eisai, den D o gen ja ausdrücklich lobt und unter dessen Schüler Myozen er studierte, den Vinaya vollumfänglich eingefordert. Dogen hat sich also nicht nur von Ju-ching, sondern auch vom Tendai-Buddhismus und Eisai gleich mehrfach distanziert: 1) Dogen lehrte Ejo, die wesentliche Lehre ( shû , chin. tsung) des Zen sei die Sitzmeditation. Er sagte sogar, es sei falsch, das Wesentliche des Zen einzig im Befolgen der Regeln zu suchen. Dogen gab an, frühere Schüler Eisais in ihrem wörtlichen Verständnis der Gebote korrigiert zu haben. 2) Dogen betonte wiederholt, dass alle drei Aspekte der buddhistischen Lehre (Gebote/Regeln, Meditation, Weisheit) gleichzeitig im Akt der Zenmeditation verwirkli

Nur ein Mal Sex pro Woche?
Über die Kurzsichtigkeit von Medien und Dhammapada

Einer Studie zufolge soll mehr als ein Mal Sex pro Woche Paare nicht glücklicher machen. Man bat Paare, die Frequenz ihres Sexes zu erhöhen, und kam zum Ergebnis, dass sie mit einem Mal pro Woche am glücklichsten waren. Dann stellte man noch einen Zusammenhang zum finanziellen Status her: Wer nicht viel hatte, also gerade genug zum Leben, dem ging es dennoch gut, wenn er ausreichend Sex bekam.     Wie selbstverständlich verbreiteten Medien (zuletzt auch Werner Bartens als Medizin-Experte bei der SZ) diese Botschaft, die für die meisten sexmüden Paare erleichternd klingen dürfte. Sie passt auch ins allgemein eher sexualkonservative Klima, zumal kaum darauf hingewiesen wurde, dass sehr viele Menschen gar nicht in einer Partnerschaft leben. So wie auch ich momentan und schon seit Längerem nicht. Und ich hatte mir just vor Kurzem so meine eigenen Gedanken zu dem Thema gemacht, da mir seit ein paar Jahren die Möglichkeit offensteht, im Grunde jeden Tag Sex zu haben - und ich diese nicht

Sessue Hayakawa (1889-1973), Schauspieler und Zen-Priester

"Ich bin ein Wanderer, der dem torlosen Tor entgegengeht." Ich las vor einiger Zeit  Der Sohn des Samurai. Das Leben des Sessue Hayakawa.  (Stuttgart 1963), übersetzt von Alastair, antiquarisch noch hier . Im Original heißt das Buch Zen showed me the Way , weshalb es hier von Interesse sein könnte. Hayakawa , ein schöner Mann mit ausdrucksstarken Augen, entstammte einem Samurai-Geschlecht und wurde in den Tugenden des Bushido erzogen. Nach einem misslungenen Harakiri-Versuch aus dem Gefühl der Schande (Ungenügsamkeit) heraus, kam er mit dem Rinzai-Zen in Kontakt. Auch wenn seine Schilderungen davon und die Zitate seines Lehrers nicht sonderlich originell sind und auch nur einen kleinen Raum in dem Buch einnehmen, ist es schon als Zeitzeugnis des Hollywood-Filmes interessant. Denn Hayakawa war Schauspieler, drehte u. a. noch in der Stummfilmära mit Cecil B. DeMille und später mit Humphrey Bogart. Viele kennen ihn aus der "Brücke am Kwai". Im Alt

Philipp Schaeffer (16.11.1894 - 13.05.1943):
Zum Gedenken an den Übersetzer von Nagarjunas Yuktisastika

"Wessen schwankender Geist selbst beim Gedanken an die Leere nicht wankt, der hat jenen schrecklichen Ozean der Existenz überquert, der von den Ungeheuern der klesha aufgewühlt ist." Vor 121 Jahren wurde Philipp Schaeffer in eine Offiziersfamilie aus Königsberg geboren. Er wuchs in St. Petersburg auf, studierte Orientalistik, wurde im 1. Weltkrieg interniert und heiratete eine russische Lehrerin. Seine Promotionsarbeit handelt von Nagarjunas Yuktisastika ( hier  neu übersetzt). Er freundete sich mit Anna Seghers an, forschte am Heidelberger Institut für Buddhismuskunde. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin baute er dort eine der bedeutendsten sozialwissenschaftlichen Bibliotheken auf. 1928 trat er in die KPD ein und heiratete die Bildhauerin Ilse Liebig. Sein antifaschistisches Engagement brachte ihn 1935 für fünf Jahre ins Zuchthaus. 1942 verunglückte er schwer beim Versuch, ein jüdisches Ehepaar vor der Selbsttötung zu retten. 1943 wurde er von den Nazis wegen Hochverrat

Wie Dôgen seinen Lehrer Ju-ching verfälschte
(Essay von Heine)

Heute fasse ich zusammen: Stephen Heine: Did Dogen go to China. Japaneses Journal of Religious Studies 30/1-2: 27-59 (2003). Dieser Essay von Heine , Professor für Religionswissenschaft, untersucht u. a. den Wahrheitsgehalt der Behauptung, dass Dôgen zwischen 1223 und 1227 auf seinen Reisen durch China unter der Führung von Meister Ju-ching Erleuchtung erlangte. Es werden dazu verschiedene Dokumente herangezogen, u. a. das Teiho Kenzeiki zue aus der Tokugawa-Ära in der Interpretation von Nara Yasuaki und ein preisgekröntes Buch von He Yansheng über Dôgens Beziehung zu China. Dôgens Zitate und Anspielungen auf Texte der Sung-Zeit dienen als wichtige Basis für die Interpretation chinesischen Chans. Seine Hauptquellen umfassen die Aufzeichnungen Hung-chihs und von Dôgens Lehrer Ju-ching, die er beide als „alte Meister“ (kobutsu) bezeichnet (Ju-ching auch als seinen „früheren Lehrer“,   senshi ), sowie verschiedene Kôan-Sammlungen und „Übertragungen der Lampe“. Dôgen habe si