In der Studienhalle sollten wir die Sutren nicht laut lesen und auch keine Gedichte rezitieren und nicht durch unsere Geräusche die reine Gemeinschaft stören. Erhebt nicht übermütig eure Stimmen, um Dharani (1) zu rezitieren. Auch solltet ihr keine Rosenkränze (juzu) benutzen. Alles sollte still vonstattengehen.
Ladet keine Besucher in die Studienhalle ein, um euch dann dort lachend mit ihnen zu unterhalten. Führt dort keine Gespräche mit Händlern, Ärzten, Wahrsagern oder anderen Geschäftsleuten. Für Gespräche mit Händlern meidet auch die Umgebung der Studienhalle.
Trefft euch auch nicht untereinander zum Gespräch in der Studienhalle und lasst euch dort nicht zu närrischen Witzeleien hinreißen. Ist uns einmal nach Lachen zumute, sollten wir in den vier Zuständen der Achtsamkeit (2) verweilen und uns auf die Drei Zufluchten (3) stützen. Welche Freude kann ein Fisch in einer vertrocknenden Pfütze noch haben? Ganz allgemein: Sprecht und lacht nicht mit der Person neben euch! Der Aufenthalt in der Gemeinschaft kann dann so sein wie in den stillen Bergen.
Geht in der Studienhalle nicht zu den Tischen anderer, um zu schauen, was sie lesen – dies würde das rechte Verhalten auf dem Weg von selbst und anderen verletzen und gehört zum Schmerzlichsten für Mönche.
Wenn etwas geschieht, was gegen die Regeln der Studienhalle verstößt, soll bei kleinen Delikten der Hauptmönch oder ein tugendhafter Älterer die Ermahnungen aussprechen. Schwere Verstöße sollten dem Übungsleiter (inô) vorgetragen werden. Anfänger und ältere Neulinge (bangaku) sollten mit Einfühlungsvermögen und Respekt zurechtgewiesen werden. Wie sie dies annehmen, wird erweisen, ob sie den Geist des Weges verwirklichen oder nicht. Das Zenen Shingi sagt: „Rede, Taten, Alltagshandlungen und das Benehmen sollten sich an der Gemeinschaft orientieren. Alles sollte im Einzelnen erklärt werden.“ Wir sollten uns um die Neulinge so mitfühlend kümmern wie um neugeborene Babys. Dies ist der unerschütterliche Geist fortgeschrittener Übender.
Sprecht in der Studienhalle nicht über weltliche Angelegenheiten, solche von Ruhm und finanziellem Gewinn, Frieden und Unfrieden im Land oder über dürftige Spenden an den Tempel. Solches Gerede gilt als sinnlos, unheilsam, schändlich und sollte streng unterbunden werden. Wir sind schließlich weit von der Zeit des Weisen Shakyamuni entfernt und haben das rechte Verhalten auf dem Weg noch nicht vervollkommnet. Unser Körper ist unbeständig, die Zeiten sind schwierig. Darum sollten die Mönche der zehn Richtungen in ihren Flickroben ihre Zeit würdigen und sich so bemühen, als würden sie ihren Kopf vor einem Feuer retten. Strengt euch an und vergeudet nicht eure Zeit in betulichem Geschwafel. Der Oberpriester Shitou sprach: „Wer den Tiefsinn ergründen will, dem sage ich: Vergeude keine Zeit!“ (4)
Stört nicht die würdevolle Atmosphäre in der Studienhalle. Verbeugt euch gemäß des Dharma. Behandelt ihn nicht geringschätzig. Vernachlässigt zu keiner Zeit den Dharma.
[1] Dharani und Mantras sollen magische Kräfte besitzen, mithilfe der Perlen des Rosenkranzes wird gern deren Rezitation gezählt.
[2] Shinenju: Sich die Unreinheit des Körpers, das den Phänomenen anhaftende Leiden, die Unbeständigkeit des Geistes und die Substanzlosigkeit aller Dinge in Erinnerung rufen.
[3] Buddha, Dharma, Sangha.
[4] Der Satz entstammt dem Ende der Schrift Sandokai.
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