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Gruppendynamik

(Es folgt der 108. Beitrag in diesem Blog.)

„Im Mittelpunkt einer aktiven Gruppe steht meistens jemand, der allzu viel Liebe in sich trägt. Jemand, der erotisch oder geradezu schmierig wollüstig ist. Offiziell steht natürlich jeder in der Gruppe für Gerechtigkeit ein, und auch der im Mittelpunkt gibt sich erstmal nach innen und außen fair und gerecht. Dabei versteckt er sein wahres Gesicht, denn er muss sich erst einmal so verhalten. In Wahrheit aber gibt er keinen Pfifferling auf Unparteilichkeit und Gerechtigkeit, wenn seine Liebe dabei Schaden nehmen kann. Das macht sogar seinen Charme aus.
Die Leute werden von der Wirkung seiner Liebe angezogen und treten der Gruppe bei, weil sie erwarten, dass sich seine Liebe dann auch auf sie richtet. Dann lassen sie es auch durchgehen, wenn er sich bei Leuten, die außerhalb der Gruppe stehen, ungerecht verhält. Durchgehen ist eigentlich noch zu wenig gesagt, sie begrüßen das vielleicht sogar. Wenn er jemandem schadet, der außerhalb der Gruppe steht, ist das für die Mitglieder der Gruppe ein Beweis seiner Liebe für sie. Und dann begeht er auch innerhalb der Gruppe Ungerechtigkeiten. Menschen, die sich ihrer erotischen Ausstrahlung bewusst sind, haben wenig Scheu, die allgemeinen Grundlagen von Gut und Böse zu durchbrechen.
Wenn das aber herauskommt, wird er vielleicht von Leuten kritisiert, die an das Bestehen der Prinzipien glauben, die die Gruppe eigentlich repräsentiert. Aber solche Leute bleiben in der Minderheit. Die meisten glauben an seine verlogenen Erklärungen oder werden sogar zu seinen Komplizen, weil sie nicht mehr aus der Gruppe heraus wollen, die seine Liebe verkörpert. Sie wollen das, selbst wenn alles nicht mehr ganz sauber abläuft. Oder vielleicht, gerade weil alles nicht mehr ganz sauber abläuft. (...)

Die Mitglieder einer Gruppe tragen Verantwortung dafür, dass ihre Gruppe weiter bestehen kann. Besonders auf einem Anführer oder jemandem, der andere unterrichtet, lastet eine schwere Verantwortung. Damit sollte er auch die schwere Aufgabe übernehmen, sich selbst unter Kontrolle zu haben. Darum kann ich Herrn (...) auch keine mildernden Umstände gewähren, das ist ja wohl klar.“

[aus: Naoyuki Ii: Aoneko kazoku tentenroku (Geschichten aus der Familie der Blaukatzen), erscheint im 2. Halbjahr 2010, übersetzt von Till Weingärtner]

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