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Meister Dôgens Eihei Shingi:
Shuryô Shingi – Regeln für die Studienhalle (III)

Wer könnte in der reinen Ozean-Gemeinschaft der Studienhalle als gewöhnlicher Mensch oder als Weiser angesehen werden? Das wäre so närrisch, wie jemanden aufgrund seines Aussehens zu beurteilen. Als der Weltgeehrte unter den Menschen weilte, gab es in seiner Gemeinschaft einen blinden Mönch und einen, der sein Essen wie ein Ochse kaute. Im Zeitalter des verfallenden Dharma sollten wir nur unsere Zuneigung zum Dharma wertschätzen. Wie könnten wir da unsere Mitübenden aufgeben? Selbst wenn ihre Roben abgetragen und schäbig sind und ihre Utensilien alt und beschädigt, sollten wir sie nicht mit gewöhnlichen Augen ansehen. Vernachlässigt sie nicht. Von Beginn an besaßen die Menschen des Weges keine geblümten Roben und benutzten nur einfache Hilfsmittel. Wir sollten niemanden von niederer Herkunft herabwürdigen und auch Anfänger nicht belächeln. Selbst wenn man euch auslacht, werdet nicht wütend und grollt niemandem. Der ärmlichste Mensch kann die höchste Weisheit besitzen, und einem von höchstem Rang kann es an guter Absicht und Weisheit mangeln. Erinnert euch an die Worte Buddhas: „Wenn die vier Ströme in den Ozean fließen, behalten sie nicht ihre ursprünglichen Namen; wenn die Mitglieder der vier Kasten ihr Zuhause verlassen, um den Buddha-Weg zu betreten, werden sie alle als Shakya-Clan bezeichnet.“
   Es ist unhöflich, wenn jemand in der Studienhalle das Abbild eines Buddhas oder Bodhisattvas auf seinem eigenen Tischchen abstellt. Auch Bilder sollen nicht aufgehängt werden.
   Wenn ihr andere Mönche in der Studienhalle aufsuchen wollt, tragt eure Okesa oder lasst sie euren linken Arm bedecken, je nach den Umständen. Sollten euch Mönche aufsuchen, die sich nicht daran halten, empfangt sie nicht.
   Befindet ihr euch an eurem Platz in der Studienhalle und seht einen anderen Mönch näherkommen, tretet zunächst von der Plattform herab. Gemäß eurem Besucher tragt die Okesa oder lasst sie euren linken Arm bedecken und verneigt euch oder vollzieht eine zwanglose vollständige Verbeugung. Ihr solltet euch stets mit solch würdevollem Verhalten begegnen.
   Ihr sollt nicht willkürlich in der Halle umherlaufen. Redet auch nicht darüber, ob andere nun anwesend seien oder nicht, und sucht nicht die einzelnen Plätze nach ihnen ab.
   Beleidigt die Gemeinschaft nicht, indem ihr euch gegen die Tafeln am Ende der Plattform lehnt oder euch hinlegt, eure Beine oder euren Körper ausstreckt. Denkt an die Beispiele, die euch die alten Weisen gaben, als sie unter Bäumen und auf der Erde saßen.
   Die reine Gemeinschaft bewahrt in der Studienhalle keine Gold- oder Silbermünzen auf, keine Seide und keine anderen unreinen Schätze. So lautet die Anweisung des sterbenden Buddha. Sein Nachfolger, der Ehrwürdige Mahakashyapa, stammt aus einer Familie, die tausendmal reicher war als der König Bimbisara. Niemand in den sechzehn Provinzen Indiens konnte ihn an Reichtum übertreffen. Als er jedoch in die Hauslosigkeit gezogen war, um den Buddha-Weg zu üben, ließ er sich Haare und Bart wachsen, und seine Kleidung war zerschlissen und aus alten, weggeworfenen Lumpen (funzô’e) gemacht. Diesen Kleidungsstil änderte er bis zu seinem Tode nicht mehr. Wer den Geist des Weges hegt, sollte dies nicht übersehen. Sogar unser Großer Vorfahre Mahakashyapa war so, wie könnten gewöhnliche Schüler unserer Zeit sich anders verhalten?
   In der Studienhalle sollte stets nur mit gesenkter Stimme gesprochen werden. Macht keine Geräusche mit euren Pantoffeln, auch nicht durch Spucken oder Husten. Lasst euch nicht von der Pracht und dem Glanz weltlicher japanischer Literatur ablenken, sondern macht euch mit den einfachen und wahren Aussagen der Buddhas und Patriarchen vertraut. Wenn ihr über sie sprecht, tut es nicht mit dröhnender Stimme, das wäre unhöflich der Gemeinschaft gegenüber.

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