(Heute ist der Todestag von Taisen Deshimaru Roshi, der im Jahr 1982 verstarb. Aus diesem Anlass folgt ein weiteres Teisho seines Lehrers Kodo Sawaki, das bereits in einem anderen Forum erschien. Ich muss hier aber ab und an recyclen, nicht nur, weil die Beiträge in diesem Blog - über die Suche links oben - leichter zu finden sind als anderswo, sondern auch, weil ich nicht jeden Tag die Zeit finde, selbst etwas zu schreiben oder neu zu übersetzen.)
"Die meisten denken, dass Religionen zu einer Gruppe gehören, die das gleiche Glaubenssystem teilt. In Wirklichkeit hat jedes Individuum seine eigene Religion.
Religion ist der Frieden des Geistes, wenn man sich wahrhaft eins mit sich selbst fühlt. Sie zieht sich durch das tägliche Leben, kann aber niemandem erklärt oder gezeigt werden. Ich denke, Religion ist die Ausgeglichenheit, die tief in einem selbst verborgen ist. Für jeden unterschiedlich, erlaubt sie einem, den eigenen Weg zu gehen, ohne die Hilfe anderer in Anspruch nehmen zu müssen.
Es ist offensichtlich, dass die Diskussionen zwischen den verschiedenen Zweigen des Zen als bedeutungslos erscheinen, wenn man bedenkt, dass Religion unser eigenes Wesen ist. Ebenfalls ist es unnötig, Shakyamuni oder einen anderen Meister zu imitieren. Zu anderen Zeiten gab es andere Werte. Es ist für jeden wichtig, seinen eigenen geistigen Frieden zu erfassen, hier und jetzt.
Das Leben der Vorfahren zeigte, dass sie alle die Kraft des maka hannya hatten. Zum Beispiel besprach oder kommentierte der Patriarch Kanadaiba nie Texte* – er vertiefte seine Weisheit, indem er sie jeden Tag lebte.
Am Selbst festhalten, am Ultimativen in uns selbst, am wahren Ego – wie auch immer man es nennen möchte. Es ist unbedingt nötig, es zu erfassen, denn das ist die wahre Buddha-Natur.
Das junge Mädchen wird Glück in ihrem Dasein als junges Mädchen finden; als Frau in ihrem Dasein als Frau; danach als Großmutter und schließlich im Tod.
Meistens haben es Mädchen sehr eilig, Frauen zu werden; und wenn sie dann Frauen sind, möchten sie gerne Mütter sein. Das Dienstmädchen hasst es zu kochen und möchte lieber die Chefin sein; aber als Chefin ist ihr die Arbeit dann doch zu stressig. Ich wünschte, jeder würde sein Leben völlig genießen.
Eines Tages bekam ich eine Postkarte von einem Polizisten, der mir mitteilte, dass er versucht, sein Leben nun völlig als Polizeiinspektor auszuleben. Als ich dies las, musste ich lachen. Genau das ist es! Er hat meine Lehre vollkommen begriffen. Um Buddha zu werden, muss man völlig man selbst sein. Wenn du nicht du selbst bist, dann ist das Leben die Hölle.
Nimm einmal an, ein Schakal wolle das Gebrüll eines Löwen nachahmen, er würde sein Maul öffnen und brüllen, so viel er wollte. Da er aber ist, was er ist, würde seine Stimme nie zu hören sein.
Das Nirvana-Sutra sagt: „Es dauert hundert Jahre, bis ein Schakal das Gebrüll eines Löwen imitieren kann, tausend Jahre, bis er seine Stimme findet. Dennoch brüllt ein drei Jahre altes Löwenjunges schon wie seine Eltern.“
Die Buddhalehre, wie man ein Löwe wird, besagt, wie man authentisch seine wahre Natur auslebt. Dank dieser Lehre können wir ein Leben führen, das den Schmerz des Lebens wert ist.
Egal, ob Brüllen oder Miauen, solange es deine wahre Natur ist, ist es ein Leben, das dem Guten aller Dinge dient.
Der Buddha isst, aber warum isst er? Er isst, um dem Guten aller Dinge zu dienen. Er wacht jeden Morgen sehr früh für die anderen auf. Abends schläft er für die anderen. Alles, ob Lachen oder Weinen, tut er, um die Menschheit zu retten."
[* Kanadaiba ist Aryadeva; von ihm ist das Catuhshataka überliefert – man kann hier also auch anderer Meinung sein als Kodo]
(übersetzt von Katrin Hugo)
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