Direkt zum Hauptbereich

Die falschen Ansichten von Thich Nhat Hanh (I)

Im Folgenden, und aus Anlass einer kommenden Neuveröffentlichung des Diamantsutras (in Zusammenarbeit mit einem koreanischen Zen-Zentrum in Berlin), möchte ich mich mit den kruden Lehren des vietnamesischen falschen Zen-Buddhisten Thich Nhat Hanh (künftig: TNH) beschäftigen. In einem Forum wurde ich mal gefragt, was mich denn an seinen Aussagen konkret befremde. Damals fasste ich meine Kritik allgemein zusammen, wollte aber noch einmal anhand seiner Schriften seine Manipulationsversuche und seine Verwirrung konkret aufzeigen.
   Grundlage ist sein Buch "Das Diamant-Sutra" (engl. "The Diamond that cuts through Illusion") in dem Sammelband Über die Worte Buddhas (Theseus Verlag 1995). Ich hangele mich chronologisch durchs Buch.

1) Auf S. 39 spricht TNH über die Bettelgänge: "Selbst wenn ein Mönch weiß, dass die Menschen in einem bestimmten Haus unfreundlich sind und ihm kein Essen geben werden, so muss er doch auch zu diesem Haus gehen und für einige Minuten dort stehenbleiben ..." Schon auf der folgenden Seite jedoch schreibt TNH über den Buddha, der bevorzugt Bodhisattvas unterstützt: "Es ist Energieverschwendung, die zu unterstützen, die nur für sich selbst leben und andere vergessen." Zum einen betont TNH die Praxis der Unterschiedslosigkeit, nach der vor jedem Haus gebettelt wird, zum anderen rechtfertigt er das Unterscheiden von Menschen je nach ihrer Neigung zum Buddha-Weg. Dieser Widerspruch bleibt ungeklärt. Dabei ist es ganz offensichtlich auch eine Energieverschwendung, vor den Häusern der Menschen zu betteln, die einen verachten und einem nie was in die Bettelschale geben, um im Sinne von TNHs Logik zu bleiben.

2) S. 44: "Doch er erfuhr diese karmische Wirkung als Resultat einer vergangenen Handlung, von der noch immer Energie weiterwirkte, bis sie zur Ruhe kommen konnte. Das bedeutet aber nicht, dass der Buddha nach seinem Tod nicht vollständiges Verlöschen verwirklicht hätte." Müssen wir uns hier nicht fragen: Woher weiß TNH dies, wenn doch karmische Wirkung das Resultat einer Handlung sein kann, an die man sich gar nicht mehr erinnert, die also nie sicher irgendeiner vergangenen Tat zugeordnet werden kann? TNH will hier jene Kommentatoren ablehnen, die an ein "restefreies" Nirvana erst nach dem Tod glauben, wenn die 5 Daseinselemente (skandhas) erloschen sind. Er schreibt weiter: "Obgleich ihre Körper existieren und sie auf den Wellen von Geburt und Tod dahinziehen, leiden sie nicht. Die Leidensreste im unvollständigen Nirvana [d.h. dem "mit Rest"] liegen also nicht in den fünf Daseinsgruppen begründet. Es handelt sich vielmehr um ein Leiden, das als die karmische Wirkung vergangener Handlungen übriggeblieben ist."
   Wenn man das Leiden so mystifiziert, lässt sich alles Leiden in der Welt mit dem Hinweis auf eine späte karmische Reifung irgendeiner missratenen Tat in der Vergangenheit erklären. Diese Erklärung dient natürlich einem möglichst plausiblen Lehrgebäude, wie es TNH gerne entwerfen möchte. Er übersieht jedoch, dass es dann auch unmöglich ist zu wissen, ob nicht solches karmische Reifen erst nach dem Tod sich auswirkt (selbst beim Buddha), zumal TNH es für einen Fehler hält, nur an ein Leben zu glauben: "Diese falsche Auffassung wird 'Auffassung von einer Lebensspanne' genannt." (S. 51)

3) Besonders beliebt sind TNHs Einsprengsel zu Umwelt- und Naturschutz, der Verbundenheit mit dem Kosmos und dem Getier. "Sie (andere Menschen) sehen es sofort; sie erkennen es daran, wie wir eine Katze, eine Raupe oder eine Schnecke behandeln. Wenn wir Geschirr abwaschen, legen wir dann die Essensreste beiseite, um die Vögel damit zu füttern?" (S. 45)
   Man muss kein Vogelkundler sein, um zu wissen, dass es im Allgemeinen unnötig ist, Vögel zu füttern, wenn sie vorher nicht gerade in einen Käfig gesteckt wurden oder ausgesprochen niedrige Temperaturen herrschen. Der Witz ist jedoch, dass wir genau die vorher genannten Tiere, nämlich Schnecken und Raupen, den Vögeln hinlegen müssten, wenn wir ihnen ihren üblichen Speiseplan gönnen wollten. In der allgemeinen Betulichkeit der TNH-Reden geht auch so etwas unter.

4) Kommen wir zum größten Klops für heute. Es geht um folgende Passage aus dem Diamant-Sutra:

   "Und wenn die nicht zu zählende, unermessliche, unendlich große Anzahl der Wesen befreit ist, denken wir nicht, dass auch nur ein einziges Wesen befreit ist.
   Warum ist das so? Wenn, Subhuti, ein Bodhisattva an der Vorstellung festhält, dass ein Selbst, eine Person, ein Lebewesen oder eine Lebensspanne existiere, dann ist er kein echter Bodhisattva."

Zwischden diesen beiden Absätzen meint TNH in Anspielung auf ein faules Mitglied einer Gemeinschaft:        
    "Unterscheidet ihr während eurer Arbeit nicht zwischen der Person, die die Arbeit verrichtet, und der, die es nicht tut, so handelt ihr wahrhaft im Geist der Nicht-Form." (S. 48).
   So also liest TNH die Sutren. Das gleicht einer mittleren Katastrophe. Tatsächlich ist in obigem Abschnitt davon die Rede, dass es keine Befreiung eines Wesens geben kann, weil das Wesen an sich "leer" oder auch "schon befreit" ist. Dies ist der Kern der Zen-Lehre. Es geht nicht darum, dass wir nicht "einen Befreiten von allen Befreiten" unterscheiden sollten. Keineswegs geht uns nach der Erkenntnis der Leere (shunyata) auf einer horizontalen Ebene (also im Samsara, wie wir etwa auch bei Masao Abe lesen können) die eigentliche "Unterscheidungskraft" flöten. Genau darum können wir einem Faulen auch sagen, dass er faul sei, und ihn deutlich von einem Fleißigen abgrenzen. Und wir können im Übrigen wissen, dass "eine Lebensspanne" so wenig an Eigennatur hat wie "ein Lebewesen" - und dennoch beide im Samsara genau als solche existieren. Diese Dinge zu verwechseln ist ein Kardinalfehler, von dem dann viele Irrtümer TNHs ausgehen, wie wir in den kommenden Tagen noch sehen dürften.

Kommentare

  1. Hab vorhin gerade auf http://www.haus-lueginsland.de/de/zen_texte.html dessen Text über TNH (Im buddhistischen Rotlichtmilieu) gelesen. Könnte dir gefallen.

    _()_
    Giri

    AntwortenLöschen
  2. hab grade erst deinen blog gefunden - haha -u make my day ! danke fuer deine hilfe! du bist entweder sehr weise oder ein grosser idiot.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. das eine schließt das andere nicht aus... hahaha :)

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Das Sichten und Freischalten der Kommentare kann dauern.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Falscher "Shaolin-Mönch" aufgeflogen

Den aktuellen Artikel zu Shi Heng Yi (Tien Sy Vuong) findet Ihr hier.    Am Samstag, den 19.03.2011, ist in der Süddeutschen Zeitung ein größerer Artikel über den Fake-Abt (Shi Heng Zong alias Monroe Coulombe) des "Shaolin Temple Europe" erschienen - Seite 11: "Der Shaolin-Schwindel". Wir hatten bereits im Januar 2010 das Thema aufgegriffen. (Dank an Heino für den Tipp.)

The poser Shi Heng Yi alias Tien Sy Vuong / Der Blender Shi Heng Yi vom Shaolin Tempel Europe

(English version first, translated with DeepL - zunächst auf Englisch, unten auf Deutsch) Since last year, I have been improvising a series of YouTube posts that deal with a certain "Shi Heng Yi". You can find the playlist here . Back in 2011, I took a critical look at the "Shaolin Temple Europe" (later the newspaper SZ reported on it). The "Shaolin Temple Europe GmbH " of the same name is now headed by Shi Heng Yi, who is said to have a business degree (MBA), among other things. This man, whose real name is Tien Sy Vuong and whom I have so far described as German-Vietnamese, is trying hard to market himself in social and other media as a " Shaolin master of the 35th generation " and also offers online courses. In the meantime, two people have reported "threats" and warnings to me via Messenger and in a forum. In one case, a critical video was deleted and only uploaded again in abridged form, in which a former student of Shi Heng Yi (S

Die Kommerzialisierung der Shaolin

Am Samstag Abend lief unter "Spiegel TV" (d.h.: besserer Boulevardjournalismus) ein mehrstündiges Porträt über einen engagierten jungen Mann, der sich dem "Shaolin-Tempel" in Kaiserslautern angeschlossen hat. Sein Werdegang wurde über einen längeren Zeitraum verfolgt, Ausschnitte dieser Sendung hatte ich schon mal gesehen. Keine Frage, der junge Mann meinte es ernst und war sympathisch. Wie ein freundlicher, harmloser Herbergsvater kam dann sogar der Abt rüber, Shi Heng Zong genannt, oder auch: der Sitaigung. Da macht einen ja schon mal stutzig, dass ein bärtiger Deutscher nur noch mit chinesischen Namen tituliert wird. Dabei hat er die buddhistischen Essensgebete durchaus eingedeutscht, und auch die Aufnahmezeremonie des jungen Mannes als Mönch lief ganz verständlich und routiniert auf Deutsch ab. Man muss den Leuten hinter dem Tempel auch ihre Ehrlichkeit (oder Naivität?) lassen, mit der sie den Werdegang des Abtes beschreiben, den wir natürlich - bei seiner Le