Heutzutage haben alle Zazen-Gruppen oder Meister, die die Lehre vermitteln, bestimmte Zeichen, um ihre Anwesenheit anzuzeigen.
Vor langer Zeit wurden in Indien große Banner aufgehängt. Auch heute noch wehen in einigen Regionen Flaggen in verschiedenen Farben als Andenken an die alte Zeit.
Im heutigen Sprachgebrauch bedeutet das Aufhängen von Flaggen, um den Dharma aufzuzeigen und die wahre Glaubenslehre zu begründen, seine eigenen Erfahrungen in Bezug auf Satori (das Erwachen) auszudrücken. Diejenigen, die vom Dharma sprechen, ohne ihn tatsächlich erfahren zu haben, sind wie Papageien. Sie zitieren Wörter und Ausdrücke von anderen, genau wie ein Wörterbuch. Dharma lehren bedeutet, seine persönlichen Erfahrungen einzubeziehen.
Den ganzen Tag lang benutzen wir Ausdrücke, die absolut keine Bedeutung haben, wie zum Beispiel wenn man sagt: „ Es geht mir gut, danke“, sogar wenn es einem nicht gut geht. Das sind Worte, die rein gar nichts widerspiegeln.
Fortschritt? Rückschritt? Wer weiß schon, was in die richtige oder falsche Richtung geht, was gut und was schlecht ist? Ein Heilmittel kann ein Gift sein und ein Gift kann ein Heilmittel sein.
Im Stadtteil Gion von Kioto hatte Ikkyu eine Schülerin namens Chigoku, die eine hochrangige Prostituierte war. Als sie merkte, dass es keine Hölle gab und sie selbst Buddha war, verließen all ihre Kunden sie mit einem Gefühl völliger Erleuchtung und wurden schon bald eifrige Anhänger des buddhistischen Weges.
Ich höre oft, dass Leute eine bestimmte süße Bohnenpaste einer anderen vorziehen. Sie wird von Kioto nach Osaka transportiert und umgekehrt. Warum sucht man immer woanders? Soweit es mich betrifft, bin ich mit Reisbällchen und Radieschen völlig zufrieden.
Vor langer Zeit bin ich mit dem Zug durch die Kansai-Region gereist. Ich erinnere mich, wie ich in einer Lokalzeitung einen Artikel über die enorme Menge an Sardinen, die im Isu-Meer gefangen werden, gelesen habe, und darüber, was man mit denen machte. Da gab es ein Foto von einem Strand, der völlig mit Sardinen bedeckt war.
Sardinen werden als einfache Fische betrachtet, weil sie in großer Anzahl in unseren Meeren vorkommen. Wenn man sie nur einmal im Jahr fischte, dann würde man sie sicher als große Delikatesse ansehen. Forelle auf der anderen Seite wird als Luxus betrachtet, da sie sehr selten ist.
Ich begleitete einmal zwei Fischer auf dem Fluss Tamagawa, doch ich sah keine einzige Forelle an der Leine hängen. Sardinen schwimmen im Schwarm und mit nur einem Durchziehen des Netzes hat man schon einen ganzen Berg von ihnen gefangen. Sie werden in Lastwagen transportiert, gesalzen, getrocknet und konserviert. Die überschüssigen Sardinen werden als Dünger verkauft. Wir bringen diesen Fischen keine besonders große Hochachtung entgegen, aber sie sind wirklich ziemlich lecker. Tatsächlich würden sie sogar gegenüber der Forelle als besser erachtet, wenn sie nur seltener wären.
Gut und böse sind verhältnismäßige Konzepte, die nicht wirklich existieren. Das Gleiche gilt auch für Wahrheit und Täuschung. Das Gute kann ohne das Böse nicht existieren. Es ist allein das menschliche Karma, das Dualismus produziert und das festlegt, was gut und was schlecht ist. Was macht die Menschen in ihrer kleinen Welt glücklich? Sie mögen es, Spaß zu haben und Geschenke zu erhalten. Freud und Leid sind relative Ansichten, die sich wandeln und die täuschen können. Niemand kann mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass ein bestimmtes Ereignis ein glückliches ist und ein anderes ein unglückliches. Im Guten gibt es immer etwas Schlechtes und im Schlechten immer etwas Gutes. Gut und Schlecht an sich existieren nicht.
[Foto: Daihorinkaku; Übersetzung: Katrin Hugo]
Kann mir jemand erklären, wieso solche Ausführungen nicht nihilistisch sein sollen?
AntwortenLöschenVieleicht fand Kodo die ganze Geschichte mit den Russischen Gefangenen in der Grube doch nicht so schlimm?
Dies fragt sich ein nachdenklicher
Lucius
Danke Guido für deinen blog und dieses Teisho von Kodo ist geradezu genial.
AntwortenLöschen_()_
An Anonym - hier ein Absatz von Heinrich Dumoulin aus seiner Geschichte des Zen-Buddhismus:
AntwortenLöschen"Das Hochsitzsutra warnt an vielen Stellen vor falschem Üben, vor allem vor Haften an Reinheit oder an Leere: «Wenn einer mit leerem Geist in Meditation sitzt, kann er leicht an indifferenter Leere haften». Und im folgenden Abschnitt: «Die Selbstnatur ist groß und umfasst alle Dinge (dharma) ... Irrende Menschen rezitieren mit dem Mund, wissende Menschen üben mit dem Geist. Es gibt irrende Menschen, die ihren Geist leer machen und nicht denken; sie nennen dies groß. Das ist falsch. Die Fähigkeit des Geistes ist groß, aber ohne Übung ist sie klein»."
In diesem Absatz geht es auch um den Unterschied zwischen Nord- und Südschule. Tatsächlich sollte man das Hui-neng, dem 6. Patriarchen zugeschriebene "Plattform-Sutra" lesen, es ist ein gutes Heilmittel gegen die Gefahr des Nihilismus. Dort wird auch gesagt, dass selbst die Sitzmeditation nur ein Mittel ist - und die "ungegenständliche" Meditation im Alltag (das "Nicht-Anhaften") die eigentliche Verwirklichung der Erleuchtung darstellt. Diese Art der Meditation ist Weisheit (prajna). Bei Dogen, dem auch Sawaki anhing, hat die Sitzmeditation offensichtlich ein größere Bedeutung als im chinesischen Chan der Südschule (Hui-neng, Shen-hui).