Heute kommen wir zu den schönsten Stellen des Ugra-Sutras. Zunächst die guten Taten des Bodhisattva:
"Unbewegt von Gewinn oder Verlust, Ruhm oder Schande, Lob oder Tadel, Glück oder Leiden*, transzendiert er weltliche Dinge. Er wird nicht arrogant, wenn er Reichtum anhäuft, noch entmutigt, wenn es ihm an Gewinn, Ruhm oder Lob mangelt. Er erfreut sich nicht an falschem Benehmen; da sein Geist nicht darin weilt, beobachtet er nur sein Entstehen. Er tut, was er versprochen hat. (...) Er erwartet keine Belohung für seinen Dienst an anderen und ist dankbar für das, was andere für ihn tun. Er verteilt Reichtum an Arme und beruhigt die Furchtsamen. (...)
Er betrachtet jede Freude an den Objekten der Begierde als unbeständig. Um seinen Körper sorgt er sich nicht, sieht sein Leben als Tautropfen an und seinen Reichtum wie eine Luftspiegelung. (...)
Er denkt daran, die Substanz aus seinem unsubstantiellen Körper zu extrahieren, aus seinem unsubstantiellem Leben und aus seinem unsubstantiellem Reichtum. Was bedeutet es, die Substanz aus seinem unsubstantiellem Körper zu ziehen? Es bedeutet, Freude an allem Tun zu haben, das anderen dient, respektvoll mit den eigenen Lehrern zu sprechen und sie zu ehren (...) Was bedeutet es, die Substanz aus seinem unsubstantiellen Leben zu ziehen? Es bedeutet, nicht die Wurzeln der Güte zu schädigen, die zuvor gepflanzt wurden, sondern sie wachsen zu lassen. Und was bedeutet es, die Substanz aus seinem unsubstantiellem Reichtum zu ziehen? Es bedeutet, den Geist des Geizes im Zaum zu halten und den Geist großer Freigebigkeit zu nähren sowie Geschenke zu verteilen."
Vor unserem Frankfurter Hugendubel stehen beinahe täglich ein jüngerer und ein älterer Bettler, die unermüdlich jeden Passanten anschnorren. Ich habe da meine eigene Auffassung zu, angesichts der großen Armut, die ich z.B. in Kambodscha sah. Die Vorstellung, dass ein solcher Bettler hierzulande noch zusätzlich einen Anspruch auf Sozialhilfe geltend macht (oder ihn alternativ geltend machen könnte), lässt mich keine Sympathien für diese Schnorrer hegen. Was ist also ein "legitimer" Bettler? Das Ugra-Sutra rät jedenfalls hierzu:
"(1) Oh hervorragender Haushälter, sobald der Laienbodhisattva um welch ein Objekt auch immer gebeten wird, soll sein Geist nicht länger daran festhalten; auf diese Weise wird seine Übung des Gebens vervollkommnet.
(2) Wenn er aufgrund des Geistes der Erleuchtung gibt, wird die Übung der Moralität vervollkommnet.
(3) Wenn er gibt, ohne Wut und Feindschaft in den Bettlern zu erzeugen, dann wird seine Übung des Erduldens (kshânti) vervollkommnet.
(4) Wenn er nicht wankenden Geistes zweifelt: 'Was wird aus mir, wenn ich dies weggebe?', dann vervollkommnet er seine Übung der Anstrengung.
(5) Wenn jemand an einen Bettler gibt und danach frei von Sorge und Bedauern ist, wird so seine Übung der Meditation vervollkommnet.
(6) Und wenn er gegeben hat und sich davon kein Reifen der Früchte dieser Tat verspricht, dann vervollkommnet er die Übung der Einsicht."
(* diese vier Gegensatzpaare werden als acht weltliche Dinge, lokadharma, bezeichnet)
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