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Der Buddha im Weinkeller

Als ich mir gerade einen Martini gönne (nicht geschüttelt, doch ein klein wenig gerührt, nämlich von Clint Eastwoods Nelson Mandela- und Rugby-Film "Invictus" [endlich hab ich die Regeln kapiert]), ruft meine Mutter an. Am verkaufsoffenen Sonntag (gestern) gäbe es im architektonischen Glanz- und Glasstück MyZeil auf Frankfurts Einkaufsmeile eine Buddha-Ausstellung. Ich fuhr dort also mit der Rolltreppe nach oben, weil ich dachte, die Exponate seien sicher auf alle Stockwerke verteilt, und oben sei ja am meisten Platz. Natürlich waren sie im Erdgeschoss. Und nanu, was seh ich da - die Buddhas aus Myanmar und Thailand sitzen alle in vollem Lotussitz! Ich reibe mir die Augen, schaue mir die Tafeln an,  wonach die thailändischen Figuren aus der Ayutthaya-Epoche (1351-1767) stammen. Wenn ich daran denke, wie lange es dauerte, bis ich beim Goldhändler in Pattaya vor zehn Jahren meinen Buddha-Anhänger in vollem Lotussitz gefunden hatte ("Not Thai style", meinte der Verkäufer noch, "why do you want?" - "Only correct style", erwiderte ich). Die Theravada-Länder sind also besser als ihr, äh, mein Ruf.
   Bei meinen Bemühungen, einen auf Kunstgeschichtler zu machen und mir die Unterschiede der Buddha-Köpfe zu merken, kam ich zu folgendem Schluss: Der thailändische Buddha lächelt kaum, aber seine Nase ähnelt der, die sich manche Freudenmädchen gern für Geld richten lassen, nämlich einer westlichen, wobei sie an der Spitze sogar etwas überhängen kann. Der kambodschanische Buddha hat die Mundwinkel am höchsten gezogen, doch sein Lächeln wirkt nicht ganz echt; dafür ist seine Nase platter (authentischer) und die Augen sind am vollkommensten geschwungen. Der burmesische Buddha hingegen hat das schönste und deutlichste Lächeln. Und natürlich besitzen sie alle lange Knabberohrläppchen.
   Die Exponate  auf der Zeil stammten übrigens aus dem Buddha-Museum in Traben-Trarbach (was für ein wunderschönes Kôan) und sind da u.a. in einer Jugendstil-Weinkellerei untergebracht. Das folgende seltsame Filmchen kommt auch von dort.

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Falscher "Shaolin-Mönch" aufgeflogen

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The poser Shi Heng Yi alias Tien Sy Vuong / Der Blender Shi Heng Yi vom Shaolin Tempel Europe

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Die Kommerzialisierung der Shaolin

Am Samstag Abend lief unter "Spiegel TV" (d.h.: besserer Boulevardjournalismus) ein mehrstündiges Porträt über einen engagierten jungen Mann, der sich dem "Shaolin-Tempel" in Kaiserslautern angeschlossen hat. Sein Werdegang wurde über einen längeren Zeitraum verfolgt, Ausschnitte dieser Sendung hatte ich schon mal gesehen. Keine Frage, der junge Mann meinte es ernst und war sympathisch. Wie ein freundlicher, harmloser Herbergsvater kam dann sogar der Abt rüber, Shi Heng Zong genannt, oder auch: der Sitaigung. Da macht einen ja schon mal stutzig, dass ein bärtiger Deutscher nur noch mit chinesischen Namen tituliert wird. Dabei hat er die buddhistischen Essensgebete durchaus eingedeutscht, und auch die Aufnahmezeremonie des jungen Mannes als Mönch lief ganz verständlich und routiniert auf Deutsch ab. Man muss den Leuten hinter dem Tempel auch ihre Ehrlichkeit (oder Naivität?) lassen, mit der sie den Werdegang des Abtes beschreiben, den wir natürlich - bei seiner Le