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Missverständnisse im Buddhismus (III): Selbstmord

Immer wieder findet man seltsame Ansichten von Buddhisten, nach denen so etwas wie ein individuelles Herz oder Bewusstsein nach einem Selbstmord überleben könnte und durch diesen ein ungünstiges Karma sich fortpflanze (etwa bei Dr. Lautwein). Die Ansichten im Pali-Kanon bezüglich des Suizids sind jedoch durchaus nicht eindeutig, sondern komplex, um nicht zu sagen: widersprüchlich. Im Samyutta Nikaya (S.4.23.) lesen wir von Godhika, der sich erdolchen will. Da er nicht mehr am Leben hängt, darf er das und findet gar Erleuchtung im Selbstmord. Interessanterweise ist es hier Mara, Buddhas übler Gegenspieler, der darauf pocht, Bhikkhus dürften nicht Hand an sich selbst legen.
   Im Vinaya, dem Verhaltenskodex für Ordinierte, finden wir dann detaillierte Ausnahmen für den Selbstmord (durch Nicht-Essen), darunter auch bei unheilbaren Krankheiten. (Vin. A. [Kommentar] 467)
   Seltsam mutet der Tenor an, der den Erwachten unter derartigen Umständen die Selbsttötung erlaubt, den Unerleuchteten jedoch nicht. Dabei sind es gerade sie, die besonders unter Schmerzen und Gebrechen leiden könnten. Hier stimmt dann einiges bei den Exegeten des Pali-Kanon nicht. Wieso sollte jemand, der das Leiden aufheben will, eine solche Zweiklassengesellschaft definieren, und warum sollte jemand so kramphaft dieses Leben zur Erkenntnis und Durchdringung des Leidens (d.h. zum "Erwachen") nutzen müssen - auch unter größter Pein -, wenn doch bei einer Wiedergeburt eine weitere Chance gegeben wäre?
   Fazit: Nutze dein (einmaliges) Leben, erwache, und am Ende entscheide selbst, ob Du reif bist, ggf. ein bisschen nachzuhelfen. 

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Am Samstag Abend lief unter "Spiegel TV" (d.h.: besserer Boulevardjournalismus) ein mehrstündiges Porträt über einen engagierten jungen Mann, der sich dem "Shaolin-Tempel" in Kaiserslautern angeschlossen hat. Sein Werdegang wurde über einen längeren Zeitraum verfolgt, Ausschnitte dieser Sendung hatte ich schon mal gesehen. Keine Frage, der junge Mann meinte es ernst und war sympathisch. Wie ein freundlicher, harmloser Herbergsvater kam dann sogar der Abt rüber, Shi Heng Zong genannt, oder auch: der Sitaigung. Da macht einen ja schon mal stutzig, dass ein bärtiger Deutscher nur noch mit chinesischen Namen tituliert wird. Dabei hat er die buddhistischen Essensgebete durchaus eingedeutscht, und auch die Aufnahmezeremonie des jungen Mannes als Mönch lief ganz verständlich und routiniert auf Deutsch ab. Man muss den Leuten hinter dem Tempel auch ihre Ehrlichkeit (oder Naivität?) lassen, mit der sie den Werdegang des Abtes beschreiben, den wir natürlich - bei seiner Le