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Hakuins Dokugo Shingyô: Mahngedicht (I)

Zen-Meister Hakuin (1686-1769) verfasste einen Kommentar zum Herzsutra mit dem Titel Dokugo Shingyô (Zen-Worte fürs Herz). Daraus möchte ich seine ermunternden und selbstironischen Schlussverse übersetzen.

"Diese vom Unkraut gewürgten Felder aus Siebenwort-Furchen,
diese Türme aus Geschwätz in fünf Zeilen,
waren nicht für die Augen hartherziger alter Priester gedacht,
ich schrieb sie für euch Mönche auf, die ihr frierend und hungrig in euren Hütten hockt.
Denn solange ihr nicht den Weg findet und euch nicht selbst verwandelt,
bleibt ihr einer bodenlosen Grube gefangen.
Seht es ein: Das Problem ist euer augenloser Zustand.

Wenn ihr auf ein Wort trefft, das ihr nicht versteht,
dann zerbeißt es sofort! Kaut es durch bis ins Mark!
Sobald ihr bis auf die Knochen in kalten Todesschweiß getränkt seid,
sind alle Zen-Koan mit Stamm und Wurzel ausgerissen.
Mit Mühen und Beschwerden erhaschte auch ich einst einen Blick auf die Grenze
und zerbrach die unjustierte Waage.
Ist erst das Werkzeug der Unwissenheit endgültig zertrümmert,
werdet ihr von der Furchtlosigkeit und dem Mut eines Löwen erfüllt.
Die Gnade des Zen bringt diese Kraft hervor,
warum durchdringt ihr sie nicht bis zur Vollkommenheit?
Heutzutage wenden sich Menschen vom Zen ab, als wäre es Dreck.
Wer ist da, um den Lebensfaden der Weisheit weiterzutragen?
Ich bin nicht nur ein alter Mann, der gern Verse schreibt,
ich möchte wahrhaft Suchende inspirieren, wo auch immer sie sind.
Die Begabten werden sofort erkennen, wohin der Pfeil fliegt,
andere werden nur an meinen Rhythmen und Reimen herummäkeln."

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