Im letzten Kapitel von Julian Barnes Roman "Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln" (Reinbek 2000) führt er einen interessanten Gedanken aus: Was, wenn die Menschen ewig leben könnten? Hier kommen sie alle ins Himmelreich und können sich aussuchen, wie sie es gerne hätten. Am längsten halten auf diese Weise die Religiösen durch, die sich am Gottesdienst ergötzen. Von den Nicht-Religiösen sind es z.B. Gelehrte und Juristen, die so viel zu untersuchen und zu streiten haben, dass sie jahrhundertelang damit beschäftigt sind. Schließlich wollen aber auch sie nicht mehr. Dann genügt es, einfach sterben zu wollen, und es geschieht ...
"Und wie sterben sie? Bringen sie sich selber um? Bringt ihr sie um?" (...)
"Gottes willen, nein. Wie gesagt, heutzutage geht es demokratisch zu. Wenn man wegsterben will, tut man es. Man muss es nur lange genug wollen, dann klappt es schon, es geschieht einfach. Der Tod hat nichts mehr mit Zufall oder düsterer Unvermeidlichkeit zu tun, wie beim ersten Mal. Hier herrscht die totale Willensfreiheit, wie Sie bestimmt schon gemerkt haben." (...)
"Diese Probleme, die ich mit dem Golf und dem Sorgenmachen hatte. Reagieren andere Leute auch so?"
"O ja. Wir erleben es oft, dass Leute um schlechtes Wetter bitten, zum Beispiel, oder dass etwas schiefgeht. Es fehlt ihnen was, wenn nie was schiefgeht. Manche wollen Schmerzen haben." (...)
"Und wie groß ist der Prozentsatz derer, die sich dafür entscheiden wegzusterben?"
"Oh, hundert Prozent, natürlich. Über viele Tausende von Jahren, nach der alten Zeitrechnung, natürlich. Aber ja doch, jeder entscheidet sich dafür, früher oder später."
"Also ist es genau wie beim ersten Mal? Am Ende stirbt man immer?"
"Ja, nur dürfen sie nicht vergessen, dass die Lebensqualität viel höher ist. Die Leute sterben, wenn sie wirklich genug haben, nicht vorher. Beim zweiten Mal ist es viel befriedigender, weil es gewollt ist."
Im 13. Jahrhundert hatte der Sufi Ibn Arabi bereits eine Welt ausgemalt, die das Paradies darstellte. Der Tod auf Erden wurde von einer als Firdausiyin bezeichneten Glaubensgemeinschaft als gewünschtes Ereignis angesehen, das gegen die ansonsten im ewigen Leben drohende Langeweile wirke. Ungläubige seien diejenigen, die nicht verstünden, dass sie bereits im Paradies lebten.
Im 13. Jahrhundert hatte der Sufi Ibn Arabi bereits eine Welt ausgemalt, die das Paradies darstellte. Der Tod auf Erden wurde von einer als Firdausiyin bezeichneten Glaubensgemeinschaft als gewünschtes Ereignis angesehen, das gegen die ansonsten im ewigen Leben drohende Langeweile wirke. Ungläubige seien diejenigen, die nicht verstünden, dass sie bereits im Paradies lebten.
Merkwürdig, ich finde den Gedanken banal und ich glaube nicht, dass man diese Fantasie in Jahrtausenden durchdenken muss. Würde man wissen, dass man nicht sterben muss, wäre unser Leben sehr viel früher sinnlos. Es gäbe überhaupt keinen Grund, sich abzumühen, zu beeilen, etwas zu Verwirklichen. Man könnte alles noch irgendwann erledigen, alles würde sich früher oder später ergeben und man würde nichts verpassen.
AntwortenLöschenDer Tod ist nichts negatives, sondern vielmehr der Eichpunkt unseres Lebens, ohne Tod wäre das Leben wertlos. Man kann das jetzt noch alles buddhistisch untersuchen und drehen und wenden. Ich kann es aber auch lassen, bin gerade zu sehr in Eile :)
Namaste!
AntwortenLöschenIn der Matrix-Triologie (einer Reihe von denen nur der erste Film bedeutend war und die beiden anderen meiner Ansicht nach rückgängig gemacht gehörten!) stellen die Maschinen auch schnell fest, dass die versklavte Menschheit kein perfektes Paradies haben möchte, sondern ein Leben von Mühen, Sorgen und Schmerzen - so wie es eben jetzt gerade im 21. Jh. läuft.
Eine gute Frage ist damit zusammenhängend ja auch, ob man immer älter wird (und auch körperlich altert - verfällt), oder ob man irgendwann aufhört, z. B. mit 25 wie in einem anderen Hollywood-Streifen.
Der gute Muhyiddin hatte schon recht bemerkenswerte Ansichten. Ist sein Konzept vom Paradies in "Die Weiheit der Propheten" wiedergegeben (ist das Werk das mir von ihm vorliegt)?
Ibn Arabi ist natürlich besonders dieser Tage sehr aktuell - denn wann kriegt man sonst die Basis-Literatur direkt auf der Straße in die Hand gedrückt, und dann auch noch zweisprachig: arabisch-deutsch? Ist das nicht großzügig?
Wa Aleikum salaam!
< gasshô >
Benkei
Hallo Benkei, kann ich Dir gar nicht beantworten, habe es aus einem Werk von Stefan Weidner, Mohameddanische Versuchungen.
AntwortenLöschenIch denke schon fieberhaft darüber nach, wie ich als Buddhist die Koran-Aktion kontern könnte ...
Namaste!
AntwortenLöschenStell' Dich doch einfach mit ausgedruckten Herz-Sutras daneben, und überreich denjenigen die den Koran angenommen haben gleich "das Gegenmittel" .-)
Das ist wohl die kostengünstigste Variante.
< gasshô >
Benkei