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HEREAFTER - Das Leben danach

Einem 80-Jährigen verzeiht man so einiges. Im Allgemeinen hat die Filmkritik darum Clint Eastwoods HEREAFTER, der gerade in deutschen Kinos läuft, als eine nicht-wertende Darstellung der menschlichen Sehnsucht nach einem jenseitigen Leben gelesen, d.h. als den Ausdruck eines Wunsches nach quasi ewigem Kontakt zu geliebten Menschen. Matt Damon spielt ein "Medium", das beim Berühren der Hände eines anderen Menschen dessen Biografie und Leiden erkennt - und nach welchem Verstorbenen der Betroffene sich sehnt. Dann gibt es da eine Frau, die in einem Tsunami beinahe ertrinkt und dabei offenbar Kontakt zu Verstorbenen hat, fortan aber von ihren Bekannten nicht mehr ernst genommen wird - bis sie auf  Medium Matt trifft. Vermittelt wird dieser Kontakt schliesslich von einem kleinen Jungen, der seinen Zwillingsbruder verloren hat. Und genau hier zeigt sich die Inkonsequenz des Drehbuchs, dessen Autor Peter Morgan angeblich nicht mal an ein Leben danach glaubt (was womöglich seine unfreiwillige Satire erklärt): In einer Szene bläst es dem Jungen die Basecap seines verstorbenen Bruders vom Kopf und er entgeht so einem Bombenattentat in der U-Bahn (jaja, so dick wird da aufgetragen). Verantwortlich war - laut Medium - sein Bruder, der ihm ein letztes Mal aus dem Jenseits half. Ich fragte mich sogleich, wieso dann nicht auch irgendwelche üblen Burschen aus dem Jenseits Kontakt mit den Lebenden aufnehmen - das freilich bebilderte dieser Film nicht. Stattdessen peinliche Flashs von undeutlich wankenden Schattengestalten.
    Dieser Tage erinnerte mich jemand an ein Gespräch über meine einstige als todesnah empfundene Erfahrung. Ich bedauerte, dass die damit verbundene, richtungsweisende bzw. -ändernde Energie, die mein Leben in eine andere Bahn brachte, sich inzwischen etwas abgenutzt hatte. Meines Erachtens kann sie sich nicht dauerhaft aus Schlüsselerlebnissen speisen, sondern sollte sich letztlich in dem verankern, was keinen Anker zulässt - der meditativ erfahrenen Leere oder dem, wie kürzlich schon buchstabiert, "Todlosen". Oder "Sterbenslosen". Es ist mit keinerlei Hoffnung verbunden. Auch wenn ich, solange ich atme, gerne einer Frau sage: Ich habe dich schon viele Leben lang gesucht. Diese Art der Illusion bezieht sich nur auf den Augenblick der Liebe.
    Dennoch möchte ich meinen eigenen Thesen gegenüber skeptisch bleiben. Ich verfolge den Blog eines an einem Glioblastom erkrankten Autors, Wolfgang Herrndorf. Bei seiner Erkrankung, einer Art Hirntumor, bestehen kaum Überlebenschancen über mehrere Jahre. Nun, wo ihm die Hoffnung schwindet, so schreibt Herrndorf, vergehe auch die Angst vor dem Sterben, ja, er sehne sich den Tod herbei. Ein Leben ohne Hoffnung, so scheint es, ist schwer zu ertragen. Dabei quält sich Herrndorf nicht mal mit der üblichen Frage: Warum gerade ich?
   Wie ist es also möglich, dass wir keine Hoffnung über das Hier und Jetzt hinaus hegen?

[Copyright Poster: Warner Bros.]

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