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Asubhâ: Die Meditation in Präsenz eines Leichnams

"Als er ein Jahr zuvor gespürt hatte, dass es ihm immer schwerer fiel, den Anblick von Leichen am Tatort zu ertragen, hatte er das buddhistische Zentrum in Vincennes aufgesucht, um sich zu erkundigen, ob es möglich sei, dort Asubhâ zu praktizieren, die Meditation in Präsenz eines Leichnams. Der diensthabende Lama hatte zunächst versucht, ihn davon abzubringen: Diese Art von Meditation, meinte er, sei schwierig und kaum mit westlicher Mentalität in Einklang zu bringen. Doch als Jasselin ihm seinen Beruf verriet, besann er sich und bat um Bedenkzeit. (...) In Europa werde es zwar nicht praktiziert, (...) aber er könne ihm die Adresse eines Klosters in Sri Lanka geben (...)
   Während seine Frau an den Strand ging, begab er sich jeden Morgen auf einen Totenplatz, auf dem die Leichen von vor kurzem verstorbenen Menschen niedergelegt wurden, um sie vor Raubtieren oder Insekten zu schützen. Und so konnte er bei äußerster Konzentration all seiner geistigen Fähigkeiten und unter Beachtung der Lehre, die Buddha in seiner Rede über das Erwecken der Achtsamkeit auf den Körper zum Ausdruck gebracht hat, achtsam den aufgedunsenen Leichnam betrachten, achtsam den eitrigen Leichnam betrachten, achtsam den zerhackten und zerstreuten Leichnam betrachten, achtsam den madigen Leichnam betrachten. In jedem Stadium musste er achtundvierzig Mal wiederholen: 'Dies ist mein Schicksal, das Schicksal der gesamten Menschheit, dem kann ich nicht entgehen.'
   Wie ihm jetzt bewusst wurde, war die Asubhâ-Methode ein voller Erfolg gewesen, und zwar in einem solchen Maß, dass er sie ohne zu zögern jedem Polizeibeamten empfohlen hätte."

[Michel Houellebecq: Karte und Gebiet (Köln 2011);
Das Foto zeigt den Autor und ist von Mariusz Kubik]

Kommentare

  1. Schon mal von Reb Anderson gehört?

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  2. Ja, diese Geschichte wird hier erzählt:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Reb_Anderson

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