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Dôgens EIHEI KOROKU (VI):
Das Abwerfen von Sutren und Geboten

Dôgen sprach in der Vortragshalle: "Einige sind herausragend genug, um Mitternacht in Schuhe zu steigen und Bodhidharma seiner Augäpfel zu berauben; einige sind bedeutend genug, bei Tagesanbruch unter einer Kapuze Hsi-tang an der Nase zu ziehen. Sie kommen und gehen wie der Klang von Frühling und Herbst. Ihr Kommen ist für ihr Gehen, was die Sonne für den Mond ist. Ihr gesamter Körper zeigt ein freies Wirken wie einer, der des Nachts mit dem Handrücken nach seinem Kissen sucht. Manche sind überragend genug, sich einen Arm abzuschneiden, ihn Bodhidharma darzubringen und später selbst dessen Dharma zu übermitteln, nachdem sie dessen Mark erfasst haben. Dennoch ist es nicht zu erlangen, bis man das Tor des Dharma jenseits des Buddha entriegelt hat. Was ist dieser Riegel?
         Er bedeutet, Sutren, Vinayas und Abhidharmas des Gautama abzuwerfen und die Melodie von fallenden Pflaumenblüten auf einer Eisenflöte zu spielen."

Kommentare

  1. Namaste!

    In Deinem Beitrag "Dôgens Eihei Koroku IV: Das Anpassen der Lehre" hattest Du von den Schwierigkeiten des Lehrens geschrieben.
    Den jetzt zitierten Beitrag sehe ich unter dem damit verbundenen Aspekt der Verschiedenheit der Schülerschaft als sehr problematisch an!

    So könnten Schüler, die noch nicht weit fortgeschritten sind und ihre Probleme mit dem Verständnis der Sutren und dem Befolgen der Regeln haben, auf die Idee kommen, dass Sutren und Regeln absolut unbeachtlich sind und "überwunden" werden müssen, noch bevor man sie wirklich verinnerlicht hat.

    Ich sehe deshalb diese Anweisung Dôgens als ungeeignet für die Masse der Schülerschaft, und diesbezüglich sogar als gefährlich, da kontraproduktiv an.

    Das zeigt, dass kaum eine Belehrung universell ist, sondern sie sind meistens abhängig von Ort, Zeit und Zuhörerschaft.

    < gasshô >

    Benkei

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  2. Lieber Benkei, wie hat Ikkyu die Regel des angemessenen Sexualverhaltens verinnerlicht, wenn er Freudenhäuser besuchte? Wie hat Deshimaru Roshi die Regel des Nicht-Tötens verwirklicht, als er in den Krieg zog?

    Kann man dies erst dann "auf rechte Weise" tun, wenn man Regeln verinnerlicht hat - oder ist es möglich, dass Regeln einem erst die Sinne verwirren für das instinktiv rechte Tun? Da nicht alle Schüler gleich sind, meine ich, dass Regeln im Einzelfall auch schaden können - sie machen den Geist des Praktizierenden krumm und kompliziert. Je mehr Regeln, desto mehr verfängt er sich in einem speziellen Gedankensystem.

    Dôgen steht eigentlich gerade für ein eher rigides, geregeltes Klosterleben. Die Texte, die ich nun hier einstelle, erscheinen ab jetzt weitgehend chronologisch, und Dôgen wurde in dieser Hinsicht mit zunehmenden Alter strenger. Da die Texte, wie ich im Buch noch schreiben werde, von verschiedenen Schülern zusammengestellt wurden, ist natürlich auch von deren eigenen Interpretationen bei der Wiedergabe auszugehen.

    Natürlich, im obigen Abschnitt wird ein "Ziel" definiert, nicht der Ausgangspunkt, wie er sich den meisten Schülern darstellen wird. Doch dieses "Ziel" wirft auch die Frage auf, ob das Mittel "Regel" das rechte ist. Nach meiner Auffassung ist Dôgens eigener Werdegang der beste Beleg dafür, dass man sich nicht auf Regelwerke (wie Vinaya) versteifen sollte. Dies wird u.U. zu einer Geisteskrankheit. Bei Dôgen zeigte sich diese in meinen Augen u.a. an seiner Kritik für mich wesentlicher Werke zum Verständnis des Zen, wie etwa am Vimalakirti-Sutra.

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  3. Namaste!

    Hallo GuiDo,
    ich denke der Satz "Er bedeutet, Sutren, Vinayas und Abhidharmas des Gautama abzuwerfen und die Melodie von fallenden Pflaumenblüten auf einer Eisenflöte zu spielen." impliziert, dass man zuvor Sutren, Vinayas und Abhidharmas "aufgenommen" haben muss, denn ohne aufnehmen kein abwerfen.

    Ikkyu war ja auch lange Zeit ein regel-konformer Mönch, bevor er begann, seinen WEG zu vollenden.
    Ich denke auch Deshimaru Roshi musste erst die Regel des Nicht-tötens annehmen um dann zu erkennen, dass es im Krieg so nicht laufen kann.

    Sicher gibt es Einzelfälle, wo die Annahme von Regeln einfach nur zur Versteifung führt - das sieht man m. E. vor allem bei westlichen Bhikkhus [und solchen die es sein wollen], wenn sie versuchen, ihre ca. 250 Regeln Europa-/Amerika-Konform zu leben.

    Im Sôtô-Zen kennen wir die 16 Regeln, von denen die ersten drei die Zufluchtnahme beinhalten. Dann kommen zu vorderst die Drei Zusammenstellungen der Reinen Gebote, also der Grundkonsenz. Die Jukai, also die Zehn Gewichtigen Verbote, kann man eigentlich als Ausformungen der Drei Zusammenstellungen der Reinen Gebote ansehen.
    So verstanden sehe ich eigentlich nicht die Problematik, dass diese wenigen Regeln den Schüler seiner Natürlichkeit berauben oder ihm gar schaden.

    < gasshô >

    Benkei

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