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Die Bodhidharma-Legenden

Wiki hat sie schön chronologisch zusammengestellt. Erst zur Zeit Dôgens wurde aus dem Sitzen Bodhidharmas vor der Wand ein neunjähriges. Dieses exzessive Zazen allerdings war hier der Ausdruck oder die Angewohnheit eines bereits Erleuchteten, denn Bodhidharma war ja bereits ein "bestätigt Erwachter", als er zum Shaolintempel kam (der Rückschluss, man müsse ausdauernd vor einer Wand hocken, um zu erwachen, ist auch deshalb unlogisch, weil ja schon Bodhidharmas Nachfolger Huike schlichtweg nach einem Dialog mit seinem Lehrer erwachte).

Interessant ist auch, dass zunächst das Lankavatara-Sutra, später dann (auch) das Diamantsutra von Bodhidharma an seinen Nachfolger weitergegeben worden sein soll. Es gibt einige umtriebige Buddhisten, wie Thich Nhat Hanh und den Macher von "Dark Zen", die nicht zuletzt deshalb dem Lankavatara-Sutra eine große Bedeutung beimessen (und zum Beispiel einen ständigen Streitpunkt, den Vegetarismus, damit begründen). Tatsächlich kann man sagen, welche wesentlichen Lehren, die dem historisch - auch in seiner bevorzugten Meditationsart - gar nicht dingfest machbaren Bodhidharma zugeschrieben werden, im Zen noch von Bedeutung sind. Red Pines Übersetzung (englisch) dieser klassischen Aussagen war hier wegweisend. Ein paar wesentliche Punkte, die dieser Bodhidharma herausstellt: Nicht äußeres Werk, sondern innere Entwicklung bringt weiter; wo die Sprache hinreicht, da ist nicht der (wahre) Geist; weder existiert der eigene Geist noch existiert er nicht.

Allein an diesen Thesen lässt sich schon aufzeigen, dass Bodhidharma das Lankavatarasutra lediglich als von ihm bereits überschrittene Spaßlektüre weitergegeben haben kann, denn darin finden sich solche unglaublich doktrinären Irrtümer wie diese (Übersetzung nach Golzin): "Wenn jemand schamlos Fleisch isst, wird er als Verrückter wiedergeboren" (oder sollten wir nun feststellen, dass also der Großteil der Menschheit verrückt ist?) und: "Der Fleischesser ist übelriechend, verächtlich und verrückt."

Man muss also zunächst den Unterschied in der spirituellen Erkenntnis eines legendären Bodhidharma und einer vom Palikanon infizierten Schrift erkennen. Im Zen des Westens werden immer wieder vergebliche Versuche gemacht, diese Einflüsse miteinander zu versöhnen. Diese geistig-geistlichen Rückschritte selbst von ansonsten intelligenten Menschen lassen mich immer wieder erblassen. Eine Wahrheit, die außerhalb von Schriften ist, kann nicht in demagogische Sätze gegossen werden. Und wenn es schon nicht einleuchtet, so wird spätestens die Erfahrung eines authentischen Erwachens den (engen) Rahmen eines solchen Sutras sprengen, so dass man selbst nicht mehr in der Lage ist, in eigenen Schriften einen solch dogmatischen Tenor weiterzugeben. Die zahllosen Wiederkäuer im Buddhismus tun jedoch genau dies. Um im Bild zu bleiben: Sie verdauen ihre buddhistische (Papierfaser-)Nahrung besonders gründlich, doch weil sie kein Fleisch vertragen, mangelt es ihnen an Bodhidharmas Mark.

Kommentare

  1. Namaste!

    Also ich mag weder die Argumentation der veganen-buddhistischen Moralisten, noch die strikt dagegenhaltende der tibetisch- oder zen-buddhistischen Fleischesser. [Tibetisch hier hauptsächlich bezogen auf Laien der Kagyüpa und der Nyingmapa, Zen auf Anhänger japanischer Traditionen.]

    Beide sind im Grunde genommen völlig haltlos.

    Die einen zitieren Sutras von denen sie wissen, dass Buddha sie in einem anderen Kontext dargelegt hat (indische Bronzezeit, wo Fleischkonsum ohnehin wohl eher der Elite vorbehalten war, und wo Vegetarismus eher die Norm war). Oder es werden Sutras (des Mahayana) zitiert, die erst Jahrhunderte nach Buddha verfasst worden sind, wobei diese wohl auch nicht mehr auf mündliche Überlieferung fußen (z. B. Lankavatara-Sutra oder Shurangama-Sutra).

    Die anderen rechtfertigen den Fleischkonsum entweder damit, dass sie die vorgenannten Argumente entkräften, oder damit, dass innerhalb des Vajrayana der Konsum von Fleisch sogar Teil gewisser Rituale ist.

    Beides im Grunde genommen nur Rechtfertigungsversuche, die eigenen Errungenschaften (das Leben ohne Fleisch hier, die Überzeugung trotz Fleischkonsum auf dem WEG voranzuschreiten dort) herauszustreichen oder die eigenen Leidenschaften (das Nicht-mögen von Fleisch oder die Gier nach Fleisch) zu kaschieren.

    Da höre ich mir lieber die wesentlich sinnvolleren Argumente von Medizinern oder Ökologen (Klimabilanz, CO²-Emmission) an - die kann ich nachvollziehen.

    Ich selbst habe meinen Fleischkonsum zurückgefahren und kaufe extrem selbten fleisch- oder fischige Produkte.

    Abschließend dann noch ein passendes Zitat:
    "Fleisch ist Futter für die Bestie!"

    < gasshô >

    Benkei

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  2. Lieber Benkei, ich habe kein Problem damit zu sagen, dass mir Fleisch, Wurstsorten, Fisch schmecken kann. Kommt im Wesentlichen auf die Zubereitung an. Ich habe aber auch nicht das Gefühl, daran zu haften. Bei meiner Verdauung - ich habe mal ein paar Jahre vegetarisch gelebt - hat sich die Ernährung mit Fleisch und Fisch nicht prinzipiell als nachteilig erwiesen (abgesehen von höherem Körpergewicht). Die ökologischen und medizinischen Argumente (Bluttfettwerte usf.) kann ich nachvollziehen. Aber ein Rechtfertigungsversuch ist gar nicht nötig, aus einem einfachen Grund: Es ist mir völlig wurscht (oder käse), welche Aussage man als des Buddhas wesentliche zu diesem Thema ansieht, denn ich glaube nicht, dass der Shakyamuni in jeder Hinsicht schlauer war als ich. Was die Sutren angeht, so zeigt sich nur, dass sie Widersprüche und Gedankenkrampf erzeugen können, wenn man nicht Maßstäbe aus sich selbst entwickeln lernt. Meiner ist, dass ein Schlachter, wenn er keinen Bock mehr hat, von mir verlangen darf, dass ich das Tier selbst töte und ggf. zubereite.

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  3. Hallo

    Ich habe in einem Buch mit Zen-Sprüchen einen Text gelesen, der Bodhidharma zugeschrieben wird. Titel "Der Eintritt in den Weg" bzw. über "4 Praktiken". Suche danach ihn online zu finden. Weiss Du wo der online zu finden ist? Sind überhaupt Texte von Bodhidharma erhalten, die von ihm stammen?

    Grüssle

    Barbara-Paraprem

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  4. Hallo Barbara, oben verlinkt ist das Buch von Red Pine, darin ist der von Dir gesuchte Text. Bei Theseus gab es eine deutsche Übersetzung, die antiquarisch noch (momentan recht teuer) zu haben ist. Das sind Texte, die "den Geist des frühen Chan" atmen, könnte man sagen. Sie stammen nicht von Bodhidharma, dem man überhaupt keinen Text sicher zuordnet. Seit Red Pine sein Buch schrieb, ist die Buddhologie ein bisschen schlauer geworden, was Bodhidharma angeht.

    Ich werde auf Details im Mai in diesem Blog eingehen, denn mit dem frühen Chan lässt sich so manche aktuelle Kritik am Buddhismus bereits ad absurdum führen und aufzeigen, worum es im Zen tatsächlich geht.

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