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Saikontan/Caigentan: Weisheiten eines Vegetariers (IX)

Ein Weiser sagte: „Was ich mal stolz als meins bezeichnete, gehört heute einem anderen. Ich frage mich, wer der nächste Besitzer von dem sein wird, was ich gerade besitze.“

Ein buddhistischer Heiliger sagte einst: „Der Schatten des Bambus, der im Wind zittert, fegt über die Tempelstufen, und doch wirbelt er den Staub nicht auf. Die Mondscheibe, die im See gespiegelt wird, dringt bis auf den Grund des Wassers, und doch hinterlässt sie keine Spuren in ihm.“

So wie ein Floß, das zum Überqueren eines Flusses benutzt wurde, am anderen Ufer zurückgelassen werden kann, so kann ein Leser, der die Wahrheit aus einem Buch erfahren hat, dieses Buch fortwerfen. Wer dies tut, ist ein wahrer Gelehrter. Wer sich jedoch nicht des Buddha in seinem Geist bewusst ist und Buddhas Bildnis anbetet, um seinen Geist zu reinigen, ist wie ein Narr, der auf einem Esel reitet und doch nach einem Esel sucht. So einer besitzt kein Verständnis der Wahrheit, auch wenn er vorgibt, ein Zen-Priester zu sein.

Das vollständige Auslöschen von Gedanken und Begierden ist der Geisteszustand, nach dem heutzutage fromme Schüler des Buddhismus am stärksten streben. Doch ihre Anstrengungen erweisen sich als fruchtlos. Dies ist der einzige Weg: Blicke nicht zurück auf die Vergangenheit, nimm nicht die Zukunft vorweg, aber nimm an, was immer dir die Gegenwart bietet, und strebe danach, es so gut du kannst wieder loszulassen. So erreichst du allmählich dein Ziel.

In einem buddhistischen Vers heißt es: „Das vollständige Verstehen der Wahrheit verwandelt einen ordinären Ort in ein Heiligtum.“

Nach einer Krankheit zu erkennen, welchen Schatz Gesundheit bedeutet, oder nach einem Krieg zu verstehen, welch grenzenloser Segen der Frieden ist – das ist keine Weitsicht. Doch zu wissen, dass die Suche nach Glück etwas Übles hervorbringen oder das Streben nach Langlebigkeit das Leben verkürzen kann – ist dies nicht ein Beispiel von Klarsicht?

Wenn der Geist frei von unreinen und verkommenen Gedanken ist, warum soll man dann Innenschau üben? Solch ein Prozess der Selbstuntersuchung, wie ihn der Buddha lehrte, verstört nur den Geist. Alle Dinge unter der Sonne sind ursprünglich ein und dasselbe in ihrer Wirklichkeit. Warum sollte man sie also identifizieren müssen? Und doch verweilt Zhuang Zi bei der Einheit von Gegensätzen. Dies ist ein nutzloser Versuch, eins in zwei zu teilen.

Für eine vollkommene natürliche Szenerie sind Dinge wie der Wind, der Mond, Blumen und Weidenbäume vonnöten. Auch der menschliche Geist ist nicht vollständig ohne Leidenschaft, Appetit und Geschmack. Nur muss der Mensch Meister und nicht Sklave seiner Emotionen sein und sie vernünftig und in Maßen handhaben.

Wenn wir uns still hinsetzen und keinen Gedanken hegen, können wir mit der Natur kommunizieren. Sehen wir eine Wolke am Horizont auftauchen, folgen wir ihrem Weg ins Blaue hinein. Hören wir Regen von der Dachrinne tropfen, fühlen wir unsere Brust gekühlt und gereinigt. Lauschen wir den zwitschernden Vögeln, werden uns ihre Lieder aufheitern. Sehen wir Blüten fallen, erkennen wir, dass alles Gedeihende nicht lange währen kann. Wenn wir so vertraut mit der Natur verkehren, welcher Flecken oder welches Objekt würde uns da nicht etwas über die Wahrheit lehren?

Wildes Gemüse wird nicht bewässert und gedüngt, doch sein Geschmack ist ausgesprochen köstlich. Wilde Vögel werden nicht gefüttert, aber ihr Fleisch mundet dem Gaumen wohl. Das Gleiche gilt für die, die sich unters gemeine Volk mischen und doch von dessen üblen Einflüssen unberührt bleiben. Ist deren Charakter nicht edel und inspirierend?

Von Gefühlen überwältigt, könnte eine unmoralische Frau zur Nonne werden. Von seinem Ehrgeiz enttäuscht, könnte ein schwärmerischer Mann seinen Weg ins Kloster finden. Heiligtümer werden so gelegentlich zu Verstecken für Lüsterne und Verdorbene.

Je weniger wir im Leben zu tun haben, desto höher mögen wir uns über die Welt erheben. Mit einem kleinen Freundeskreis sind wir weniger in die Gesellschaft verstrickt. Sparsam mit Worten, werden wir weniger Fehler machen und Missverständnisse erzeugen. Mit wenigen Gedanken und Sorgen verschwenden wir kaum unsere Energie. Den Sinnen geben wir nicht viel zu tun, dann wird uns unser Umfeld auch weniger stören. Und jeden Tag verringern wir den Umfang unserer Arbeit und damit die Fesseln unseres Lebens.

Mein Tee ist nichts Besonderes, aber ich habe genug davon in der Kanne …

 


 



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