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Thich Nhat Hanh und die Verstrickung vietnamesich-buddhistischer Mönche in Gewalt und Kommunismus

[Der folgende Antrag ging im Rahmen des Projektes "Grenzgänger" 2019 an die Robert-Bosch-Stiftung, die u.a. Recherchen in Vietnam förderte. Er wurde nicht angenommen, was angesichts der folgenden Corona-Paranoia recht egal war - eine Verwirklichung in 2020 wäre sowieso unmöglich gewesen. Vielleicht greift ja ein Journalist die Anregungen auf.] 

[Dieses Cover sah ich beim Warten in der Orthopädie im BPH, Pattaya, März 2021] 
 
Der buddhistische Lehrer Thich Nhat Hanh (fortan TNH), bürgerlich Nguyen Xuan Bao, darf als international angesehen gelten. Einst wurde er sogar von Martin Luther King für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Als Friedensaktivist hat er sich und seine Gemeinschaften (Order of Interbeing, Plum Village) erfolgreich etabliert. Seit den 60er Jahren wurden nicht nur etliche Ländereien und Immobilien erworben (in Deutschland vor einigen Jahren ein ehemaliges Militärgebäude, das zum Seminarzentrum EIAB ausgebaut wurde), sondern auch umsatzstarke Titel sowohl zu buddhistischen Sachthemen als auch im Bereich des Wohlfühl- und Glücksbuddhismus weltweit vermarktet. Selbst der gegenwärtige Papst lud die enge Vertraute Chan Khong (anstelle des damals durch einen Schlaganfall verhinderten TNH) zu einer Versammlung von Vertretern der Weltreligionen ein. Auf Wikipedia wird versucht, ein einstimmiges Bild über den Lehrer zu vermitteln, wobei dort bereits der Bezug auf Quellen auffällt, die sich auffallend oft auf Eigenaussagen TNHs bzw. seiner Gemeinschaften berufen. Es gibt bisher weniger kritische Auseinandersetzung mit ihm als etwa mit dem Dalai Lama.

Bei meiner Verlagstätigkeit mit dem Schwerpunkt Zen-Buddhismus sind mir Werke von TNH aufgefallen. Meine anfängliche Skepsis beruhte auf offensichtlichen inhaltlichen Diskrepanzen zur ostasiatischen Zen- oder Chan-Tradition. Durch Fachlektüre (wie Zen in Medieval Vietnam) lernte ich jedoch, dass es eine vietnamesische Zen (dort: Thien)-Tradition schon seit einigen hundert Jahren nicht mehr gibt, sondern unter diesem Namen nur noch eine Mischform verschiedener Traditionen firmiert. Insoweit erklärten sich für mich auch die inhaltlichen und praktischen Abweichungen. 

Im weiteren Verlauf jedoch ergaben sich drastischere Widersprüche, etwa im Verhalten TNHs zu den von ihm selbst reformierten klassischen Ordensregeln (wozu etwa seine finanzielle Beteiligung an der EIAB gehört). Erste Recherchen haben bisher Folgendes ergeben:

-          durch offiziell einsehbare Dokumente des CIA aus dem Vietnamkrieg ist eine beratende Beziehung von TNH zum Anführer von Aufständen gegen das Diem-Regime, Thich Tri Quang, belegt

-          durch Belege des französischen Grundbuchamtes ist belegt, dass Teile des Plum Village-Besitzes auf einzelne Vietnamesen (statt auf die Gemeinschaft) eingetragen sind

-          durch die von Plum Village gesandten Dokumente ist keine in der Tradition übliche, nachvollziehbare Bestätigung von TNH als buddhistischer Meister möglich (diese wird auch vom Religionswissenschaftler Charles Prebish bezweifelt)

-          verschiedene historische Begebenheiten deuten neben einer Politisierung auch auf eine Instrumentalisierung von Gewalt durch Buddhisten in ihrem Kampf gegen bestimmte Machthaber Vietnams hin (etwas die Selbstverbrennung einer Glaubensschwester TNHs kurz vor der TET-Offensive)

-          [... /Frage der familiär-genetischen Nachkommenschaft nach weiteren Hinweisen aus der vietn. Community aufgeworfen]

-          nach Angaben aus dieser Exilgemeinde werden viele führende vietnamesische Lehrer im Ausland von der KP Vietnams geschult und zur Kontrolle der Auslandsvietnamesen eingesetzt; TNH gilt diesen als ehemaliger Vietcong-Freund, und die Auseinandersetzungen mit der dortigen Regierung werden als tarnende Scheingefechte angeführt (ein Beispiel: Nachdem 2008 seine Gemeinschaft  für die Abschaffung des Kommunismus in Vietnam plädiert hatte und daraufhin ein von ihm initiierter Tempel in Bhat Nha geräumt wurde, war es seinen Anhängern doch vor einiger Zeit möglich, ihn in seinen angestammten Tempel bei Hue zum Sterben zurückzubringen)

-          Vietnamesen zitieren Quellen in ihrer Landessprache, die die Verwicklung buddhistischer Mönche auch in das Massaker von Hue (wo sogar deutsche Ärzte zu Tode kamen) belegen und die berühmte Selbstverbrennung Thich Quang Ducs, die als Protest gegen das den USA genehme Regime vermarktet wurde, als Tat der KP entlarven (so der damalige Polizeichef von Hue, Major Lien Tanh, in seinem in den USA veröffentlichten Buch)

-          die Verharmlosung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs innerhalb buddhistischer Einrichtungen in und um Frankfurt durch mangelnde Ordensreglementierung anderer hochrangiger vietnamesischer Äbte, die von der Exilgemeinde ebenfalls ihrer KP-Nähe verdächtigt werden (diesen Fall griff verspätet der SPIEGEL auf, ohne jedoch tief genug recherchiert zu haben) 

Einen Sinneswandel hat TNH nie dokumentiert, so dass die Hinweise und Belege, die hier zusammengetragen wurden, dem gängigen Bild dieses Lehrers widersprechen. Tatsächlich hat er ein millionenschweres Immobilien- und Verlagswesen aufgebaut, in dem er sich eine Deutungshoheit über buddhistische Inhalte vorbehielt (etwa die Ordination seiner Vertrauten Chan Khong durch ihn selbst, die nach Ordensregeln von einer bereits bestehenden weiblichen Gemeinschaft hätte vorgenommen werden müssen). Die Tatsache, dass diese Widersprüche nicht diskutiert oder beantwortet wurden und TNH bisher also von westlichen Autoren kaum kritisch eingeordnet ist, erhärtet den Verdacht, dass hinter seiner öffentlichen Fassade eine hochgradig effiziente und geschulte PR-Maschinerie steckt. Da von den USA ausgehend sogar Versuche unternommen werden, einige der Mittäterschaft an KP-Verbrechen verdächtige Mönche vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu bringen, ist dieses Thema ernst zu nehmen.

Grenzüberschreitend ist bei diesem Projekt also vieles: Zum einen waren es möglicherweise die verwerflichen Taten von (vorgeblichen) Mönchen während des Vietnamkrieges selbst, zum anderen sind es ihre – teils noch mutmaßlichen – Auswirkungen über die Landesgrenzen Vietnams hinaus (bis hin zu deutschen Kriegsopfern), ihre vielleicht auch ideologische Kontrolle der vietnamesischen Diaspora. TNH könnte sich hier als exemplarisch erweisen. Die Recherchen sollen aber nicht nur klären, ob die genannten Zweifel handfest zu untermauern sind, sondern auch, was es dann bedeutete, wenn ein so genannter „Zen-Meister“ als Projektionsfläche des Friedens mit all dem davonkommen könnte, und ob wir uns nicht auch bei anderen Religionen als dem Islam achtsamer fragen müssen, wer sie in wessen Auftrag bei uns vertritt.

Wegen der Sensibilität des Themas wäre darauf zu achten, dass dieses Projekt im Falle einer Förderung erst nach Fertigstellung weiteren Kreisen bekannt gemacht wird. In Vietnam ist mit ständiger Beschattung zu rechnen, ich habe damit einschlägige Erfahrung in kommunistischen Ländern. Da ich nicht die festgelegten Sätze für Übernachtungen etc. in Anspruch nehme – ich esse und übernachte in der Regel kostengünstiger als mit den Pauschalen angesetzt –, denke ich, von der Differenz den wahrscheinlich vor Ort nötigen Personenschutz bezahlen zu können.

 

Kommentare

  1. Wer welche Interessen von wem vertritt ist wahrscheinlich in vielen Fällen unklar. meistends Der Globale wie Regionale Lobbyismus kennt keine Religions oder Politisch-Wirtschaftliche Grenzen. Von daher, Prüfe bevor du dich bindest.....
    Patrick

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