"... rät Nagarjuna dem König, Prostituierte arbeiten zu lassen, um jene zufrieden zu stellen, die nach Befriedigung ihrer sexuellen Lust suchen. (...) Diesen Rat untermauert Nagarjuna mit Hinweis auf den Buddha selbst, der in einem früheren Leben einmal achtzigtausend Prostituierte in sein Land lud. (...)
[Jeffrey Hopkins: Nagarjunas Juwelenkette. München 2006]
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Um bei künftigen Diskussionen auf einen grundlegenden Beitrag verweisen zu können, führe ich nun meine Gedanken zur Ethik im Umgang mit Prostitution aus. In Foren begegnet man in der Regel nur anonymisierten Vorwürfen, die sich bestimmter Sprechblasen und Klischees bedienen und für mich nur noch „postfeministisch“ klingen. Es ist mühsam, daraufhin jedes Mal einen Aufklärungsversuch zu starten, zumal Erwachsene sich häufig als unbelehrbar zeigen.
Die Ähnlichkeit von heterosexueller Prostitution (auf die ich mich hier weitgehend beschränken will) zur Ehe wurde insbesondere von marxistisch inspirierten Sexualwissenschaftlern wie Ernest Borneman hervorgehoben: Es gibt auch in der Ehe häufig einen finanziellen (Versorgungs-)Anspruch, und bei Nicht-Erfüllung kann sich die Ehefrau schon mal sexuell verweigern. Die Tatsache der Verbreitung der Prostitution auch in Deutschland deutet darauf hin, dass die Ehe allein nicht in der Lage ist, die sexuellen Bedürfnisse von Männern zu befriedigen. Aus eigener Erfahrung und Gesprächen weiß ich sicher, dass es bei Weitem nicht nur Singles zu Huren zieht. Da ich mich auf die Prostitution IN Thailand konzentriere, muss für diese Gesellschaft noch herausgehoben werden, dass bei der Eheschließung die Entrichtung eines Brautpreises erwartet wird. Dieser beläuft sich je nach Herkunft, Bildung und Vorgeschichte der Frau auf einen Betrag von ca. 30.000 Baht (knapp 1.000 Euro) bis in ungeahnte Dimensionen: Eine TV-Moderatorin schlug in ihrem Liebesratgeber ein Minimum von einer halben Million Baht für studierte Frauen aus gutem Haus vor, das sind ca. 14.000 Euro. Der Brautpreis geht an die Eltern der Frau und soll die Kosten der Hochzeitsfeier decken (wobei dort von Gästen auch Geldgeschenke erwartet werden), einen Ausgleich für hier nicht im gleichen Maß wie bei uns vorhandene Alterssicherung bzw. den Erziehungsaufwand darstellen, aber auch in Teilen in Notlagen von der Braut abrufbar sein (was sich in Ehen von Ausländern mit Thais in der Regel als utopisch erwiesen hat).
In Thailand ist es seit langer Zeit und noch immer relativ verbreitet, dass sich Männer „mia nois“ (kleine Ehefrauen) als Geliebte nehmen. Dies können durchaus Professionelle sein, die finanziell ausgehalten werden. Trotz eines Verbotes der Prostitution seit den 60er-Jahren (davor war sie legal) oder etwa des Verkaufes von Sextoys (beides ist momentan Gegenstand von progressiven Gesetzesinitiativen) herrscht in Thailand eine große Toleranz für dieses Geschäft. Eigentlich illegale Angebote werden durch offizielle oder inoffizielle Abgaben an Behörden und Polizei aufrecht erhalten.[i] Für den Freier ist das Nutzen solcher Angebote legal, wenn die Prostitution nicht in einem geschlossenen Bordell stattfindet und die Hure mindestens achtzehn Jahre alt ist.
I. Prostitution als Dienstleistung
Für das Verständnis der Freudenmädchen oder „professional girlfriends“, wie sie eine Akademikerin in einer neueren Studie nennt, ist es unabdingbar, zunächst zu begreifen, dass es sich bei ihrem Job um eine Dienstleistung handelt und sie diesen in aller Regel auch so begreifen. Das heißt, das sie auf die Uhr achten und nur für eine bestimmte ausgemachte Zeit („short time“ bedeutet momentan ca. eine Stunde) sich dem Freier widmen, oder eben so lange, bis er zum Höhepunkt gekommen ist. Viele melden sich danach nicht von sich aus, sondern warten ein weiteres Interesse des Freiers, das sich heutzutage meist über Apps wie den Messenger oder Line äußert, ab. Manche bleiben auch „am Ball“, zumal in Zeiten des Lockdowns, wo die Auswahl an Freiern selbst in der ehemaligen Hochsaison knapp ist. Wenn die Hure weitere Dinge vom Freier erwartet über den vereinbarten Preis hinaus, so sind diese meist materieller Art. Weitergehende Gefühle versagt sie sich. In den Fällen, wo dies anders ist, möchte die Hure möglicherweise einen Partner auf Dauer oder Ehemann finden. Meist sind daran finanzielle Hoffnungen geknüpft. Das gilt auch, wenn die Hure mehr verdient als der Freier.
Die Hure verlangt in Pattaya als Freelancerin heute meist 1.000 Baht (ca. 27 Euro) für eine Stunde Aufenthalt im Zimmer des Freiers. Damit erhält sie etwa das Dreifache des gesetzlichen Mindestlohnes in einem Achtel der Arbeitszeit. Bezieht man An- und Abfahrt und die diesbezüglichen, oft separat eingeforderten Transportkosten mit ein, ist der Aufwand pro Freier auf ca. 2 Stunden, der Gewinn auf mind. 800 Baht zu beziffern, für die keine Steuern bezahlt werden. Das ist immer noch gut das Doppelte des täglichen Mindestlohnes. Vielen Frauen ist es körperlich und seelisch möglich, vier Kunden am Tag aufzusuchen, so dass bei geschickter Planung in 8 Std. Aufwand (bei 4 Std. tatsächlicher Arbeit) ein täglicher Profit von 3.200 Baht möglich ist, das Zehnfache des Mindestlohnes bei 8 Std. minderqualifizierter Arbeit auf dem Bau oder im Supermarkt. Höhere Margen erzielen die Tänzerinnen in Gogo-Bars, je nachdem, wie viel Einsatz und Haut sie dort zeigen, durch ein Grundgehalt, Beteiligung an spendierten „Ladies Drinks“ sowie ggf. an der Barfine, der Auslöse, wenn sie jemand mitnimmt, sowie den dann üblichen Stundentarifen von inzwischen 3.000 Baht (ca. 80 Euro).
Bei meinen Überlegungen zur gerechten Entlohnung einer Dienstleistung, die bedingt, dass man (zunächst) Fremde in den eigenen Körper eindringen lässt (in der Praxis ist etlichen, insbesondere älteren Kunden jedoch der Handbetrieb genug), habe ich vor Jahrzehnten schon durchschnittliche Preise in anderen Hotspots der internationalen Prostitution, etwa auf den Philippinen und in Brasilien, eruiert. Ich kam zum Schluss, dass im Schnitt das 5-10-fache des Mindestlohnes als adäquat gilt. Damit spielt sich das Geschäft meist in einer Marge ab, die ich auch noch für den letzten CEO eines noch so großen Unternehmens für angemessen halte.
Die Überlegung beim CEO ist folgende: Doppelt so viele Arbeitsstunden (16 statt 8) bedeutet 2 x so viel Lohn; Wochenendarbeit und verlorene Zeit durch Studium 3 x, Qualifikation 4 x, ggf. zusätzliche Risiken durch Anfeindungen, Anschläge, Kidnapping 5 x so viel Lohn. Das kann bis auf 10 x so viel wie der Mindestlohn verdoppelt werden, da die Arbeit des CEO als besonders gefährlich, besonders herausragend usf. gewertet werden möge. Damit wäre der realistische und vernünftige Höchstlohn eines Jeden in Deutschland (ähnliche Überlegungen kann man für Musik-, Film- und Sportstars etc. anstellen) auf das Zehnfache des Mindestlohnes anzusetzen. Mehr sollte auch eine Prostituierte nicht verlangen. Das o.g. Einkommen einer Hure ist demnach, da sie nur eine begrenzte Zeit von vlt. zwei Dekaden ihrer Arbeit nachgehen kann und eine Altersversorgung eingepreist werden muss, für ihre Dienstleistung angemessen. Sie geht besondere gesundheitliche Risiken ein, auch wenn es ihr oft an Bildung, Arbeitszeit und ggf. auch Professionalität mangelt (es gibt nicht wenige Frauen, die mit ungewaschenen Haaren, ungeputzten Zähnen, mangelnder Bereitschaft zu Sexualpraktiken aktiv sind). Tatsächlich verlangen viele Huren also Wucherpreise, so wie CEOs sich schamlos überbezahlen lassen und dafür jeweils ihre Gründe anführen.
Der Austausch dieses Geldes gegen eine solche Dienstleistung ist also in meinen Augen bis zu einer gewissen Grenze fair. Darüber hinaus ist wenig vorstellbar, was höhere Forderungen der Frau rechtfertigen würde, mit Ausnahme gewisser leidvoller Praktiken wie Analsex, Flagellation usf.
Dass dieses Geschäft auf der anderen Seite vor
allem der Triebabfuhr und dem Lustgewinn dient, wird von der Hure akzeptiert.
Es ist in einer Beziehung nicht viel anders und kann darum nicht als
moralisches Argument dienen. Die Hure schafft einen Mangel ab, den die Nicht-Hure
nicht bereit ist zu beseitigen, oder der durch die Langeweile der Gewöhnung in
Beziehungen zu erwarten ist. Asketische Forderungen zum Zwecke einer
Nicht-Verletzung eines „Bundes“ oder „Paktes“ mögen zwar religiösen Idealen
entsprechen, strafen aber meist Gedanken und körperlichen Bedürfnissen Lügen.
Umgekehrt sind die Moralisten zu fragen, warum sie von ihren Partnern
selbstsüchtig Treue fordern, wo sie doch auch teilen könnten. Bei der Abwägung
der moralischen Güter dieser Loyalität, die ja erhalten bleiben kann, und dem
„Freigeben“ des anderen ist letztere Tugend als die höhere anzusehen.
Die Prostituierten entstammen den unterschiedlichsten Verhältnissen. Von den Top 10 meiner ersten vier Jahre in Thailand war eine Frau nach Heirat mit einem Thai sofort in der Lage, einen Fabrikjob anzunehmen, eine andere finanzierte vor allem ihre Sucht nach Luxusartikeln, zwei weitere ihre Drogen- und Spielsucht (sie hätten bei fast nicht vorhandener Arbeitslosigkeit zumindest auf dem Bau arbeiten können, was später die eine auch tat). Ich habe mehrere Studentinnen angetroffen, einige waren noch an Unis aktiv, andere hatten ihr Studium für den Job als Hure an den Nagel gehängt. Einmal begegnete ich der Tochter einer in Schieflage geratenen Latex-Dynastie. Dennoch bleibt die Armut ein wesentlicher Faktor. Jedoch auch die Bequemlichkeit. Geld - statt es für eine Dienstleistung auszugeben - einfach zu verschenken, ohne irgendetwas dafür zu verlangen, ändert an der Prostitution meist nichts: Ich habe mehrfach mit Frauen Sex gehabt, die aus dem Ausland von Verehrern hinreichend Geld zum Leben bekamen, damit sie nicht mehr in dem Gewerbe arbeiteteten. Jene Nachfahrin der Latex-Dynastie stand kurz vor der Eheschließung mit einem Ausländer. Das Argument ist immer gleich: "Warum soll ich dein Geld nicht noch mitnehmen?" Zudem ruinieren solche freigebigen Geschenke nicht zuletzt einen nötigen Rest von Arbeitsmoral.
II. Die Bereitschaft zum Geben
Für den Freier dürfte die von mir an anderer Stelle als wesentliche Zen-Tugend seit frühesten Tagen herausgearbeitete Gebefreudigkeit die wesentliche Praxis darstellen. Es handelt sich NICHT um das sinnlose Entrichten von zusätzlichen Trinkgeldern, das Shoppen mit Huren usw., sondern um die Bereitschaft, beim sexuellen Akt nicht nur die eigene Befriedigung zu suchen. Aus Gründen der Diskretion, die die thailändische Moral eher gebietet als die unsrige, kann ich hier nicht allzu sehr ins Detail gehen. Durch den Einsatz seines ganzen Körpers – und nicht nur des Penis – und diverser Hilfsmittel kann der Freier jedoch die Erfahrung machen, dass die meisten thailändischen Freudenmädchen orgasmusfähig sind. Dies widerspricht alten westlichen Erkenntnissen zu Prostituierten, die die Mehrheit für frigide hielt. Im Einzelfall ist zu klären, ob die Frau womöglich eine solche Erregung gar nicht wünscht, weil es ihr die Arbeit erschwert. Ansonsten wird man feststellen, dass üblicherweise für den eigenen Einsatz keine Rabatte gewährt werden. Ich habe einmal die illegal durch einen Inder angefertigten pornografischen Aufnahmen von einer Thai auf einem deutschen Sexserver löschen lassen, was sie zunächst erstaunte, dann erfreute, aber zu keinem weiteren finanziellen oder sexuellen Entgegenkommen führte. Die thailändische Hure ist von sich aus in der Regel ganz aufs Geschäft konzentriert und in der Lage, dies mit einer gewissen grundlegenden Gefühlskälte zu vollziehen. Jeden zusätzlichen Genuss nimmt sie oft gern an. Zudem zieht die Prostitution überall auch aufgrund ihrer Margen überproportional viel kriminelle Energie an. Die Hure ist hier also mindestens so oft Täterin wie Opfer.
Die zweite Form des Gebens geht über die Natur dieser Dienstleistung hinaus. Hierbei kann man Frauen, mit denen man zunehmend vertraut ist, in persönlichen Gesprächen Alternativen zu ihrem Beruf aufzeigen oder ihnen ihre Motivation bewusster machen. Man wird so auch über familiäre und biografische Hintergründe informiert. Die Vertrautheit zu diesen Huren ist überraschend schnell herzustellen, was an der grundsätzlichen Lockerheit und Toleranz der Thais liegt, wie auch an ihrer Lebensmaxime des Genusses („sanuk“). Dem entgegen steht eine allgemeine Oberflächlichkeit, bei der „zu viel (Nach)Denken“ eher verpönt sind. Mit dem eigenen Lebensstil und der eigenen Philosophie kann dennoch über längere Zeit ein Interesse mancher Frauen festgestellt werden, die Dinge einmal anders anzugehen.
Eine weitere Form des Gebens besteht darin, die Bedürftigsten unter den bevorzugten Freudenmädchen auszumachen und etwa ihren Kindern direkte Unterstützung zukommen zu lassen, in Form von Kleidung, Süßigkeiten, Schulmaterial, Medizin usf., und um zu verhindern, dass das Geld von der Mutter in Drogen, Alkohol, Zockerei umgesetzt wird, oder gar nach Festnahme bei der Polizei landet.
III. Die Übung des Loslassens
Aus den oben genannten Gründen wird es dem Freier möglich sein, sich bei zahlreichen Gelegenheiten im Loslassen zu üben. Weder kann er von Huren prinzipiell Dankbarkeit in Form von Rabatten auf ihre Dienstleisung noch romantische Gefühle erwarten. Der Freier, der sich im Geben übt, wird dies ohne weitere Erwartungen tun müssen, und er wird selbst am glücklichsten sein, wenn er, sobald die Hure sein Zimmer verlässt, zu seinen anderen Alltagsgeschäften übergeht, so wie sie es auch tun wird. Der Freier tut gut daran, das Verhalten der Hure zu „spiegeln“, also wie sie eine möglichst große Auswahl an Freudenmädchen zu organisieren, damit er nicht auf dem Trockenen sitzt, wenn eine ihre Tage hat, nach Hause zu den Eltern fährt, von Stammfreiern längere Zeit belegt wird, von Superspendern mit Geld überschüttet, ihren Rausch ausschläft usw. Der Freier muss seine eigene Austauschbarkeit (an)erkennen und kann sich entsprechend selbst austoben. Die Folge könnte sein, dass er sich zwar, wie eine Studie für feste Beziehungen herausfand, ebenfalls nicht glücklicher fühlt, wenn er eine bestimmte Frau mehr als einmal pro Woche zum Sex trifft. Doch da er die Frauen wechselt, kann er mehrmals die Woche den gleichen Spaß haben. Dies bedeutet, auch umso öfter sich jeweils wieder im Loslassen zu üben, denn nicht selten wird die Zuneigung zu einem Freudenmädchen zu Wünschen dauerhafterer Verbindung führen, die aus diversen Gründen nicht machbar sind (unrealistische finanzielle Forderungen, bestehende Partnerschaften der Frau zu Thais usw.).
Es ist wichtig für den Freier, nicht aus den Augen zu verlieren, dass Frauen, die diese Dienstleistung nicht anbieten (und sogar einige unter diesen, weshalb stets der Einzelfall zu betrachten ist), ihre Sexpartner durchaus nicht als austauschbar ansehen werden. Die thailändische Gesellschaft kennt zwar eine breite Grauzone, jedoch sollte man nicht die Fähigkeit einer Thai zur Monogamie, Loyalität und sogar romantischen Liebe für unmöglich halten und an ihrem Sinn für Anstand zweifeln. Die Verallgemeinerungen, die viele Ausländer über die Thai-Frau an sich äußern, entstammen meist dem Umstand ihrer begrenzten Erfahrung mit käuflichen Frauen und einem nicht vorhandenen Konzept jenes von mir titulierten „Übungsfeldes“.
IV. Nicht-Werten und Im-Jetzt-Sein
Im Kommentar zur Großen Vollkommenheit (chin. Dayuanman xinzhongxin jiangyi) heißt es: „Die Quintessenz der Großen Vollkommenheit liegt in der Sichtweise (ch. jian) und Meditation (chin. xiu). Mit Sichtweise ist hier die ursprüngliche Reinheit (chin. benjing) des plötzlichen Abschneidens (chin. dunduan) gemeint, mit Meditation das spontane Erlangen und Überschreiten (chin. renyun).“
In der Begegnung mit Freudenmädchen kann das vorurteilsfreie Nicht-Werten geübt werden. Da Verabredungen oft „blind“ erfolgen, also die Frau nur über zuweilen geschönte Bilder in einer App bekannt ist oder doch zumindest nur in ihrem bekleideten Zustand, kommt es gelegentlich zu ästhetisch-unangenehmen Überraschungen. Einige Frauen zeigen deutliche Schwangerschaftsspuren – schlaffe Brüste, vernarbte Bäuche usw. –, Unfallnarben oder großflächige hässliche Tattoos. Wer dabei gelassen bleibt und das o.g. Programm durchzieht, kann der Frau ein Gefühl des Begehrtseins dennoch vermitteln. Dies muss jeder mit seinen eigenen Grenzen ausloten. Wenn es nicht möglich ist, sollte zumindest die An- und Abreise und ein kleines Trinkgeld fürs Kommen entrichtet und eine mitfühlende Wortwahl gefunden werden. Beim Sex selbst übt man sich in der Konzentration auf das, was einen ursprünglich an der Frau anzog. Auch in diesem Sinne wird man selbst zu einem „professionellen Freier“.
Gelegentlich empfinden Männer eine leichte nach-orgasmische Depression, die bei gekauftem Sex verbreiteter sein soll. Die Zen-Übung soll jedoch zu einem festen Verankertsein im Hier-und-Jetzt führen. Dies ist keine Floskel. Wird beim Sex an nichts anderes gedacht, ist also die Konzentration auf das gegenwärtige Treiben vollkommen, dann geschieht weder währenddessen noch in der nach-orgasmischen Gegenwart eine (Ab-)Wertung – ob man sich dabei noch dem Nachklang des guten Gefühls hingibt, sich duscht oder anderen Dingen zuwendet. Es besteht keine Notwendigkeit, aus der Gegenwart durch Zweifel herauszufallen, und weil nur Gegenwart ist, kein Bedarf, über die Vergänglichkeit der Lust zu spekulieren, da auch die Nicht-Lust bereits als vergänglich erkannt wurde. An der Grundkonstellation des Daseins ändert sich nichts. So kann die Selbstvergessenheit beim Sex gelegentlich zu ähnlich starken Eindrücken der Entgrenzung führen wie die Selbst-Schau (jap. kensho), die ein Gewahrwerden des Nicht-Selbst ist. Der Sex wird so zu einer umfassenden spirituellen Übung, und die Begleiterscheinungen des käuflichen Sexes erfordern eine Ausdehnung dieser Übung auf die oben genannten Tugenden.
V. Dankbarkeit
Wir bekommen im Allgemeinen weniger Sex, als wir wünschen oder unser Körper bereit ist, zu geben. Dankbarkeit gebührt denjenigen, die diesem Mangel abhelfen.
[i] Der Betreiber eines DVD-Verkaufs mit nicht-lizenzierten Filmen erzählte mir einmal, dass er an fünf verschiedene Behörden, offenbar vom Zoll bis zur Wasserschutzpolizei, monatlich einen Obulus zu entrichten hätte. Dies bestätigte ein anderer, der Automaten mit Greifarmen betrieb, aus denen man sich Spielzeug fischen kann – ein Glücksspiel, das ebenfalls nicht ohne Weiteres erlaubt ist (in Thailand sind auch Webseiten von deutschen Lotterien und Fußballwettbüros blockiert).
Der Traum eines Schürzenjägers ... (Copyright: Keller)
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