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7 Tipps, um den eigenen Geist offener zu gestalten

"Das Kennzeichen einer erstklassigen Intelligenz ist die Fähigkeit, zwei gegenteilige Ansichten zur gleichen Zeit im Geist aufrecht zu erhalten und dabei immer noch zu funktionieren." 

[E. L. Doctorow: Creationists. Random House 2006]

Im Anschluss an den letzten Beitrag möchte ich gemeinsam mit den Autoren noch auf eine Methode des amerikanischen Geheimdienstes hinweisen, die für die Schulung des eigenen Geistes hin zu Offenheit und Verständnis gegenüber anderen empfohlen wird. Diese Offenheit ist auch, wie wir letzte Woche lernten, Kennzeichen eines "erwachten" Geistes. 

1. Identifiziere deine eigenen Ansichten und erkenne, dass sie auf Vorurteilen beruhen.

2. Vervollkommne deine Fähigkeit, alternative Standpunkte einzunehmen.

3. Gehe nicht davon aus, dass die andere Person so denken oder handeln wird wie du.

4. Stell dir vor, dass die Ansicht, die du gegenwärtig vertrittst, falsch ist, und entwickle dann Argumente dafür, warum dies so sein könnte. Dies hilft dir, die Grenzen deiner eigenen Anschauungen zu erkennen.

5. Probiere die Anschauungen anderer Menschen aus, indem du tatsächlich nach ihnen handelst.

6. Spiel des Teufels Advokat, indem du den Standpunkt der Minderheit annimmst. Dies hilft dir zu erkennen, wie alternative Sichtweisen die Welt in einem anderen Licht erscheinen lassen.

7. Interagiere mit Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Glaubenssätze.

[siehe R. Heuer: "Psychology of Intelligence Analysis". CIA 1999]


Kommentare

  1. Wundervoll!

    Beisteuern möchte ich ein Haiku:

    Der Sitzkreis wärmt sich am Tee
    Erwartungsvoller Blick auf den Erleuchteten
    Belehrung von der Aufrichtigkeit im Betrug
    Nur noch ein Stückchen Ich muss dort weg
    Dann hast du es geschafft
    Und dieses 'dort'
    Es ist das ganze Ich

    Gassho

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  2. Sollte der amerikanischen Geheimdienst wirklich diese Methoden praktizieren ist es ein Beispiel mehr wie ALLES für Macht/Missbraucht benutzt wird bzw.werden kann.

    Die daraus resultierenen Handlungen werden auch für die Handelnden irgendwann entsprechende Auswirkungen haben.


    Der Tee erwärmt sich am Sitzkreis
    Der Blick Erleuchtet die Erwartung
    Aufrichtigkeit belehrt die Unwissenheit
    Die Ichs fallen weg
    Hast Du diese verloren
    Erwärmt die Erleuchtung die Belehrung

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  3. Hallo!

    Zu diesen Übungen fällt mir eine Frage ein.
    In manchen buddhistischen Schriften wird das Problem der "Zweifelssucht" diskutiert. Für mich als Naturwissenschaftler ist das äußerst befremdlich, denn in dieser Disziplin sind Zeifel kein Problem. Im Zweifelsfall macht man sich mit den Fakten vertraut und beurteilt eine Aussage als wahr, falsch oder nicht eindeutig zu beantworten.
    Ist das "Problem" der Zweifelssucht etwa in den Buddhismus gekommen, um die Autorität der Lehrer zu stützen?

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    1. So ehe ich es auch. Mit solchen Passagen schützt sich eine Religion vor Selbstkritik.
      Der Buddhismus, zumindest Zen, kennt auch den "großen Zweifel", der einen zur Suche nach der eigenen Natur treibt, und zumindest kann es hilfreich sein, in große Verwirrung bzgl. der eigenen gedanklichen Konzepte gestürzt zu werden, damit Platz für eine neue Sicht wird.

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  4. Danke für deine Antwort!

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  5. "Ist das "Problem" der Zweifelssucht etwa in den Buddhismus gekommen, um die Autorität der Lehrer zu stützen?"

    Für mich ist diese Zweifelssucht genau die vitale Eigenschaft am Zen, die ich in unserer Naturwissenschaft vermisse. Was haben wir denn gemacht mit unseren Abstraktionen über das Unfassbare in der Wissenschaft, wie etwa die Unendlichkeit? Wir haben sie unausgekocht gelassen und einfach neue Abstraktionen eingeführt, die erstaunlich gut (für uns) funktionieren! Man denke an die transzendenten Zahlen (pi, e), und Einstein hätte ohne die hemdsärmelige Approximation des gegenwärtigen Augenblickes (c als 'Konstante') niemals ausdrücken können, dass alle Dinge sich gegenseitig bedingen, also relativ sind. Einstein suchte selbst nach seinem großen Schiss noch die Weltformel. Warum nur? Weil c alles und nichts erklärt.

    Die Akzeptanz dieser Zweifel und die Arbeit mit ihnen brachte erstaunliches hervor.
    Diese Zweifel sind so wichtig, sie sind der Brennstoff unseres Motors. Diese Zweifel finde ich nicht an unseren Universitäten.

    Es lebe der Zweifel.

    Deshalb brauche ich keinen Meister, mit Ausnahme meiner eigenen Beschränktheit. Weil diese in ihrem Raum genügend Platz für die Beschränktheit meiner Mitmenschen bietet, ist sie für mich wesentlich gesünder, als die blinde Akzeptanz einiger 'Meister' - seien diese Blogger, Zenmönche vergangener Zeiten oder lebende Guruschnurris - zu akzeptieren, die über jeglichen Zweifel erhaben sind, und einfach, wie eben viele andere auf 'dem Weg', ihren Scheiß irgendwann selbst glauben. Zweifelsfrei.

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