Shikantaza
Hier wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass man Dôgen Zenji auch anders verstehen kann, ja verstehen sollte, als es die Sôtô-Schule gemeinhin tut und viele von ihren Mitgliedern in Deutschland. Im neuen Buch von Steven Heine (Dogen and Soto Zen, Oxford 2015) findet sich der Aufsatz "Dogen’s Use of Rujing’s ‘Just Sit’ (shikan taza) and Other Koans” von T. Griffith Foulk, den der Herausgeber folgendermaßen zusammenfasst:
"Eine zentrale These dieses Kapitels ist, dass Dogen tatsächlich nicht die Art von Zazen lehrte (oder sich auch nur ausdachte), die ihm von modernen Soto-Gelehrten und Zen-Lehrern gemeinhin als Shikantaza zugewiesen wird. Foulk analysiert im Detail, dass Dogens Anweisungen fürs Zazen diesen Ausdruck nicht verwenden und auch keine Methode empfehlen, die sich mit dem deckt, was heutige Forscher über Nur-Sitzen sagen."
Foulk zeigt vielmehr auf, dass Dôgen "Nur-Sitzen" als Kôan verstand. Dôgen habe Sitzen auf mehrere Weisen begriffen, als körperlich wie auch als "geistiges Sitzen" (mental sitting), das in jeder Haltung möglich sei. Hängt der Übende aber weder an körperlichen noch geistigen Phänomenen, dann ist dieser befreite Zustand das "Sitzen von 'Körper und Geist sind abgefallen'". Foulk schließt daraus, dass Dôgen seines Lehrers Rujings Ermahnung zum Nur-Sitzen als Aufforderung in diesem Sinne verstand: "Erlange nur Erwachen!".
Diese Interpretation stützt u.a. meine hier seit langem geäußerte Kritik an der verzerrten Sicht, Dôgen habe kein "um ...zu" gelehrt. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass Dôgen in der Tat vor der Vereinnahmung durch den Zensprech vieler Sôtô-Anhänger geschützt werden sollte. Nicht nur kennt Dôgen das Erwachen mittels eines Kôan (wie Sitzen), sondern er hält auch die eigentliche Tradition des sechsten Patriarchen durch sein Verständnis des "geistigen" und später "befreiten" Sitzens aufrecht.
Hier wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass man Dôgen Zenji auch anders verstehen kann, ja verstehen sollte, als es die Sôtô-Schule gemeinhin tut und viele von ihren Mitgliedern in Deutschland. Im neuen Buch von Steven Heine (Dogen and Soto Zen, Oxford 2015) findet sich der Aufsatz "Dogen’s Use of Rujing’s ‘Just Sit’ (shikan taza) and Other Koans” von T. Griffith Foulk, den der Herausgeber folgendermaßen zusammenfasst:
"Eine zentrale These dieses Kapitels ist, dass Dogen tatsächlich nicht die Art von Zazen lehrte (oder sich auch nur ausdachte), die ihm von modernen Soto-Gelehrten und Zen-Lehrern gemeinhin als Shikantaza zugewiesen wird. Foulk analysiert im Detail, dass Dogens Anweisungen fürs Zazen diesen Ausdruck nicht verwenden und auch keine Methode empfehlen, die sich mit dem deckt, was heutige Forscher über Nur-Sitzen sagen."
Foulk zeigt vielmehr auf, dass Dôgen "Nur-Sitzen" als Kôan verstand. Dôgen habe Sitzen auf mehrere Weisen begriffen, als körperlich wie auch als "geistiges Sitzen" (mental sitting), das in jeder Haltung möglich sei. Hängt der Übende aber weder an körperlichen noch geistigen Phänomenen, dann ist dieser befreite Zustand das "Sitzen von 'Körper und Geist sind abgefallen'". Foulk schließt daraus, dass Dôgen seines Lehrers Rujings Ermahnung zum Nur-Sitzen als Aufforderung in diesem Sinne verstand: "Erlange nur Erwachen!".
Diese Interpretation stützt u.a. meine hier seit langem geäußerte Kritik an der verzerrten Sicht, Dôgen habe kein "um ...zu" gelehrt. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass Dôgen in der Tat vor der Vereinnahmung durch den Zensprech vieler Sôtô-Anhänger geschützt werden sollte. Nicht nur kennt Dôgen das Erwachen mittels eines Kôan (wie Sitzen), sondern er hält auch die eigentliche Tradition des sechsten Patriarchen durch sein Verständnis des "geistigen" und später "befreiten" Sitzens aufrecht.
[Unterführung in Bangkok; Foto: Keller]
Kritik an Lehrern
Ich habe hier viele Beispiele von "Buddhas und Patriarachen" angeführt, die sich offensichtlich im Sinne der sila
(Regeln) fehlverhielten, also wahlweise stahlen, soffen, die Ehe
brachen oder sogar mordeten (z. B. Sasaki, Katagiri, Deshimaru, Shimano,
Sawaki). Eine übliche Erwiderung ist, deren Status als Patriarchen
in Frage zu stellen, oder zu behaupten, dass all dies vor ihrem Erwachen
geschehen sei. Eine andere Möglichkeit bestünde in der Feststellung, Erwachtsein bedeute nicht, dass sich die sila -
in ihrer bekannten Bedeutung - irgendwie "von selbst" oder "auf
natürliche Weise" manifestieren. Vielmehr bedeutet Erwachen in all diesen Fällen (auch) ein
eindeutiges Übertreten der Regeln. Es manifestiert sich eben nichts im
Sinne der Übung von sila
"natürlich". Ein gutes Beispiel ist Dôgen selbst. Er verletzte z. B. die
Regel, keine Zwietracht in der buddhistischen Sangha zu säen und nicht
andere zu defamieren. In "Did Dogen go to China" (S. 178) findet sich eine Aufstellung von Steven
Heine mit den Kapiteln des Shôbôgenzô, in denen Dôgen Vertreter des Linji kritisierte (ich gebe sie unten wieder).
Obwohl Dôgen z. B. im Kapitel Shôbôgenzô zuimonki noch Ta-huis sorgfältige Praxis lobte, behauptete er später im Kapitel Jishô zanmai, Ta-hui könne den Dharma nicht einmal im Traum verwirklichen. Dôgens Haltung war hier insgesamt widersprüchlich.
Fazit: Wer das "natürliche Verhalten" von Buddhas anführt, muss feststellen, dass dieses immer wieder die Regeln (sila) verletzt. Das könnte man so als Kritik stehen lassen. Oder man kommt auf eine andere Idee: Offenbar verstehen "Buddhas und Patriarchen" etwas anderes darunter als der gemeine Laie (oder Mönch), der sich immer noch an diese sila klammert und davon ausgeht, dass sie auch "nach" dem Erwachen schlichtweg in dem Sinne befolgt würden, in dem er sie "vor" dem Erwachen verstand.
[Die Kapitel des Shôbôgenzô, in denen Dôgen Kritik an diversen Lehrern übt]
Linchi
Sokushin zebutsu
Daigo
Bukkôjôji
Gyôji
Sesshin sesshô
Butsudô
Bukkyô
Mitsugo
Mujô seppô
Kenbutsu
Daishugyô
Te-shan
Sokushin zebutsu
Shinfukatoku
Bukkôjôji
Kattô
Butsudô
Mitsugo
Mujô seppô
Daishugyô
Yün-men
Sansuikyô
Kattô
Kenbutsu
Bukkyô
Menju
Yüan-wu
Bukkôjôji
Kattô
Shunjô
Kuei-shan
Kattô
Fazit: Wer das "natürliche Verhalten" von Buddhas anführt, muss feststellen, dass dieses immer wieder die Regeln (sila) verletzt. Das könnte man so als Kritik stehen lassen. Oder man kommt auf eine andere Idee: Offenbar verstehen "Buddhas und Patriarchen" etwas anderes darunter als der gemeine Laie (oder Mönch), der sich immer noch an diese sila klammert und davon ausgeht, dass sie auch "nach" dem Erwachen schlichtweg in dem Sinne befolgt würden, in dem er sie "vor" dem Erwachen verstand.
***
[Die Kapitel des Shôbôgenzô, in denen Dôgen Kritik an diversen Lehrern übt]
Linchi
Sokushin zebutsu
Daigo
Bukkôjôji
Gyôji
Sesshin sesshô
Butsudô
Bukkyô
Mitsugo
Mujô seppô
Kenbutsu
Daishugyô
Te-shan
Sokushin zebutsu
Shinfukatoku
Bukkôjôji
Kattô
Butsudô
Mitsugo
Mujô seppô
Daishugyô
Yün-men
Sansuikyô
Kattô
Kenbutsu
Bukkyô
Menju
Yüan-wu
Bukkôjôji
Kattô
Shunjô
Kuei-shan
Kattô
Kommentare
Kommentar veröffentlichen
Das Sichten und Freischalten der Kommentare kann dauern.