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Juden nach Deutschland:
Eine Lösung für Palästina?

Wegen der jüngsten antisemitischen Ausschreitungen (die ein Teil der französischen Presse als gegen Juden UND Araber gerichtet ansah) ist der folgende Beitrag heikel. Anlass ist das überraschende Komplettzitat eines Ariel Sharon-Anhängers im Blog eines mir bekannten Buddhisten. Den dortigen "Fünf Irrtümern über den Israel-Hamas-Konflikt" hielt ich Fabian Köhlers lesenswerte Analyse im "Hintergrund" entgegen. Mir selbst stellt sich die Sache so dar, dass nach einseitigen Zusagen der Briten (der damaligen Besatzermacht) schließlich im Jahre 1947 - mit Berufung auf das Völkerbundmandat und die UN-Resolution 181 (II) - einseitig der Staat Israel ausgerufen wurde. Statt das Gleiche mit einem Staat Palästina zu tun, entschlossen sich sechs arabische Staaten damals sofort zum Angriff. In besagter Resolution waren zahlenmäßig halb so vielen Juden wie Arabern mehr als 50 % des Landes zugesprochen werden. Die Araber besaßen zuvor 47 % des Landes. Knapp die Hälfte, vor allem die unfruchtbare Negev-Wüste, gehörte keinem. Die Juden waren selbst in den ihnen zugesprochenen Teilen in der Minderheit. 
   Ganz abgesehen davon, dass es nach mancher Lesart einen "biblischen" Anspruch nicht geben kann, da ein Jude eigentlich nur ein Nachkomme desjenigen der zwölf Stämme sein kann, dessen Vater Jakob (Israel) war und der zugleich im Land Juda lebte, ist die Ablehnung der arabischen Mehrheit eines von westlichen Staaten aufgezwungenen Teilungsplanes nur allzu verständlich. Kurz nach dem 2. Weltkrieg waren sich ausnahmsweise die USA und Russland sogar mal einig in der militärischen Unterstützung Israels (die meisten Einwanderer waren bis dahin tatsächlich aus Russland gekommen), und die Angreifer wurden zurückgeschlagen. Bei den letzten Annäherungsversuchen der vergangenen Jahrzehnte erklärten sich PLO und sogar Hamas wiederholt bereit, die "Grenzen von 1967" zu akzeptieren. Israel hat unter fadenscheinigen Begründungen jedoch seine Besiedlungspolitik in palästinensischen Gebieten fortgesetzt und seine Grenzen noch immer nicht klar definiert. Das nenne ich Öl ins Feuer gießen. Umgekehrt sind die ständigen Raketenbeschüsse der von vielen als terroristisch eingestuften, aber demokratisch gewählten Hamas ein keineswegs besseres Zeichen der Hilflosigkeit. 
   Mit einem gehässigen Lächeln meinte ein Jude nach den Ausschreitungen in Paris zu einer jungen Araberin vor laufenden Kameras, es werde nie einen Staat Palästina geben. Diese Ansicht spiegelt also umgekehrt die vieler Muslime wieder, nachdem es keinen Staat Israel geben dürfte. Doch ist dieser bereits Realität. Es ändert auch nichts daran, dass Israel längst den Boden alltestamentarischer Ethik verlassen hat, denn wo scheinbar "Aug um Aug, Zahn um Zahn" gilt, werden durch die rechnerisch viel höhere Opferzahl auf Seiten der Palästinenser also für jedes verlorene Auge gleich ein Dutzend der anderen ausgeschlagen, und für einen verlorenen Zahn muss gleich ein ganzes Gebiss des Gegners dran glauben, um im Bild zu bleiben. Laut einer Lesart der Thora bedeutet dieser Verstoß gegen die Maßhaltung bei der Vergeltung übrigens, dass man nicht mehr als Jude gilt. 

Was könnte eine internationale Staatengemeinschaft tun, um einen, wie mir scheint, auf weithin absehbare Zeit unlösbaren Konflikt weitgehend einzudämmen? 

1) Ein Weg wäre - aufgrund der Versäumnisse Israels, sich klare Grenzen zu geben und sich daran zu halten, aufgrund der Enteignung von geflüchteten Arabern (denen dann sogar das Rückkehrrecht verweigert wurde) und aufgrund weiterer Rechtsbrüche -, ihnen ihre rechtsstaatliche Anerkennung vorübergehend zu entziehen und das Land, wie einst vorgesehen, aufzuteilen ("Grenzen von 1967") und in die entsprechenden Grenzen zu zwingen. Da sich an dem Unwillen, sich gegenseitig zu akzeptieren, nichts ändern wird, würde dies dazu führen, dass Israel weiter seine Grenzen und sich vor Terror schützen muss, während Palästina als souveräner Staat jedoch auch Grenzhoheit ausüben und damit etwa den Handel verbessern könnte - und seine internationale Anerkennung nicht davon abhängig gemacht würde, ob es Israel vernichten will oder nicht. Tatsache ist, dass dies nicht möglich ist. Man kann dies schlichtweg bei der Frage übergehen, wie die Grenzen zu ziehen sind (so dass die Hamas zunächst Ruhe gibt) und ein Staat Palästina Fakt wird. Wenn den Palästinensern weltweit der nötige Respekt entgegengebracht wird, besteht womöglich eine Chance, dass ein wesentlicher Teil ihrer Bevölkerung den Hass auf Juden mit der Zeit ablegt und auch die nächste demokratische Wahl in Palästina anders ausgeht.

2) Die zweite Lösung würde einem wesentlichen Teil des Nahost-Terrors (auch des verbalen) die Grundlage entziehen und bestünde darin, den Staat Israel rückgängig zu machen, wobei ich voraussetze, dass es hierfür juristische Gründe geben kann. Den Juden, die in einem dann relativ homogenen Staat Palästina (der auch das heutige Israel umfassen würde) nicht bleiben wollten (was wohl für eine Mehrheit gälte) würde Deutschland ein Aufenhaltsrecht mit Arbeitsgenehmigung und allem Drum und Dran gewähren. Es gibt wahrscheinlich kein Land auf der Welt, wo Juden heute sicherer sind als hier, und keines, wo sie gefährdeter sind als in Israel. Die alternative Aufnahme von Palästinensern/Arabern würde eine sowohl soziologisch wie ökonomisch zu große Hürde darstellen. Die Tatsache, dass sich eine Mehrheit der sich als Juden bezeichnenden Menschen gar nicht in Israel niedergelassen hat, spricht zudem für die größere Assimilationsfähigkeit von Juden. Zu dieser Lösung fehlt es den Vereinten Nationen natürlich an Mumm, und es stehen die militärstrategischen Interessen des Westens im Weg. 
   Der Traum von einem gelobten Land, in dem man dem Antisemitismus entkommt, hat sich jedenfalls für die Juden nicht erfüllt, denn nirgendwohin projiziert sich dieser stärker als auf Israel - und wenn in Paris Juden angegriffen werden, dann vor allem wegen Israel. Der heutige Antisemitismus speist sich also vor allem aus der Abscheu, die solche Bilder wie die von einem bombardierten palästinensischen Krankenhauses hervorrufen können. Bei der hier vorgeschlagenen zweiten Lösung geht es nicht darum, ein Existenzrecht Israels zu bestreiten, sondern seine Existenz bis auf Weiteres aus humanitären Gründen zu vertagen. Einige orthodoxe Juden kennen sogar eine religiöse Begründung dafür, da das Ende des Exils den Juden nur durch Gottes Gnade und ohne jede Waffengewalt verheißen und darum abzuwarten sei.

Kommentare

  1. lol, überlassen wir ihnen Bayern, die sind eh nicht so richtig Deutschland, und hoffen dann aber darauf, dass sie nicht die Grenzen dichtmachen, wa? :D
    Muss man bei Aktivitäten in diesem Blog hinter Sarkasmus ein "Sorry" schreiben...?

    Nun, das Problem bei der Bombardierung ist, da bin ich sehr auf Seiten der Israelis, dass sich halt Verluste in der Bevölkerung nicht vermeiden lassen, wenn die Gegenseite sich systematisch hinter der eigenen Bevölkerung verschanzt und sogar dazu aufruft, Gefahrengebiete nicht zu verlassen - damit man sich fleißig weiter hinter die Leute stellen und von dort aus Raketen abschießen kann. Auge um Auge wäre von daher, wenn die Israelis bei Ihrer Bodenoffensive vor jedem Panzer eine Klasse Schulkinder herlaufen ließen, damit sie regelmäßig tote Kinder zeigen können, wenn es mal wieder Auseinandersetzungen gab.

    Ich finde die aktuelle Auseinandersetzung insofern eine Sauerei, als die Hamas es sehr offensichtlich auf genau DIESE Art von Eskalation angelegt hat - auf Haue von der ganzen Welt dafür, dass Gebäude getroffen werden, von denen aus man schießt, weil da halt Leute drin wohnen. Die palästinensische Führung lässt systematisch die eigene Bevölkerung bluten, um in dem Falle nichtmal von Israel etwas zu erzwingen, sondern um im Gegenteil die Araber und Ägypter unter Druck zu setzen. Und wer mit seinem eigenen Volk derart umgeht, dem gehört nicht die Führung anvertraut.
    Die Stimmung der Bevölkerung in Palästina hat halt angefangen, sich gegen eine Führung zu richten, die es versäumt, politische Lösungen für Probleme zu finden, die NICHT darin bestehen, einfach mal zu schießen, und die Akutmaßnahme dieser Führung besteht halt nun darin ... so zu schießen, dass die Leute wieder den Eindruck bekommen, sie bräuchten in allererster Linie Waffen, und nicht Essen.

    Möglicherweise wäre es für Isreal taktisch am klügsten, sich zurückzuziehen, Raketen effektiv abzufangen und zu warten, bis die Hamas keine mehr hat, darauf spekulierend, dass es ebendieser an Geld und Kontakten fehlt, um Neue zu bekommen. Oder nach dem Motto Auge um Auge tatsächlich für jede Rakete genau eine Rakete zurückzuschießen?

    Traurig ist es, was da läuft. Aber ich verdenke es niemandem, auf ein Haus das Feuer zu eröffnen, in dem Frauen und Kinder sitzen, wenn die Frauen und Kinder es versäumen, den Kerl mit der Maschinenpistole auszuschalten, der aus ebendiesem verriegelten Haus ständig auf Passanten schießt.
    Und ich finde es traurig, dass ein Großteil der Leute, die sich vermutlich über Verletzte in einem Krankenhaus aufregen, sich von der Stimmung mitreißen lassen, und soweit gar nicht erst denken.

    In jedem Fall wäre es von vornherein besser gewesen, auf beiden Seiten klaren Verhältnisse zu schaffen, einfach um eine Basis zu haben, auf der man verhandeln kann wie erwachsene Menschen das halt tun.
    Die Hamas hat in meinen Augen eine ethische Basis dafür verspielt, für ihre Bevölkerung zu sprechen, und die einzig mögliche Maßnahme, die ich da sehe, wäre ein klares Distanzieren des politischen Zweigs vom Militärischen. Ich denke allerdings, sowas wird nicht passieren.

    Jut, im Moment ist Waffenruhe. Mal sehen, ob sich "die Palästinenser" dran halten, und was ggf. draus wird.

    Grüße,
    Cynth

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  2. Man muss gar nicht auf jemanden schießen, dessen Raketen man sowieso abfängt. Auch nicht auf Krankenhäuser. Ich habe auch gehört, wie der Hamas-Führer kürzlich im TV ausdrücklich auf einen reibungslosen Versorgungskorridor für Lebensmittel (!) bestand. Wenn man in Israel wirklich auf arabische Kinder Rücksicht nähme, dann hätten nicht - auch wenn es sich um Einzeltäter handelt - sofort welche daran gedacht, einen 7-jährigen Palästinenser aus Rache für die Ermordung dreier israelischer Jugendlicher zu entführen.

    Diese Hamas ist noch immer demokratisch legitimiert, wenn die Palästinenser eine andere Regierung haben wollen, werden sie das bei der nächsten Wahl zum Ausdruck bringen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Waffenruhe hält, weil Israel seinerseits für Provokationen sorgen wird. Von ihrer Charakterstruktur - und der ihrer Religion - sind sich die beiden Gruppen ja leider sehr ähnlich, sie haben eine Neigung zu Provokation, Grenzverletzung, Rache.

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  3. Zu dem gern gebrachten Hinweis, die Palästinenser oder vielmehr die Hamas würden Kinderopfer in Kauf nehmen und instrumentalisieren, fällt mir dank aus gegebenem Anlass aufgefrischter Bibellektüre noch Ri 10,6–12,7 ein, Jiftachs Tochter, die der Richter seinem Gott JHWH gemäß seines Gelübdes opferte. Weitere Beispiele für Menschenopfer finden sich im Alten Testament, wobei offenbar der Tod von Töchtern als weniger tragisch angesehen wurde, da Gebote ausdrücklich das Opfern der erstgeborenen Söhne durch Tieropfer ersetzt sehen wollten.

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