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So Sahn (1520-1604): Der Spiegel des Zen I

So Sahn war ein einflussreicher koreanischer Seon(Zen)-Mönch, dessen "Spiegel des Zen" noch heute in Klöstern gelehrt wird. Er fasste darin mit 86 Abschnitten wesentliche Lehren der Tradition zusammen, die er kommentierte und mit Versen versah. Im Gegensatz zu Hakuin hatte er große Sympathien für den Buddhismus des Reinen Landes. Leider insistiert er in mehreren Kapiteln z.B. auf einem Verständnis der Gebote, wie ich es schon desöfteren kritisierte, und schließt Shen-hui als Erben Hui-nengs aus; darum will ich mich auf ein paar Highlights seiner Schrift beschränken.

 

Das Erscheinen der Buddhas und Patriarachen in dieser Welt kann mit Wellen verglichen werden, die plötzlich in einem windstillen Ozean auftauchen.

Kommentar:

Das Wort "Buddha" verweist auf Shakyamuni Buddha, "Patriarch" auf den Ehrwürdigen Mahakashyapa. Ihr Kommen in die Welt gilt als große Freundlichkeit und Mitempfinden, denn es sollte dem Erretten aller Lebewesen vom Leiden dienen. 

Was die eine wesentliche Sache angeht, so ist jedoch jedermanns ursprüngliche Natur bereits vollständig, so wie sie ist. Wie kommt es, dass wir von anderen abhängig sind und diese Angelegenheit stets mit mehr Puder und Wangenrot aufhübschen wollen? Darum kann ihr Kommen in die Welt auch angesehen werden wie plötzlich aufkommende Wellen auf windstiller See. So heißt es im Mahashunyata Sutra: "Worte auf einer Schriftrolle sind Dämonen-Karma, Namen und Formen sind Dämonen-Karma, Buddhas eigene Rede ist Dämonen-Karma." Wenn du deine ursprüngliche Natur auf rechte Weise erfasst, haben also weder Buddha noch Patriarchen irgendwelchen Nutzen für dich.

 

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Man mag es "Geist", "Buddha" oder "fühlendes Wesen" nennen, doch sollte man nicht an Worten hängen und kein fixes Verständnis entwickeln oder Unterscheidungen machen. Die Essenz der Dinge ist genau-wie-dies. Wenn auch nur ein Gedanke entsteht, ist das ein Fehler.

Kommentar:

Sutren gründen auf Worten wie den obigen, um das Eine auszudrücken. Die Zen-Meditation lehrt, nicht an Worten zu kleben. Aufheben oder Ablegen, Erschaffen oder Zerstören: Dies sind die Handlungen eines freien Menschen, der kein Hindernis kennt.

Gatha

Es ist wie süßer Regen, der nach einer langen Dürre fällt,

wie einem alten Freund in einem fernen, fremden Land zu begegnen.


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Wenn du dich an Worte und Gerede hängst, wird sogar das Anheben der Blume durch Buddha und Mahakashyapas Lächeln zu einer weiteren Spur der Sutren. Erlangst du hingegen die Wahrheit in deinem eigenen Geist, werden sogar das übliche Geschnatter und elegante Reden der gewöhnlichen Welt zu einer "Übertragung außerhalb der Schriften".

Kommentar:

Das Dharma hat keinen Namen und kann nicht durch Worte erfasst werden. Es hat keine Form und kann darum nicht durch Denken erfasst werden. Sobald du den Mund zum Sprechen öffnest, hast du deinen ursprünglichen Geist bereits verlassen. Dann ist sogar diese Geschichte von der Blume und dem Lächeln nur totes Gelaber für dich. 

Doch wenn du die Wahrheit in deinem eigenen Geist erlangst, wird sogar das sinnlose Geschnatter auf den Straßen nd Markplätzen wie eine Dharma-Rede eines großen Lehrers, und das Zirpen von Vögeln oder Jammern eines Tieres drückt Wahrheit aus. Darum erwachte auch Pao-chi, als er einen bitterlichen Trauerschrei vernahm, und tanzte vor Glück. Und Pao-shou wurde gar beim Anblick eines Straßenkampfes erweckt

Gatha

Ein wertvolles Juwel in deiner Handfläche -

rolle und reibe es spielerisch hin und her.


(Siehe auch: The Mirror of Zen, tr. by Boep Joeng and Hyon Gak, Boston 2006)

 


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