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Saikontan/Caigentan: Weisheiten eines Vegetariers (VII)

 

Ich bin selbst ein kleines Universum. Lass meine Leidenschaften bescheiden sein und meine Vorlieben und Abneigungen kontrolliert, dann wird mein Verhalten von selbst den Gesetzen des Universums entsprechen, nach denen die Elemente so harmonisch miteinander verbunden sind.

Lass deine unabhängige Meinung nicht vom Zweifel der Masse beeinflussen; andererseits sei aber nicht so dogmatisch, die Ansichten anderer nicht anzuhören.


Gibt es einen guten Menschen, mit dem du nicht leicht in Kontakt kommst, enthalte dich seines Lobes in der Öffentlichkeit, denn andere könnten eifersüchtig werden und ihn für ihre Zwecke missbrauchen. Willst du einen üblen Menschen loswerden, ergreife nicht die Initiative, da dies wahrscheinlich ein unvorhergesehenes Unheil heraufbeschwört.


Die Freundlichkeit des Vaters gegenüber seinem Sohn, die Pietät des Sohnes gegenüber seinem Vater, die Zuneigung des älteren Bruders zum jüngeren und der Respekt des jüngeren gegenüber dem älteren – diese Gefühle sind ganz natürlich und spontan. Würden sie aber auf der einen Seite gönnerhaft bezeugt und auf der anderen mit einem Sinn für Dankbarkeit erwidert, dann wären Blutsverwandte nur Fremde und ihre Zuneigung gliche einer Geschäftsbeziehung.


Wankelmut wird bei einem herausragenden Menschen eher entdeckt als bei einem Demütigen. Eifersucht ist unter Verwandten stärker als unter Fremden.

Übles ist am gefährlichsten, wenn es im Geheimen getan wird, Gutes ist am wenigsten bewundernswert, wenn es in aller Öffentlichkeit geschieht. Mit anderen Worten, Übles ist weniger gefährlich, wenn es offenkundig geschieht, und Gutes ist lobenswerter, wenn es im Verborgenen getan wird.


Charakter ist der Fürst des Talentes, Talent der Diener des Charakters. Wer Talent, aber keinen Charakter besitzt, kann mit einer Familie ohne Herrn verglichen werden, die stattdessen von einem Diener beherrscht wird.

Tugend entwickelt sich mit steigender Freigebigkeit, und Freigebigkeit wird von anwachsendem Wissen genährt. Wenn du deine Tugend kultivieren willst, musst du also deine Freigebigkeit erhöhen, und um die Freigebigkeit zu erhöhen, dein Wissen ausdehnen.


Wenn es nicht durch Wellen bewegt wird, beruhigt sich Wasser von selbst. Wenn er nicht von Staub bedeckt ist, dann ist ein Spiegel klar. Das Gleiche gilt für den Geist. Um ihn klar zu halten, muss alles weggeschafft werden, was ihn umwölkt. Die Suche nach Glück ist unnötig. Wenn alles beseitigt ist, was den Geist aufregt, folgt das Glücksempfinden so sicher wie der Tag auf die Nacht.


Es ist besser, die Gesellschaft eines einfachen alten Mannes in den Bergen zu suchen als die eines Händlers, der nur von Gewinn spricht; besser, die Freundschaft zu einem Edelmann zu pflegen, der in einer bescheidenen Hütte lebt, als einem bedeutenden Menschen in einem Palast die Aufwartung zu machen; besser, die derben Gesänge von Holzfällern und Ochsenhirten anzuhören, als dem Gerede der Stadt sein Ohr zu schenken; besser, die weisen Sprüche der Alten zu wiederholen und von ihren bewundernswerten Taten zu erzählen, als von den Vergehen und Fehlern unserer Zeitgenossen zu reden.


Ein altehrwürdiger Weiser bemerkte: „Einige Menschen geben sich trotz ihres Reichtums als Bettler aus und ziehen mit der Schale von Tür zu Tür.“ Ein anderer Weiser meinte: „Gebt nicht so mit eurem Reichtum an, ihr Emporkömmlinge! Gibt es vielleicht jemanden, dessen Ofen ihm kein Essen kocht?“ Der erste Spruch verweist darauf, dass die meisten Menschen sich ihrer Besitztümer nicht bewusst sind, der zweite warnt vor dem Angeben mit Besitz. Die gleiche Warnung gilt für erworbenes Wissen.


Der Weg gehört der gesamten Menschheit und sollte darum jedem gelehrt werden, mit dem man in Kontakt kommt.

Die Fleißigen arbeiten hart, um sich in Tugend zu üben; doch die meisten Menschen tun es nur, um der Armut zu entkommen, sie kennen die wahre Bedeutung von Arbeit nicht.


Wer über den Ordinären steht, ist ein außergewöhnlicher Mensch, doch wenn er sich mit Absicht daneben benimmt, gilt er als Exzentriker. Wer nicht von der Gesellschaft Korrupter beeinflusst wird, ist ein reiner Mensch, doch wenn er sich von seinen Gefährten fern hält, um unbeschmutzt zu bleiben, ist er nur affektiert und nicht von echter Lauterkeit.


Das Gewähren von Gefallen sollte zunächst im Kleinen geschehen und sich später ausweiten, ansonsten wird der Empfänger diese Freundlichkeit nicht angemessen würdigen. Die Ausübung von Macht sollte hingegen zunächst streng und dann milde sein; ist man zuerst milde und dann streng, wird die Strenge von den Untergebenen als grausam empfunden.


Die Altehrwürdigen ließen eine Handvoll gekochten Reis für die Ratten übrig und machten nachts alle Laternen aus, damit die Motten darin nicht verbrannten. Sie hatten Mitempfinden für die kleinen Geschöpfe, und genau diese Güte lässt einen Menschen zur Krone der Schöpfung werden.


Der Geist ist wie ein kleines Universum. Heiterkeit kann mit einem Glück verheißenden Stern verglichen werden, Wut mit Donner und Wolkenbruch, Güte mit süßem Tau, Strenge mit der brennenden Sonne. Heiterkeit, Wut, Güte, Strenge: Wer könnte ohne solche Gefühle sein? Doch sie alle sollten nicht zu lange in unserem Geist weilen, sondern angemessen aufeinander folgen, damit das Herz stets unbehindert und offen bleibt. Auf diese Weise kann der Geist eins mit dem Kosmos sein.


Wer Ehre als Prinzip anpreist, wird gewiss auf der Grundlage von Ehre getadelt. Wer strikte Moral zu seinem Motto macht, wird sicher auf der Grundlage von strikter Moral beurteilt. Der Edelmann bemüht sich deshalb einfach, nichts Falsches zu tun, und versucht erst gar nicht, mit hehren Prinzipien hausieren zu gehen. In Harmonie mit anderen und mit heiterem Geist zu leben ist das Geheimnis eines friedvollen Da-seins.


Wenn du ein paar seltene Momente von Freizeit aus deinem geschäftigen Leben abzweigst, solltest du darin deinen Charakter so fest machen, dass dein Geist von lärmender Umgebung unbeeindruckt bleibt. So wirst du zum Meister der Umstände. Es gibt nur wenige Menschen, die diese Übung vernachlässigen und dennoch einen unerschütterlichen Willen bewahren, was auch immer um sie herum geschieht.


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