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Saikontan/Caigentan: Weisheiten eines Vegetariers (IV)

 

Wenn sein Stolz Reichtum ist, dann ist meiner Güte. Wenn er sich seines Ranges rühmt, dann ich mich meiner Rechtschaffenheit. Ein überlegener Mensch wird, das muss nicht erst gesagt werden, nie von einem Herrscher oder einem loyalen Berater verführt. Ein Mensch von unbeugsamem Willen kann Meister seines Schicksals sein, ein Mensch mit konzentrierter Energie seine eigene Natur verändern und dabei doch von der alles formen wollenden Kraft eines Schöpfers frei bleiben.


Wenn man sich bei der Lebensführung nicht etwas über die Vulgären erhebt, wie könnte man da seinen Gefährten überlegen sein? Dann wären die Bemühungen um Selbstverbesserung so nutzlos als würde man seine Kleidung im herumwirbelnden Staub ausschütteln oder seine Füße in schlammigem Wasser waschen. Wenn du durch die Welt gehst und nicht zugunsten anderer zur Seite trittst, wie kannst du da auf Annehmlichkeiten und Sicherheit hoffen? Hüte dich vor der Umtriebigkeit einer Motte, die in eine brennende Kerze fliegt, oder der einer Antilope, die mit ihren Hörnern in einen Zaun gerät.


Ein Gelehrter sollte sich auf jeweils ein Thema konzentrieren. Beim Kultivieren der Tugend wird er es zu keiner Bedeutung bringen, wenn er nach irdischem Erfolg und Ruhm strebt. Widmet er sich den Büchern vergangener Weiser und dabei zu gleichen Teilen der Poesie wie der Prosa, wird er zweifellos tiefgründige Gelehrsamkeit erlangen.


Jeder Mensch ist mit grenzenlosem Mitgefühl ausgestattet, Heiliger und Henker sind ursprünglich von derselben Natur. Jede Lebensweise hat ihre eigenen Freuden, die Sonne scheint gleichermaßen auf Schlösser wie Schuppen. Doch wenn des Menschen Gewissen durch Habsucht verdunkelt wird und sein Herz vor Selbstsucht gefriert, kann er die Vergnügen des Lebens nicht recht genießen. Wenn der erste Schritt fehlgeht, wird dieser Irrtum tausend Meilen in die Irre führen.


Wer sich in der Tugend verbessern will, muss sein Herz ein wenig zu Holz oder Stein machen, das heißt unempfänglich für Gewinn und Ansehen werden. Wenn er seinen Nachbarn ihr Glück neidet und sich nach Ehre und Reichtum sehnt, wird er zum Sklaven der Habgier. Wer einen Staat leitet und den Massen ihre Mühsal abnehmen will, sollte einen Geschmack pflegen wie ein Wandermönch.


Ein vollkommen tugendhafter Mensch verliert seine Lieblichkeit nicht, ob er wacht oder schläft, ganz zu schweigen von der allgemeinen Gelassenheit, die sein Verhalten kennzeichnet. Ein boshafter Mensch hingegen ist nicht nur bei all seinen Handlungen verschlagen, sein derber Geist offenbart sich sogar in seiner Stimme und seiner Lache.


Ist die Leber erkrankt, kann man nicht sehen, ist man an den Nieren erkrankt, kann man nicht hören. Eine Krankheit entsteht an unsichtbarer Stelle im Körper, manifestiert sich aber so, dass sie allen Menschen offensichtlich wird. Gleichsam sollte ein überlegener Mensch kein Verbrechen im Verborgenen begehen, damit er nicht öffentlich der Schuld überführt werden kann.


Nichts macht glücklicher in der Welt, als nichts zu tun zu haben; nichts macht unglücklicher, als sich um alles Mögliche kümmern zu müssen. Nur wer geschäftig ist, weiß um die Annehmlichkeit des Nichtstuns. Nur wer seinen Geist still und im Zaum hält, weiß um das Unglück vieler die Aufmerksamkeit ablenkender Dinge.

In Friedenszeiten zeige Aufrichtigkeit, in Kriegszeiten Verträglichkeit, in Zeiten des Verfalls beides. Sei gutmütig zu den Guten, streng zu den Bösen, und beides zu der vulgären Mehrheit.


Erinnere dich nicht an das Gute, das du für andere getan hast, sondern an deine Missetaten. Vergiss nicht den Gefallen, den dir ein anderer tat, sondern die Verletzung, die dir einer beibrachte.

Tust du jemandem einen Gefallen, sei dir weder dieser Wohltat bewusst noch der Dankbarkeit, die der andere zeigen sollte; so wird selbst eine kleine Menge Reis tausend Mal mehr wert sein als sie es eigentlich ist. Sei deinen Nachbarn von Nutzen, ohne etwas dafür zu erwarten, sonst wird selbst dein kostbares Geschenk wertlos.


Einige sind mit ihren Lebensumständen glücklich, andere nicht. Ist jemand nicht wirklich glücklich, wie kannst du es dann sein? Wenn du manchmal unvernünftig gegenüber anderen bist, wie kannst du dann erwarten, dass sie dir gegenüber immer vernünftig sind? Mit diesen Gedanken im Hinterkopf vergleiche deine Umstände materieller wie spiritueller Art mit denen deiner Nachbarn.


Nur wer reinen Geistes ist, sollte die Bücher alter Weiser lesen und die Lehren vergangener Zeiten empfangen. Wer auf selbstsüchtige Art lebt, liest nur aus kruden Gründen, um in den weisen Handlungen und Anmerkungen der Alten eine Ausrede zu finden. Solch einer gemahnt uns an die alte Redewendung: „Einer einmarschierenden Armee Waffen leihen oder einen Dieb mit Proviant versehen“.


Wie reich sie auch sein mögen, die Wohlhabenden finden es schwer, über die Runden zu kommen. Ihr Schicksal ist weniger beneidenswert als das der Armen, die sparsam sind und sich für einen Regentag etwas zurücklegen. Indem sie zu vieles versuchen, werden die Talentierten oft von anderen beneidet und gehasst. Es geht ihnen schlechter als den Untalentierten, die mit ihrem Los zufrieden sind, obwohl sie nichts Bemerkenswertes vollbringen können.


Wer die Bücher der Alten liest, doch ihre wahre Bedeutung nicht erfassen kann, ist bloß ein Bücherwurm. Wer eine verantwortungsvolle Stellung in der Regierung innehält, sich aber ums Volk nicht mit väterlicher Zuneigung sorgt, ist ein Dieb im Kostüm des Hofstaats. Wer in der Ethik bewandert ist, aber sein Wissen nicht in die Tat umsetzt, ist nur ein Papagei, der die Zen-Lehren nachplappert. Wer eine ansehnliche Tat vollbracht hat, die weder seinen Zeitgenossen noch nachfolgenden Generationen nutzt, ist nicht besser als eine schöne Blume, die für ein paar Augenblicke das Auge erfreut.

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