"Die drei Bestandteile eines buddhistischen Lebens helfen einander, ihren gemeinsamen Zweck zu erreichen. Die Moralregeln können nicht sinnvoll befolgt werden, wenn jemand noch nicht völlige Kontrolle über sich mittels Versenkung und Selbstbeschau erlangt hat. Diese Zen (dhyâna)-Praxis wird jedoch im Alltag nicht von großem Wert sein, wenn sie nicht zum Erwachen von Weisheit (prajnâ) und zum Vertändnis der grundlegenden Tatsachen des Lebens führt."
"Im Chandradîpa-samâdhi-Sutra werden die Vorteile der Zenpraxis benannt: (1) Alle Sinne werden beruhigt, und ohne das besonders zu bemerken, bekommt man Freude an der Zenpraxis. (2) Liebende Güte wird ins Herz einziehen und alle Menschen als Geschwister ansehen. (3) Giftige Leidenschaften wie Wut und Neid werden almählich aus dem Bewusstsein verschwinden. (4) Zen wird zu einem Wachtposten gegen das Eindringen schlechter Einflüsse in die Sinne. (5) Eine reine Gesinnung und gelassen-heitere Haltung lässt keinen Spaß an niederen Leidenschaften aufkommen. (6) Der Geist konzentriert sich auf anspruchsvolle Gedanken und hält Anhaften und Egoismus fern. (7) Wer die Leere der Eitelkeit versteht, verfällt dennoch nicht dem Nihilismus. (8) Im Bewusstsein der Verstrickung von Geburt und Tod weiß man um die Befreiung davon. (9) Die Tiefen der Lehre auslotend, verweilt man in der Weisheit Buddhas. (10) Man fühlt sich wie ein Adler, der Gefangenschaft entflohen, der frei durch die Lüfte schwebt."
[Jedoch warnt Soen auch:]
"Im Cûrangâma-Sutra werden fünfzig abnorme Zustände des Bewusstseins benannt, vor denen sich ein Zenpraktizierender hüten solle. Dazu gehören: (1) Sich fühlen, als sei man wie eine Wolke in die Lüfte erhoben. (2) Die Gegenwart eines unbeschreiblichen Leuchtens spüren. (3) Übernatürliche Freude empfinden. (4) Einen so klaren und transparenten Geist zu haben, dass man darin alle Welten wie in einem leuchtenden Spiegel reflektiert zu sehen meint. (5) Das Gefühl zu haben, die Seele habe den Körper verlassen und sich im ganzen Raum ausgedehnt. (6) Aller geistigen Funktionen gewahr zu sein und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft offenbart zu sehen. (7) Das Gefühl des absoluten Nichts zu empfinden, in dem sich nicht der kleinste Gedanke regt. (8) Weder sich etwas Speziellem bewusst zu sein noch das Bewusstsein verloren zu haben, sondern sich im höchsten Zustand der Versenkung (samâdhi) wähnen."
[Soen Shaku: Zen for Americans. Chicago 1974.]
(Blog-Beitrag rückdatiert)
Wenn bei der Aufzählung der zu meidenden Zustände noch ein Fühlen, dass alles von bedingungsloser Liebe durchdrungen ist, wäre, fänd ich es noch besser. ;)
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