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Die Wunderpille der Sôtô-Schule: Gedoku

[Gedoku/Gedokuen/Gedokuan entstand in der Tokugawa-Ära; erst 1981 wurde von einem Nachfahren der Dôshôan-Familie, wo es entwickelt wurde, als Hauptbestandteil higanbana no kyûkon (Lycoris radiata/Rosarote Spinnenlilien) genannt. Die Knollen dieser Pflanze sind giftig. Sie werden in Japan gern bei Reisfeldern und Häusern gepflanzt, um Mäuse und Ungeziefer fernzuhalten. Higanbana bedeutet „Blume des higan“ (das Ufer des mythischen Sanzan-Flusses), womit ein buddhistisches Fest zur herbstlichen Tag-und-Nacht-Gleiche markiert ist. Viele Japaner pflanzen sie zu Herbstbeginn auf Gräbern ihrer Angehörigen. Nach einer mythischen Blume im Lotussutra wird sie auch manjushage genannt.]

 Shinsen Gedoku Manbyôen Fukuyô no Koto[i]

Wie man die Gift austreibende Pille vom Zauberberg zubereitet und einnimmt, die jede Krankheit vertreibt

Bei jeder Art von Vergiftung nimm eine Tablette Gedoku und löse sie in lauwarmem Wasser auf. Trink ein paar Schluck und erbreche das Gift, das sich in deinem Körper befindet. Wenn du danach die Lösung noch zwei, drei Mal mit heißem Wasser trinkst, wird der Rest des Giftes mit dem Urinieren ausgeschwemmt. In der Erholungsphase sollte ein Extrakt der hakkin-Pflanze eingenommen werden. Diese Methode wird selbst bei einer Fischvergiftung durch den fugu (Kugelfisch) funktionieren.

Bei allen Arten von Magenbeschwerden nimm eine Tablette Gedoku mit heißem Salzwasser ein. Man kann die Tablette auch mit Essig auflösen und diese Lösung auf das Körperteil schmieren, welches schmerzt.

Bei Erschöpfung mische eine Tablette Gedoku mit einem bu (ca. 0,3 cm) eines nanten-Blattes (Nandine/Himmelsbambus), einem bu alter Teeblätter, einem bu Weihrauch und einer Prise Salz. Gegen Magen- und Brustschmerzen, Verstopfung und magenbedingtes Unwohlsein verwende dieses Rezept unter Hinzufügen von fünf bu des Krautes kumatsuzura (Echtes Eisenkraut).

Gegen diverse Arten von Durchfällen nimm eine Tablette Gedoku ein, gemischt mit zwei bu von kanawakara, einem bu hölzernem Weihrauch, einem bu Betelnuss, fünf bu Lakritze, zehn Körnern kürzlich geernteten Reises. Im Falle von Ruhr gib noch ein bu vom shibayoki-Gras hinzu, ein bu des Krautes tôki, und wenn der Zustand länger als einen Monat anhält, noch ein bu Knochenmark.

Gegen Kopfweh im Zusammenhang mit grippalen Infekten, Husten und Auswurf nimm eine Mischung aus acht bu Gedoku ein, mit einer Pillengröße gemahlener Ausdauernder Ochsenzunge (Pentaglottis sempervirens), einem bu getrocknete Orangenschale, zwei bu Grünteerinde, einer Scheibe der weißen Wurzel einer Schalotte und drei zerriebenen Ingwerwurzeln. Dieselbe Mischung sollte von denen eingenommen werden, die an mitwinterlichen Infekten oder unter Fieber infolge starken Windes leiden.

Gegen Malaria nimm eine Tablette Gedoku mit einem Sprößling eines nach Osten gerichteten Pfirsichbaumes ein.

Gegen regelmäßige Verschleimung sollte eine Tablette Gedoku eingenommen werden, gemischt mit dem Saft von acht bu Ingwerwurzeln.

Gegen Gonorrhoe nehme man fünf Tabletten Gedoku und mische sie in einem Fass Wasser mit einem Zweig des ikoko-Baumes, den man in dreißig Teile zerschnitten hat, zehn Blättern der japanischen Mispel ohne deren Stiele, zwei bu Mais und drei bu Lakritze.

(…)


[i] Das Manuskript befindet sich im Sôtô-Tempel Ryûsanji in der Provinz Sagami und stammt wohl aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.

(Blog-Beitrag rückdatiert) 

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