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Die Legenden vom Osterhasen

 
Ich will nun die ganze Wahrheit erzählen. Weil ich endlich für das geschätzt werden will, was ich jedes Jahr leiste.

Wenn Sie wüssten, mit was für einem Gegner ich es zu tun hatte. Sechs Kilo schwer im Gegensatz zu meinen zwei, und 80 Kilometer schnell, ohne Rückenwind. War ja klar, dass ich in einem direkten Kampf keine Chance hatte. Seine Löffel waren auch größer als meine, undenkbar, sich da von hinten unbemerkt anzuschleichen. Schon seine Vorfahren hatten den Kuckuck im Emmental, den Storch in Böhmen und den Osterfuchs in Westfalen besiegt, um sich das Monopol auf die Eierlieferung zu sichern. Dafür galt ich als Meister unter den Tunnelbauern, und so machte ich mich daran, ein mehrstöckiges System von Gängen zu graben, die nur durch eine äußerst fragile Erdschicht voneinander getrennt waren. Auch die oberste Schicht war dünn, und sie lag genau auf dem üblichen Nachhauseweg meines Erzfeindes Meister Lampe. Eines Tages war es soweit, und da kam der Rammler auch schon angehoppelt in all seinem Stolz. Als er über meiner Falle angekommen war, brach die Erde ein, und dann gleich nochmal und nochmal und nochmal, und immer tiefer fiel der Mümmelmann in meine Grube. Da lag er dann, mit all der Erde auf ihm drauf, und weil er nichts vom Tunnelgraben verstand – ein Hase hat Angst vor allem, was einer Höhle ähnelt, und bleibt lieber oberirdisch –, konnte er sich nicht mehr befreien. Denken Sie jetzt aber bloß nicht, ich hätte Ihnen ein Geheimnis verraten oder wollte hier irgendwas beichten. Nein, was ich da gemacht habe, das pfeifen doch schon seit 1970 die Spatzen von den Dächern. Ach, wenn Sie als Mensch doch nur verstehen könnten!

Was ich Ihnen nun in Ihrer Sprache erzählen will, das wird Ihre Welt und die Ihrer Kinder dennoch auf den Kopf stellen. Also geben Sie es bitte an die Kleinen weiter! Erstens hat der Hase nie die Eier gelegt, sondern von dem Fuchs, den er einst besiegt hat, bei den Hennen vom Hahn, den er auch einst besiegt hat, Jahr für Jahr abholen und vom Storch (siehe oben) einfliegen lassen. Nur angemalt hat er sie selbst. Wenn Sie also festgestellt haben, dass sich das Design vor 50 Jahren geändert hat und die Eier seitdem total abgefahren und supermodern aussehen, dann war das mein Werk! Ja, denn es gibt keinen Osterhasen mehr, seit nunmehr einem halben Jahrhundert bin nämlich ich das OSTERKARNICKEL! Yeah! Und wenn Sie’s mir nicht glauben, dann schreiben Sie mir wegen weiterer Infos: OsterKANINCHEN (Easter Bunny), Siedlungsstr. 2, 06295 Osterhausen. Den frankierten Rückumschlag nicht vergessen.

[Abbildung: Dorottya Mathe/shutterstock.com]

Kommentare

  1. Hat der karnickel keine Emailadresse? ;-)
    Grüsse aus dem Schneevongesternland;-)
    Patrick

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