[Dieser Beitrag wurde einige Wochen im Voraus verfasst.]
In diesem Blog findet sich bereits eine gewisse Würdigung von Eido Shimano Roshi bzw. noch eher eine Verteidigung gegen die Schmierkampagne, der er in hohem Alter ausgesetzt war. Mitverantwortlich waren Initiativen aus dem Umfeld von Richard Aitken und von Kobutsu Malone sowie "Enthüllungen" von Mark Oppenheimer, der in einem Youtube-Interview mit Buddhist Geeks einen Praktizierenden derart zitiert: Von den großen vier japanischen Lehrern, die in die USA entsandt wurden, seien drei durch ihr sexuelles Fehlverhalten in Verruf geraten, sowie ein Schüler des vierten. Mit den dreien sind Maezumi, Shimano und Sasaki gemeint. Irgendwo habe ich mal ein Filmchen verlinkt, in dem Maezumis Tochter dazu Stellung nimmt; sie sagt, er sei ein schlechter Vater gewesen, aber wenn sie sähe, welche Wirkung er mit seiner buddhistischen Arbeit erzielt hätte, würde ihr das großen Respekt abringen. Der vierte war Shunryu Suzuki, und der kritisierte Dharma-Nachfolger Richard Baker. Meine Ansicht ist jedoch, dass es (neben den militärischen Aktivitäten mancher Zengrößen, die allerdings weniger schwerwiegend aufgenommen zu werden scheinen) Shunryu Suzuki und auch Kodo Sawaki und Co. kaum anders ergangen wäre, wenn sie nur länger gelebt hätten und vor allem in die Mühlen von #MeToo und Cancel Culture geraten wären, in der ideologisch geführte Diskussionen, unsensible Abkanzelungen und einseitige Beschuldigungen en vogue sind.
Als Eido Shimano sich auf dem Höhepunkt der Anfeindungen befand - ich bin sicher, das wissen heute viele gar nicht, weil sie ihn einfach abhakten - hat er sich nicht nur bei seiner Sangha entschuldigt, er hat auch abgedankt, seine Dokusan (die "privaten" Lehrtreffen unter vier Augen) eingestellt und nur noch "informelle" Teisho gegeben. Nach einigen Jahren hat er sogar seine finanziellen Forderungen gegenüber der alten Sangha aufgegeben. Bis dahin hat es noch verhältnismäßig wenig Videomaterial gegeben, mit dem im Grunde jeder nicht Verblendete erkennen konnte, was in Shimano steckt. Schließlich hatte insbesondere Zensho Martin Hara die Idee, Eido (korrekter: "Tai-san") in seinen letzten Jahren visuell zu begleiten, so dass uns nun einige seiner Reden bekannt sind, die genau den Shimano Roshi zeigen, den ich einst beschrieben hatte, gelassen und weise. Ihr könnt darin - als einige der ganz wenigen Betrachter - garantiert Entdeckungen machen. In jedem Teisho findet sich wenigstens eine für Zenübende wesentliche Weisheit. Eido spricht nicht nur über adäquates Handeln, das "nur" (just), das Schätzen des unwiderbringlichen Augenblicks (ichi-go ichi-e) oder etwas mysteriöse Vorgänge wie die karmische Verbundenheit mit anderen Menschen. Auch die Demenzerkrankung seiner Frau und selbst Donald Trump findet Erwähnung. Auffällig ist auch, wie er sich gelegentlich lustig über das Zen-Prozedere (und sich selbst) macht und die Zuhörer einspannt.
Die größte Entdeckung freilich ist Eidos letzter Vortrag über Leben und Tod, genauer das so lautende Kapitel "Shoji" aus Dogen Zenjis Shobogenzo. Es lohnt sich wirklich, genau hinzuhören, nicht nur weil dies einer der zentralen Dogen-Texte ist und Eido zu meiner Freude Santoka Taneda zitiert. Am folgenden Tag starb Eido Shimano Roshi, wovon ein unaufmerksamer Betrachter nichts ahnen mag, zumal als Todesursache eine Lungenentzündung angeführt wurde, Eido sich aber bei diesem Teisho kaum einmal räusperte. Man kann das Glück nennen, wenn ein Zenmeister einen so "runden" Abgang schafft. Vielleicht ist es aber auch mehr als das. Ein großer Teil von Eidos Sangha hat ihn im Stich gelassen.
Ganz anders sieht das z.B. bei Thich Nhat Hanh aus. Ende letzten Jahres war er - weil seine Sangha den vietnamesischen Ärzten nicht genug zutraut - zu einer ärztlichen Untersuchung und Behandlung nach Bangkok gebracht worden (ebenfalls wegen einer Lungenentzündung), seine Sippschaft will uns jedoch weiterhin weismachen, dass der nach seinem heftigen Schlaganfall Sprach- und Hilflose noch Entscheidungen trifft, wo es mit ihm hingehen soll. Diese elendige Schönmalerei, die seit jeher ein Kennzeichen von TNHs Gemeinschaften war, fällt nun auf ihn zurück. Auch er bekommt offenbar die Sangha, die er verdient: Ihm ist kein solch würdevoller Rückzug vergönnt wie Eido Shimano. Ich weiß, daraus sollte man keine Schlüsse ziehen, und doch kommt mir dies wie eine seltsame "Gerechtigkeit" vor (andere werden wohl genau das Gegenteil darin sehen).
Aus den Fehlern anderer - und natürlich aus meinen eigenen - habe ich in mancher Hinsicht schon vor Langem Konsequenzen gezogen. Meine Liebesgeschichten waren nicht erfolgreich in dem Sinne, dass ich langjährige Beziehungen führen oder eine Familie gründen konnte (was das bedeuten kann, sieht man unten im zweiten Video; ich habe dafür auch zahlreiche Beispiele in der eigenen Sippschaft). Ich habe mich in jüngeren Jahren zuweilen unbeholfen bei der Annäherung ans weibliche Geschlecht angestellt und bereue den ein oder anderen Fehltritt. Das Leben in Thailand, in dem ich mir Tagesinhalte, wie ich sie auch in Deutschland oder anderswo auf der Welt hätte (Übersetzen, Schreiben, Lesen, Filme und Serien schauen, Putzen, Einkaufen usw.), dank des durch geringere Lebenshaltungskosten gesparten Geldes mittels käuflichen Sexes versüße, ist eine Quintessenz meiner Beobachtungen und Erfahrungen. Es ist angenehm, wenn man keiner Partnerin außerehelichen Sex verheimlichen muss, noch Menschen begehrt, die spirituellen Rat suchen (um sehr verbreitete Probleme zusammenzufassen). Alles ist recht einfach. Es ist wahrscheinlich nicht perfekt (und doch: "All is well", wie Shimano sagte). Und führt immerhin zu witzigen Situationen. Diese Woche erinnerte mich ein Freudenmädchen daran, dass sie zwei Tage zuvor Geburtstag gehabt und mir das doch vor einiger Zeit gesagt habe. Ich entschuldigte mich, es nicht in meinem Kalender notiert zu haben, holte das nach und bot ihr als Geschenk spontan den "Satisfyer" an, der bei ihr seine volle Wirkung tut (wenn nicht ich es ihr, relativ safe, mit meinem Mund besorge). Nein, sagte sie kichernd und kopfschüttelnd, so etwas könne sie doch nicht mit aufs Zimmer bringen, da schliefen im Moment schließlich noch Schwester und Tante. Ich zog eine Schublade auf und sagte: "Na sowas, hier ist noch ein Geschenk, und da steht sogar dein Name drauf." Ihr Kosename ist Rose, und das Shampoo von L'oreal trug den Zusatz "Rose Oil". Die Situation war gerettet. Doch hatte, was zuvor geschehen war, sie womöglich erst nach dem Geschenk kobern lassen. Im Bett hatte ich sie neckend gefragt, ob sie nicht auch ein Kind wolle (wir hatten über die Kinder ihrer Geschwister gesprochen), und sie ohne Zögern geantwortet, da müsse ich sie erst mal heiraten. Warum das? Wegen der Versorgung des Kindes. - So schlicht und pragmatisch kann das sein. Sollte ich mir nicht mal prinzipiell überlegen, ob das bei meinem schmalen Geldbeutel und einem Ausgangsalter von 56 Jahren mit nun schon mindestens vier chronischen Krankheiten noch Sinn macht? In diesem Jahr sind meine letzten beiden Tanten und mein letzter Onkel gestorben, mit immerhin beinahe bzw. über 90 Jahren (keine/r übrigens an COVID-19). Ich denke, es so zu machen (und zu sagen) wie Shimano, wäre angebrachter: Jeden Tag zu leben, als wäre es der letzte (und auch entsprechend die eigenen Reden zu gestalten). Lebenserwartung hin oder her, das hat was. Und schon werden auch die Gedanken über die Zukunft der anderen ganz klein ... Jedenfalls, denkt dran, ein Bodhisattva will selbst einem Freudenmädchen einen Orgasmus verschaffen und nicht nur sich selbst. Das sollte erst recht für eure Beziehungen gelten.
Hallo GiDo
AntwortenLöschenvielleicht findest du unter Asiatische Studien. Zeitschrift der Schweizerischen Asiengesellschaft bzw. deren den Links noch einige Informationen, die Dich interessien?!
https://www.e-periodica.ch/digbib/volumes?UID=ast-002
Hier gibt es z.B. etwas über "Öffentlichkeit und Privatheit in der Entwicklung des Bushido" zu lesen.
https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=ast-002%3A2012%3A66%3A%3A741&referrer=search#139
Gruss
Patrick
Danke!
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