Für einen wahrhaft Praktizierenden sollte es keine Lücke zwischen äußerer Erscheinung und Realität geben. Religiöse Fanatiker spielen oft ihren Gläubigen vor, Heilige zu sein. Irgendwann tut sich jedoch eine Lücke auf zwischen ihrer Wirklichkeit und ihrer äußeren Erscheinung. Ich glaube, wenn nur eine kleine Lücke entsteht, kann man nicht mehr ein Mensch lebendiger Religion sein.
Das ist besonders wichtig für denjenigen, der Zazen als Selbst praktiziert, das nur das Selbst ist. Zazen zu üben bedeutet, die Wirklichkeit des Selbst zu praktizieren. Wenn Wirklichkeit und äußere Erscheinung sich unterscheiden, ist die Praxis derjenigen Person überhaupt nicht gut. Wir sollten die Wirklichkeit des Selbst rigoros ausleben und wie der melodiöse Klang sein, der beim Schlagen der Leere entsteht und sich unendlich fortsetzt.
Es gibt weder Gelingen noch Scheitern in der Wirklichkeit des Selbst. Seid einfach, wie es ist. Wir sind vollkommen befreit. Das Selbst, das nur das Selbst ist, ist selbst absolute Erleuchtung, und doch besitzt es als ursprüngliche Lebenskraft ursprüngliche Praxis in seinem ursprünglichen Gesicht. Seid einfach die ursprüngliche Lebenskraft und fahrt damit fort, euch endlos innerhalb dieser Lebenskraft zu reinigen. Dies ist wahre Praxis.
Wenn wir die Wirklichkeit des Selbst, das absolute Erleuchtung ist, bis zum Ende praktizieren, können Erleuchtung und Übung nicht getrennt sein. Da wir auf der Grundlage von Erleuchtung üben, wird dies die Übung der Erleuchtung genannt. Übung und Erleuchtung sind eins. Deshalb kann es weder erfasst noch bemessen werden. Sawaki Rôshi drückte es mit dem Wort yûsui (tiefgründig) aus. Die Tiefgründigkeit der Praxis – sich in der grenzenlosen Wirklichkeit des Lebens, motiviert von der ursprünglichen Lebenskraft, zu reinigen – ist wahrhaft unermesslich. Sie ist wirklich yûsui.
Versteht dies: Selbst wenn alle Buddhas in den zehn Richtungen, die so zahllos wie die Sandkörner des Ganges sind, gemeinsam die Macht ihrer Buddha-Weisheit anwendeten, könnten sie niemals die Grenze des Zazen einer einzigen Person erreichen oder dessen Tugend ermessen und verstehen.
Es heißt, es gäbe so viele Buddhas wie Sandkörner am Ganges. Wenn Menschen Zazen üben, sind sie allesamt Buddhas. Seit Shakyamuni sind etliche Jahrhunderte vergangen. Die Anzahl derer, die seither Zazen praktizierten, ist unermesslich. Selbst wenn diese Buddhas allesamt das Verdienst des Zazen mithilfe von Computern bestimmen wollten, wäre dies unmöglich.Kôshô Uchiyama: Leben aus vollem Herzen. Kommentare zu Dôgens Bendôwa.
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