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Beata Grant: Zen Echoes (Klassische Koan von drei Frauen kommentiert)

Die Sammlung, die Beata Grant hier auf akademischem Niveau (incl. Originaltext) vorstellt, heißt Songgu hexiang ji und gehört zum chinesischen Kanon. Ich übersetze einen Fall, auf den ich auch in meinem Youtube-Kanal kurz eingegangen bin. Das besondere dieser Sammlung sind die Kommentare von drei Frauen. In meinem Clip habe ich keinen Hinweis darauf gegeben, dass diese Geschichte beispielhaft für das Abschneiden/Beenden von Karma stehen kann (wie es sogar dem Massenmörder Angulimala offenbar gelang), denn was der Frau da bei dessen Worten dämmerte, könnte genau dies bewirkt haben und zu ihrer Schmerzfreiheit geführt haben. In dieser Lesart wäre allerdings mit Leidüberwindung mal wieder körperliches Leid impliziert, und das ist, wie ich schon oft sagte, problematisch und irreführend. Wie also interpretiert Ihr dieses Kôan? Kommentare erwünscht.

***

Fall 4: Angulimala und die schwierige Geburt

Nachdem Angulimala das Haushälterleben verlassen hatte, um Mönch zu werden, ging er mit seiner Bettelschale in die Stadt. Er gelangte zum Haus eines Reichen, dessen Frau gerade in den Wehen lag. Der Reiche sagte: "Du musst doch als ein Schüler des Gautama recht weise sein. Kannst du meiner Frau nicht bei ihrer schwierigen Geburt helfen?" Angulimala erwiderte: "Ich bin erst kürzlich in den Weg eingetreten und kenne mich da nicht aus. Ich werde den Buddha fragen und wiederkommen." Also erklärte er alles dem Buddha, der ihm auftrug: "Gehe schnell zurück und sage ihm: 'In all der Zeit bin ich dem heiligen weisen Weg gefolgt und habe niemals ein Leben genommen.'" Angulimala kehrte zum Haus des Reichen zurück und sagte ihm genau dies. Als seine Frau es hörte, brachte sie das Kind zur Welt; Mutter und Kind waren wohlauf.

MIAZONG (12. Jh., erste weibliche Chan-Meisterin, Erbin von Dahui):

Bei keinem einzigen Schritt langsam,
keine einzige Minute schnell.
Der klarüugige Mönch in der Flickenrobe
- wie konnte er wissen, was zu tun war?
Zerschmetterte Knochen und zerquetschtes Fleisch können deine Schulden nicht tilgen.
Ein Wort der Einsicht ist zehn Millionen Worte der Entschuldigung wert.
 
BAOZHI (17. Jh.):

Ein von Unkraut überwucherter Baum, vollendet geschnitzte Jade.
Ein einsamer und verlassener Ort, ein Anblick von Anmut und Charme.
Der junge Kerl sucht die Quelle des nächtlichen Duftes,
sieht nichts als den Mond, der auf die Stufen scheint.

ZUKUI (17. Jh.):

Zerschmettere die Fesseln des Goldes (= Mönchsregeln),
wende die weiße Jadescheibe (= Mond).
Andere mögen sich um Gewinn und Verlust sorgen,
doch nichts kann den eigenen Geistesfrieden anrühren.

Beata Grant: Zen Echoes: Classic Koans with Verse Commentaries by Three Female Chan Masters. (Wisdom Publications 2017) 

 

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