Die Sammlung, die Beata Grant hier auf akademischem Niveau (incl. Originaltext) vorstellt, heißt Songgu hexiang ji und gehört zum chinesischen Kanon. Ich übersetze einen Fall, auf den ich auch in meinem Youtube-Kanal kurz eingegangen bin. Das besondere dieser Sammlung sind die Kommentare von drei Frauen. In meinem Clip habe ich keinen Hinweis darauf gegeben, dass diese Geschichte beispielhaft für das Abschneiden/Beenden von Karma stehen kann (wie es sogar dem Massenmörder Angulimala offenbar gelang), denn was der Frau da bei dessen Worten dämmerte, könnte genau dies bewirkt haben und zu ihrer Schmerzfreiheit geführt haben. In dieser Lesart wäre allerdings mit Leidüberwindung mal wieder körperliches Leid impliziert, und das ist, wie ich schon oft sagte, problematisch und irreführend. Wie also interpretiert Ihr dieses Kôan? Kommentare erwünscht.
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Fall 4: Angulimala und die schwierige Geburt
Nachdem Angulimala das Haushälterleben verlassen hatte, um Mönch zu werden, ging er mit seiner Bettelschale in die Stadt. Er gelangte zum Haus eines Reichen, dessen Frau gerade in den Wehen lag. Der Reiche sagte: "Du musst doch als ein Schüler des Gautama recht weise sein. Kannst du meiner Frau nicht bei ihrer schwierigen Geburt helfen?" Angulimala erwiderte: "Ich bin erst kürzlich in den Weg eingetreten und kenne mich da nicht aus. Ich werde den Buddha fragen und wiederkommen." Also erklärte er alles dem Buddha, der ihm auftrug: "Gehe schnell zurück und sage ihm: 'In all der Zeit bin ich dem heiligen weisen Weg gefolgt und habe niemals ein Leben genommen.'" Angulimala kehrte zum Haus des Reichen zurück und sagte ihm genau dies. Als seine Frau es hörte, brachte sie das Kind zur Welt; Mutter und Kind waren wohlauf.
MIAZONG (12. Jh., erste weibliche Chan-Meisterin, Erbin von Dahui):
Beata Grant: Zen Echoes: Classic Koans with Verse Commentaries by Three Female Chan Masters. (Wisdom Publications 2017)
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