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Saikontan/Caigentan: Weisheiten eines Vegetariers (II)

 

Besondere Gefallen und Gönnerschaft führen den Empfänger oft in unerwartete Übel. Gerade auf dem Gipfel seines Wohlstandes sollte jemand auf der Hut sein. Nach dem Versagen kann sich Erfolg einstellen. Darum halte an deiner Absicht fest, auch wenn sich alles gegen dich wendet.


Auf den ersten Blick wirkt das Universum in sich ruhend, und doch sind seine Elemente ständig in Bewegung. So wie Sonne und Mond nie ihren Glanz verlieren, so sollte ein wahrer Mensch selbst im Nichtstun achtsam und auf einen Notfall vorbereitet sein, andererseits bei aller Geschäftigkeit aber nicht seine kultivierten Interessen vernachlässigen.


Wenn um Mitternacht alle Geräusche verstummen, sitzen wir allein und schauen in uns hinein: All unsere Leidenschaften sind fort, wenn sich unser wahres Selbst zeigt. In diesem Augenblick erwachen wir zur Großen Wahrheit, und hernach sind wie beschämt, dass wir Sklaven unserer irdischen Begierden waren.


Ein reines Herz findet man am ehesten bei denen, die ein einfaches Leben führen. Genusssüchtige hingegen sind von Kriecherei gekennzeichnet. Vornehme Neigungen werden am besten von Menschen gepflegt, die einfach leben, denn sie sind an diejenigen verschwendet, die nur Leckerbissen lieben.


Triffst du auf einem engen Pfad einen anderen Menschen, halte an und lass ihn vorbei. Ein leckeres Essen behalte nicht für dich, sondern gib ein Drittel den anderen ab. Das ist der einzig sichere Weg, durchs Leben zu kommen.

Auch wenn du nichts Großes erreicht hast, machst du schon einen Unterschied, wenn du dich bloß vom Vulgären fernhältst. Auch wenn dein Wissen der Welt nicht viel nutzt, kannst du es zum Rang eines Weisen bringen, wenn dir irdischer Ärger fremd bleibt.


In der Freundschaft solltest du einen aufopferungsvollen Geist hegen. Als Mensch gilt es, ein reines Gewissen zu bewahren.

Übertriff andere nicht bei der Suche nach Unterstützung und Vergütung, sondern bei Akten der Tugend. Nimm nicht mehr an, als dir zusteht. Die Tugend übe aber mit all deinen Kräften.


Auf deinem Lebensweg ist es ratsam, zugunsten deines Nachbarn einen Schritt zurückzutreten. Am Ende wird dies ein Schritt vorwärts sein. Die Menschen behandle eher duldsam als streng. Versuche ihnen zu nutzen; dies ist die Wurzel deines eigenen Vorteils.

Selbst Taten, die für die ganze Welt förderlich wirken, werden von einem Wort zunichte gemacht: Stolz. Selbst ein Verbrechen, dessen Schwärze den ganzen Himmel verdunkelt, kann mit einem Wort getilgt werden: Reue.


Beanspruche einen guten Ruf und Ehre nicht nur für dich selbst, sondern teile sie mit anderen. So wirst du Schaden von dir abwenden und deine Tage sicher beschließen. Wenn du mit deinen Freunden wegen einer Missetat öffentlicher Kritik ausgesetzt wirst, trage diese Last alleine und schiebe die Verantwortung nicht auf andere. Verberge dein Verdienst vor dem öffentlichen Auge und arbeite daran, deine Tugend zu verbessern.


Wenn du bei all deinem Tun bescheiden bleibst, werden Himmel und Erde dich nicht beneiden und weder Götter noch Dämonen können dir schaden. Suche bei all deinen Unternehmungen nicht nach Fülle, denn ein solcher Ehrgeiz führt zu inneren wie äußeren Konflikten.


Der wahre Buddha existiert auch in deinem Heim, in den alltäglichen Erfahrungen. Wenn wir aufrichtigen Herzens und fröhlichen Gemüts sind, freundlich im Auftreten und in der Rede, respektvoll und zugeneigt gegenüber unseren Eltern und Geschwistern, dann wird körperliche und spirituelle Harmonie in der ganzen Familie herrschen und sogar dem tiefen Atmen und der Innenschau der Meditation überlegen sein.


Wer zu sehr in Aktivitäten verstrickt ist, der kann mit einem Blitz aus den Wolken oder mit flackerndem Kerzenlicht verglichen werden. Wer die Inaktivität zu sehr schätzt, ähnelt kalter Asche und abgestorbenen Bäumen. Beide sind zu bedauern. Ein Mensch sollte frei und natürlich sein, wie ein Fisch, der aus dem Wasser hüpft, oder wie ein Habicht, der sich in ruhende Wolken erhebt. So kann er die Einstellung des Tugendhaften verwirklichen.


Beim Tadeln eines anderen sei nicht zu streng. Bedenke, wie er die Rüge aufnimmt. Beim Anleiten eines anderen, wie er sich bessern könnte, sollten die Vorschriften nicht zu anspruchsvoll sein und sich der Auffassungsgabe des anderen anpassen.

Maden wirken oft faulig, und doch verwandeln sie sich in Zikaden, die in der Herbstbrise Tautropfen schlucken. Verwelktes Gras ist glanzlos und kann doch in einem Glühwürmchen aufgehen und in einer Sommernacht Licht spenden. Diese Tatsachen beweisen, dass Reinheit aus Beschmutzung und Licht aus Dunkelheit entstehen kann.


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