Vor vielen Jahren veröffentlichte
ich eine erbauliche und bebilderte Schrift von Menzan Zuiho (1683-1769), „Das Leben des Zen-Bettlers Tosui“ (dessen Neffe übrigens Menzans Ordinationsmeister
war). Menzan wurde freilich bekannter als Interpret der Schriften von Dogen
Zenji (1200-1253), die jahrhundertelang eine untergeordnete Rolle gespielt
hatten; so gab es bis ins 17. Jh. hinein nicht einmal Kommentare zu dessen
Hauptwerk Shobogenzo. Insofern ist Menzan für viele Ansichten zum Zen,
wie sie heutzutage vorherrschen, mitverantwortlich. Seine Rückbesinnung auf Dogens Ideen lief
unter dem Slogan fukko 復古, wie
auch die Reformen zur zeremoniellen Dharma-Übertragung durch Manzan Dohaku
(1631-1741, fortan: Dohaku), der sich auf ein Kapitel jenes Shobogenzo
berief. Dohaku hatte zunächst die Hausregeln des Eiheiji als verbindlich für
alle Tempel des Soto-Zen erklärt und hernach die Schriften von Dogen als
maßgeblich für die die gesamte Soto-Schule. Im 17. Jh. kam es deshalb zu
solchen Spannungen bezüglich der Interpretation Dogens, dass dessen Schriften
mehrere Jahrzehnte lang auf Wunsch der Soto-Obrigkeit nicht mehr publiziert
wurden. Unter solchen Bedingungen musste nun wiederum Menzan arbeiten, der
nicht nur offene Fragen in Dogens Werk mithilfe von Studien alter Wurzeltexte
zu klären suchte (was einem Trend seiner Zeit entsprach), sondern auch Dohakus
Auslegung der Klosterregeln (als auf die modernere Obaku-Schule zurückgehend)
revidierte und stets die Maßgabe der alten Schriften modernen Praktiken vorzog.
Menzan hatte zudem viele Soto-Schüler in die Obaku-Schule abwandern sehen.
Menzan,
der mit 23 Jahren Dharma-Erbe von Sonno Shueki (1649-1705) aus dem kleinen
Taishiniji in Sendai wurde – einem Lehrer, der dafür bekannt war, zum Tode
Verurteilten Dharma-Namen zu verleihen und einst einen Schüler nur deshalb fortjagte,
weil dieser einen gewöhnlichen Text auf ein Werk von Dogen Zenji gelegt hatte –,
ordinierte auch in einer Shingon-Linie und hielt sich oft in Rinzai-Tempeln auf,
was seine rege Kommentartätigkeit zu Koan erklärt. Er war sicher einer der
fleißigsten Zen-Autoren und hinterließ schon zu Lebzeiten über 50 Werke, die
sich u.a. auch ausgiebig mit den Klosterregeln beschäftigten. Wie so viele
prominente Vertreter des Soto-Zen (von Dogen bis Muho) verlor Menzan seine
Mutter schon in jungen Jahren. Nach dem Tod seines Meisters folgte er dessen
Rat, ein tausendtägiges Meditationsretreat mit dem Studium des Shobogenzo
zu verbinden. Bei seinen späteren ausgiebigen Vortragsreisen kommentierte er u.
a. das Linji Yulu, das Plattform- und das Lotus-Sutra und verfasste ein
Lob auf Dogens Meditationspraxis unter dem Titel Buddha Samadhi, das
noch heute verlegt wird und in dem sich eine nur kurze Kritik am kanna-Zen
findet, das durch die Konzentration auf eine Phrase im Koan zu einem
schlagartigen Durchbruch beim Übenden führen soll; im Gefolge zitierte die
Soto-Schule trotz Menzans insgesamt inklusiver Einstellung diese Kritik oft, um
sich vom Rinzai unnötig stark abzugrenzen. Menzans Auslegung von Dogens Sicht
auf die Gebote wurde zwar später durch Banjin Dotans (1698-1775) Standpunkt
abgelöst, der die radikale Umformungskraft der Gelübde im Moment ihres
Empfangens betonte. Dafür hielten sich lange Menzans Umdichtungen biografischer
Ereignisse im Leben Dogens, etwa dessen Zweifel an der Doktrin des immanenten
Erwachens und eines entsprechenden Dialogs mit dem Rinzai-Meister Eisai. Menzans
Darstellung der Klosterregeln wurden 1804 zum Soto-Standard. Im hohen Alter
noch kommentierte er Koansammlungen wie das Hekiganroku. Ein
vergleichbar produktiver Autor aus der Rinzai-Linie war Mujaku Dochu
(1653-1745), der Dogen seine ungrammatikalische Lesart chinesischer Texte
vorwarf.
Mit Menzan nahm der Hype um Dogen Zenji also seinen Anfang. Was vielen Dogen-Anhängern heute jedoch fehlt, ist Menzans breite Kenntnis anderer Zenschulen.
Dieser Beitrag verdankt viele Informationen David E.
Riggs Essay “The Life of Menzan Zuiho, Founder of Dogen Zen“, in: Japan Review 2004,
16.
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