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III. Die Verbindung von Kampfkunst und Lebenskunst (Takuan Soho und Suzuki Shosan)



Mit Beginn des 16. Jahrhunderts trat Japan in eine befriedete Phase, die Tokugawa-Ära, ein. Seine Kriegerkaste konnte ihre Künste nun nicht mehr wie gewohnt verwenden. Der damalige Abt des Daitokuji, Takuan Soho (1573-1645), wurde als Ratgeber solcher Samurai bekannt, die ihre Fertigkeiten infolgedessen spiritualisierten. Takuan erläuterte, wie der buddhistische (Nicht-)Geist der Erkenntnis zu vereinbaren ist mit Leben und Tod des Schwertes, genauer: wie dieser Nicht-Geist funktioniert bzw. wie höchste Konzentration mit der Flexibilität des Loslassenkönnens in Einklang gebracht werden kann. Dabei folgte er der seit Nagarjuna aus den Weisheitssutren entlehnten Auffassung, dass Weisheit (prajna) über geschickte Mittel (upaya) kreativ angewendet werden solle. Die Zen-Künste, in denen erworbene Meisterschaft mit Freiheit und Ästhetizismus einhergeht und ihren Ausdruck über die erlernte Kunst hinaus im Alltagsleben sucht, sind ein gutes Beispiel hierfür. Das Schwert selbst stand im Mahayana-Buddhismus für die Macht der Weisheit, Täuschungen abzutrennen, und findet sich so in Chan-Schriften wie dem Linji yulu. Im Biyänlu (Hekiganroku) und Wumenquan (Mumonkan) ist vom Schwert, „das Leben (Erkenntnis) gibt“ und „Leben (Täuschung) nimmt“ die Rede. In Japan fand sich seine mythische Funktion zudem in ältesten Schriften wie dem Kojiki und Nihongi. Takuan beschreibt die Schwertkunst in seiner Schrift Fudochi shinmyo roku. Die Fixierung von Gedanken oder gewöhnliche ausschnitthafte Wahrnehmung (vijnana), die laut Zen zu Illusion und Täuschung führt, wird im Schwertkampf zum Auslöser tödlicher Niederlagen. Stattdessen soll allen Details gleichermaßen „fließende“ Aufmerksamkeit geschenkt werden – was dem ursprünglichen Geist (wie im Sutra vom „Erwachen des Glaubens an den Mahayana“, Taisho 32) entspreche – und der Übende durch „Nicht-Verweilen“ (bei nur einer Sache) und Spontaneität mit allem in Harmonie gelangen. So behalten verschiedene Faktoren ihr kreatives Potential. Hält der Geist sich jedoch bei etwas auf, entstehen Unterscheidungen (vikalpa); ein so „anhaltender“ Geist bewegt sich also, während der nicht-anhaltende Geist „unbeweglich“ ist, d. h. in seiner Flexibilität unverändert.

Suzuki Shôsan (1579-1655) kämpfte auf der Seite von Tokugawa Ieyasus Truppen in der Schlacht von Sekigahara (1600) und Osaka (1614, 1615). Mit 42 Jahren wurde er 1621 Mönch und entwickelte sein „Niô Zen“ 二王禅, auch „Zen des Mutes (yûmô)勇猛禅 oder „Zen des Augenduells“ (hatashi manako) 果たし眼座禅 genannt, bei dem zunächst die Aufmerksamkeit auf eine Buddha-Statue, d. h. eine  bewaffnete Wächtergottheit (auch Fudô 不動), gerichtet wird, um dieser ähnlich zu werden („Fäuste ballen, Zähne zusammenbeißen, geradeaus wie in die Augen eines Feindes starren“), dann ein heiterer (ukabu-kokoro 浮心), widerstandsfähigertsuyoki-kokoro 強き心) und mutiger (yûmô-sin 勇猛心) Geist aufrechterhalten und schließlich das eigene ki ( oder ), eine vitale Lebensenergie, genährt wird (zu der auch shiki 死機, die Bereitschaft zum Sterben, gehört).

Die Idee des heiteren Geistes soll vom Nô-Theater, das Nähren des ki vom Shugendô oder hijiri bukkyô (Pilgerbuddhismus) beeinflusst sein, einer alten synkretistischen Religion mit magischen Elementen (weswegen das ki auch durch Berge und Flüsse, Pflanzen und Steine genährt werden kann). Für diesen heiteren oder lebhaften Geist gibt Suzuki Shôsan siebzehn Beispiele, darunter einen Geist, der die eigenen Fehler erkennt, Gerechtigkeit walten lässt, aufrichtig und gütig ist, das Prinzip von Ursache und Wirkung anerkennt, Dankbarkeit zeigt, furchtlos Leben schützt und das eigene zu riskieren bereit ist.

Beim Konzentrieren auf die Statuen geht es darum, deren ki zu erlangen, da sie eine Manifestation des Buddha-Geistes seien; die spezielle Auswahl von furchterregenden Wächtern als Gegenüber soll dabei das Ausmerzen übler Begierden erleichtern. Ansonsten war Shôsan durchaus der Ansicht, dass das Freisein von Ideen und Gedanken erst die Interaktion mit allem ermögliche.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Shôsans Praxis ein samâdhi des „unermüdlichen Fortschreitens“ (Nährens von ki) statt eines samâdhi der Meditation (dhyâna) anstrebt. Auch in der Sôtô-Tradition gab es also kreative Ansätze, um Zorn, Aggression und Kampfbereitschaft in den Zen-Weg einzubinden. 


Zu Takuan siehe Dennis Lishka:Zen and the Creative Process: The ‘Kendo-Zen’ Thought of the Rinzai Master Takuan”. Japanese Journal of Religious Studies 512-3 June-September 1978.

Zu Suzuki Shôsan siehe Michiko Katos Vortrag: “Suzuki Shôsan: Method of Buddhist Practice Based on Ki“ (Australian National University, Asia Pacific Week 2006).

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