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Kusan Sunim (1909-1983) über Träume

(Sorry, ich war mit der Kommentarsichtung hintendran, alles wurde nun freigeschaltet.)

(Quelle Foto: terebess)

Träume entstehen aufgrund des folgenden Prozesses. Dinge, die in der phänomenalen Welt durch die fünf Sinnesbewusstseine (Auge, Ohr, Nase, Zunge und Körper) erfahren werden, und geistige Objekte, die im Verstand durch das sechste Sinnesbewusstsein (das Verstandesbewusstsein) erfahren werden, werden in gut und schlecht unterschieden und durch das siebte Bewusstsein, das Regierende Bewusstsein, in Bezug auf das „Ich“ beurteilt. Das achte, das Speicher- Bewusstsein, zeichnet die Eindrücke der Dinge auf, die bis zum und durch das sechste Bewusstsein erlebt wurden, sowie die verschiedenen Arten von guten, schlechten, richtigen und falschen Urteilen, die vom siebten Bewusstsein gefällt wurden, und speichert sie. Das neunte, das Geist-König-Bewusstsein, auch das Reine-Bewusstsein genannt, hat die Kontrolle über alle Bewusstseine bis zum achten. Wenn wir in den Schlaf eintreten und die Funktion aller Bewusstseine vom ersten bis zum sechsten zum Stillstand kommt, übernimmt die Funktion dieses neunten Bewusstseins und absorbiert sie in sich selbst. 
   Dieser Prozess ist vergleichbar mit der Projektion eines Films: das siebte, achte und neunte Bewusstsein haben jeweils die Rolle der Leinwand, des Films und der reflektierenden Linse; und die Verunreinigungen (die Handlung auf der Leinwand) sind das, was sich als Träume während des Schlafes manifestiert und was die Umgebung während des Wachzustandes verzerrt.
   Außerdem beziehen sich die Träume, die am Abend erscheinen, selbst in einer Nacht auf vergangene Ereignisse, während die Träume, die am frühen Morgen erscheinen, die Zukunft vorwegnehmen. Dinge, die man nie selbst erlebt hat und die erscheinen, sind Dinge, die entweder vor dem Erwerb dieses Körpers geschehen sind oder die entweder später in diesem Leben oder nach der Auflösung dieses Körpers geschehen werden. Dies ist möglich, weil das neunte Bewusstsein, das Reine Bewusstsein, die drei Zeitperioden der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft durchdringt. Zweifelsohne sind Träume eine Funktion des Geistes.
 
*** 
 
Der Text stammt aus Kusan ("Neun Berge") Sunim: Nine Mountains (International Meditation Centre). Der Autor hält Träume für eine vom Körper getrennte Funktion, was mir seltsam erscheint. Eine Erklärung ist in seiner Biografie zu finden: Mit 25 Jahren soll Kusan erkrankt sein, als er sich um den von seinem früh verstorbenen Vater übernommen Friseurladen kümmerte. Ein vorbeikommender Mönch sagte angeblich: "Der Körper ist eine Spiegelung des Geistes. Wenn die eigene ursprüngliche Natur rein ist, wo könnte Krankheit ihre Wurzeln schlagen?" Daraufhin begab sich Kusan zu einer 100-Tage-Übung in den Tempel, kurierte sich aus und ordinierte im Alter von 28 Jahren. Mit 42 bestätigte sein Meister Hyobong Kusans Erleuchtung. Auch Kusan alias Gusan Suryeon bereiste die Welt und hatte größeren Einfluss auf die Wahrnehmung des Zen (koreanisch: Seon). Stephen Batchelor und seine Frau Martine gehörten zu seinen Adepten. Neben der Übung mit hwadu (Schlüsselwörtern) popularisierte er die "sieben Vervollkommnungen" als Übung auch für Laien, wobei jeden Wochentag eine klassische paramita (wie Geben, Meditation usf.) im Mittelpunkt steht und sonntags alle sieben praktiziert werden.

 

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