Wenn wahr ist, was Wikipedia schreibt, dann geht der Begriff "Engagierter Buddhismus" auf Thich Nhat Hanh zurueck und sollte wohl eher als "engagierter Kommunismus" verstanden werden. Einige seiner Vertreter haben sich auf Gebieten betaetigt, die schon Jesus im Neuen Testament empfahl ("Was ihr einem von diesem angetan habt, das habt ihr mir angetan") und sich Kranken und Gefangenen zugewandt. Kuerzlich stiess ich auf ein Buechlein des Zen-Priesters Kobutsu Malone, der mehrere zum Tode Verurteilte bis zu ihrer Hinrichtung betreute (und ein scharfer Kritiker der Todesstrafe ist). Kobutsu zaehlte schon Choegyam Trungpa und Eido Shimano zu seinen Lehrern und ist ein Paradebeispiel fuer ein Zen, das sich auch auesserlich krampfhaft vom "gewoehnlichen Menschen" zu unterscheiden sucht. Dazu zaehlt sein Tragen eines goldenen Rakusu (offenbar ein Geschenk von Shodo Harada Roshi) ebenso wie seine Auffassungen zur Seelsorge im Knast. Er benennt "Buddhist Prisoner's Requirements" (Vorbedingungen fuer buddhistische Gefangene) und fuehrt ein ganzes Sammelsurium von Ritualen an, vom Weihrauchverbrennen ueber das Chanten bis hin zum Ehren der Mala und buddhistischer Feiertage. In einem Artikel zur Death Row bedauert er sogar, dass es einem Hingerichteten versagt war, dabei die Robe zu tragen, und dass sein Rakusu bedeckt wurde.
Aehnlich effektvoll muss es bei Bernie Glassmann und Konsorten zugehen, wenn sie in Konzentrationslagern meditieren. Das ist werbewirksam und ein politisches Statement. Die Frage ist nur, ob diese Adaption als "Buddhismus im Westen" in ihrem Kern, nur weil sie die Meditation pflegt, etwas mit der Zen-Tradition zu tun hat und ueberhaupt fuer sich in Anspruch nehmen kann, etwas Originales "angepasst" zu haben. Hierzu findet man in der chinesischen wie japanischen Tradition Gegenbeispiele. Einflussreiche Lehrer wie Muso Soseki oder Kloester wie das der Shaolin haben wiederholt mit den Machthabern kollaboriert, statt sie zu kritisieren. Ueber die Zusammenarbeit von Zen-Aebten mit dem faschistischen Regime Japans waehrend des 2. Weltkrieges (und vergleichbaren Faellen in der gesamten Religionsgeschichte) wurde viel geschrieben. Ist das, was uns gewissermassen als Gegenteil erscheint, wie etwa ein naiver Brief Thich Nhat Hanhs an den US-Praesidenten Bush, wirklich ein Fortschritt?
Wenn uns die alten Meister in ihren Schriften begegnen, dann lehren sie uns, so unauffaellig und unpraetentioes zu leben wie vielleicht Kyudo Nakagawa [Link funktioniert nicht mehr, Januar 2019]. Sie lehren uns vor allem, bei aller Unterscheidungskraft in ethischer Hinsicht unsere Zenuebung, d.h. unser Leben, nicht darauf zu gruenden, uns selbst von anderen zwanghaft abzuheben. Das gilt auesserlich wie auch in unserem alltaeglichen Handeln. Der Normalbuerger ist nicht in der Lage, den ganzen Tag in Meditationshaltung zu verbringen, und wer nicht begreift, dass "auf den Marktplatz" zurueckzukehren nicht bedeutet, viel Rummel ums Sitzen zu machen, der sollte sich am Beispiel Joshu Sasakis, der gerade entthront wurde, noch einmal genau vor Augen fuehren, dass die Faehigkeit zu stundenlangem Sitzen und eine exzessive Meditation in der biografischen Vergangenheit nichts ueber die moralischen Faehigkeiten eines Menschen aussagen (in diesem Falle bis auf die Selbsterkennntis). Sogar Joshu Sasaki meditierte einst, wenn auch eher unfreiwillig, in einem Knast [Link funktioniert nicht mehr, Januar 2019]. Ikkyu hingegen legte Wert darauf, gar nicht erst mit einem Gutmenschen verwechselt zu werden.
Ist es mit einem leben "unauffällig und unprätentiös" zu vereinbaren, ständig unad ausführlich blogs zu veröffentlichen?
AntwortenLöschenKlar, wenn die Blogs unauffaellig und unpraetentioes sind. Was andere in ihren Gedanken daraus machen, ist wiederum deren Sache ...
AntwortenLöschenBin voll und ganz einverstanden. Die ganze Angeberei der engagierten Buddhisten geht einem schon auf den Geist.
AntwortenLöschenUm Melone aber mal ein bischen in Schutz zu nehmen: Er war ja selber im Knast und seine dort gemachten Erfahrungen haben wohl sein Wirken im Zen geprägt. //
Ich finde die Zusammenarbeit der Shumucho mit den Nationalisten in Japan in den 30er und 40er Jahren etwas Anderers als TNHs Brief an Bush: Beim einen handelt es sich um eine Verwaltungsorganisation, die aus Angst verboten zu werden (da Buddhismus als "unjapanisch" angesehen wurde), nichts unterlässt sich bei den Mächtigen einzuschleimmen (altes Problem der Institutionen). TNH befindet sich, im Gegensatz zur damaligen Shumucho, nicht in akuter "Lebensgefahr". Er wollte wohl einfach nur mal wieder gut da stehen. Wünsche ihm den Friedensnobelpreis. // Jonas